Manchester City:Gündoğan genießt die Rundumversorgung

Manchester City FC vs FC Barcelona

Zwei Tore gegen West Bromwich, zwei gegen Barcelona: İlkay Gündoğan entwickelt bei Manchester City neue Qualitäten.

(Foto: Peter Powell/dpa)

Pep Guardiola hat in Manchester als Allererstes İlkay Gündoğan geholt - mit ihm geht nun auch sein neues Konzept auf.

Von Sven Haist, Manchester

Im Trainingsanzug von Manchester City und mit einem energiehaltigen Milchgetränk in der Hand beantwortete İlkay Gündoğan geduldig die Fragen zu seinen beiden Toren. Nur ließ sich aus seinen Worten allein nicht entnehmen, was das für eine Auswirkung auf seinen Stellenwert im Klub hat. Die dazu relevanten Szenen fanden in seinem Rücken statt.

Nacheinander mussten die Mitspieler Gündoğan in der Interviewzone passieren, um aus dem Stadion zu gelangen. Sie hätten vorbei laufen können, Platz wäre genug gewesen - aber sie hielten an: für ein paar anerkennende Gesten. Nach dem 3:1 gegen den FC Barcelona wird Gündoğan in Citys hippem Ruhm-und-Glanz-Aufgebot fortan nicht mehr bloß geduldet, sondern geschätzt. Die englischen Zeitungen widmeten ihm einen Tag nach dem Spiel die Aufmacher im Sportteil. Die Sun verpasste Gündoğan in Anlehnung an seinen Nachnamen den Spitznamen Gun ("Waffe"). Selbst das Freistoßtor von Kevin De Bruyne rutschte ein paar Seiten nach hinten.

Die beiden ehemaligen Bundesliga-Profis waren es letztlich, die ManCity im Europapokal den schönsten Abend beschert haben, seit Scheich Mansour und seine Kollegen aus Abu Dhabi im Sommer 2008 in Manchester einzogen. Eine stolze Vergangenheit fehlt City bekanntlich in den internationalen Wettbewerben. Zeitweise waren die Himmelblauen 24 Jahre hintereinander nicht in Europa unterwegs.

Nach Abpfiff versammelte sich der Trainer- und Betreuerstab deshalb am Spielertunnel, um jeden einzelnen Profi hochleben zu lassen. Der erste Erfolg über das fußballerische Vorbild hinterließ zarte Konturen, wohin die Transformation des Klubs durch Wegweiser Pep Guardiola führen könnte. Der unstrukturierte, auf individueller Qualität basierende Fußball der zurück liegenden Spielzeiten weicht langsam dem Plan Guardiolas, permanent Überzahlsituationen auf dem Feld herzustellen. Das Spiel gegen Barcelona zeigte aber auch, worin das Original trotz der Niederlage weiterhin besser ist als die Kopie: ManCity hatte 34,7 Prozent Ballbesitz. Nie besaß ein Team unter Anleitung von Guardiola bei einem Pflichtspiel seltener den Ball.

"Ich hatte erwartet, dass es in einem solchen Weltverein härter zugeht"

Trotzdem: Im Zentrum stand die neue Begeisterung um Gündoğan. Gegen West Bromwich am Samstag traf er zwei Mal, gegen Barcelona ebenfalls. "Das ist echt der Wahnsinn. Momentan stehe ich einfach immer richtig, obwohl ich nie der große Torjäger war." Seinen einzigen Treffer in der Champions League hatte der deutsche Nationalspieler bis dahin vom Elfmeterpunkt erzielt - die Dortmunder Champions-League-Finalniederlage 2013 in London gegen den FC Bayern konnte er damit aber auch nicht verhindern.

Guardiola hat Gündoğan jüngst weiter nach vorne geschoben, im zentralen Mittelfeld kümmert sich nun vorrangig der Brasilianer Fernandinho um die Absicherung. Das gibt Gündoğan Freiheiten: Beim 1:1-Ausgleich verwertete er einen Steilpass von Raheem Sterling. Tor drei gelang, nachdem Gündoğan einen Gegenstoß initiierte und diesem selbst hinterherjagte.

Die Verpflichtung des ehemaligen Dortmunders für 25 Millionen Euro im Sommer war die erste offizielle Amtshandlung Guardiolas bei seinem neuen Arbeitgeber. In seiner Zeit als Bayern-Trainer hatte der Katalane Gündoğan als Gegner kennengelernt; selbst jene Knieverletzung, die Gündoğan die EM-Teilnahme kostete, führte nicht zu einem Verzicht auf den Transfer. Nun freut sich der Deutsche, in einen Klub mit Rundum-Versorgung gelandet zu sein: "Ich hatte erwartet, dass es in einem solchen Weltverein härter zugeht und man privat nicht viel miteinander zu tun hat", sagt Gündogan: "Stattdessen haben sich alle unheimlich um mich gekümmert. Selbst wenn ich Toilettenpapier bräuchte, würde mir jemand vom Verein helfen."

Citys Marketingabteilung hatte in weiser Voraussicht auf die Leistung Gündoğans das Stadionheft mit seinem Porträt beworben. In drei Wochen bekommt ihn Borussia Mönchengladbach zu Gesicht. Manchester City reicht dort bereits ein Remis fürs Achtelfinale.

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