Mainz 05:Türsteher packt zu

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Nullfünf-Trainer Sandro Schwarz erklärt Zentners Auftritt gegen Frankfurt zu einem "Top-Debüt": "Robin hat Ruhe und Sicherheit ausgestrahlt, das war sehr gut." (Foto: Kai Pfaffenbach/Reuters)

Der junge Mainzer Ersatztorwart Robin Zentner empfiehlt sich für die nächsten drei Monate, in denen René Adler ausfällt.

Von Tobias Schächter, Mainz

Als die Radio-Reporter mit den Mikrofonen, die Kollegen mit den Kameras und schließlich auch die Journalisten mit den Schreibblöcken keine Fragen mehr hatten, da wendete sich Robin Zentner fast schon flehentlich an eine Mitarbeiterin der Medienabteilung: "War's das jetzt?" Und nachdem diese mit "Ja" geantwortet hatte, sagte der junge Torwart von Mainz 05 erleichtert und sehr höflich: "Danke."

Robin Zentner hatte seinen ersten großen Auftritt bravourös gemeistert, nicht nur den hinterher, als alle wissen wollten, wie sich denn so ein Debüt in der Bundesliga anfühle. Besonders sei das schon gewesen, gab Zentner zu: Das erste Bundesligaspiel, ein Derby, ein Flutlichtspiel vor fast ausverkauften Rängen. Dazu: im Fokus der Medien, weil die Nummer eins, der ehemalige Nationaltorwart Rene Adler, zum ersten Mal verletzt fehlte - für manche wäre diese Aufgabe vielleicht zu groß gewesen.

Aber der 22 Jahre junge Torwart Zentner war der große Gewinner nach einem zähen, von den taktischen Schachzügen der Trainer geprägten 1:1 am Freitagabend im Rhein-Main-Derby zwischen Mainz 05 und Eintracht Frankfurt. Nullfünf-Trainer Sandro Schwarz erklärte Zentners Auftritt zu einem "Top-Debüt": "Robin hat Ruhe und Sicherheit ausgestrahlt, das war sehr gut."

Beim Frankfurter Treffer war er machtlos

Viel zu tun hatte der 1,94 Meter große Schlussmann nicht in einem von starker Abwehrarbeit und Torchancenarmut auf beiden Seiten geprägten Kampfspiel. Beim Mainzer Gegentor profitierte die Eintracht von einem Fehler des FSV-Verteidigers Daniel Brosinski, der sich den Ball auf der Torauslinie naiv von Marius Wolf klauen ließ. Dessen Hereingabe grätschte der Mainzer Kapitän Stefan Bell dann vor dem schussbereiten Ante Rebic unglücklich ins eigene Tor (37.). Torwart Zentner war da machtlos, ansonsten parierte er einen Schuss von Rebic (48.) und fing mit seiner Türsteherfigur zupackend ein paar Flanken. "Ich hatte jetzt nicht so die Möglichkeit, groß Fehler zu machen", stellte Zentner verschmitzt klar: "Deswegen mache ich jetzt auch keine Luftsprünge: Das war solide."

Zentner nutzt gerade die Gunst des Moments, der bei Ersatztorhütern ja oft nur kommt, wenn sich die erste Wahl verletzt oder eine epische Pannenserie hinlegt. Gestartet war Zentner in die Saison eigentlich als Nummer drei in der Mainzer Torhüterhierarchie. Adler kam als Platzhirsch vom Hamburger SV und übernahm auf und neben dem Platz auch gleich eine Führungsrolle in Mainz, nachdem Jonas Lössl nie ganz in Mainz überzeugen konnte und im Sommer zu Huddersfield nach England wechselte. Nach Adler stand auch noch Jannik Huth vor Zentner, er hatte in der Schlussphase der vergangenen Saison einige gute Spiele hingelegt. Doch dann hatte sich Huth verletzt, ist erst seit Kurzem wieder fit und sammelte zuletzt Spielpraxis in der U23. Dazu haben die Mainzer noch den Torwart der Deutschen U20-Nationalmannschaft, Florian Müller, in ihrem Talente-Reservoir.

"Es gab keinen Zweifel, ihm das zuzutrauen", sagt Trainer Schwarz

Als nun vergangenen Dienstag Adler im Pokalspiel gegen Holstein Kiel (3:2 nach Verlängerung) kurz vor der Pause verletzt vom Platz humpelte, überzeugte Zentner beim Kaltstart und wird laut Trainer Schwarz zunächst weiter die Nummer eins bleiben. Rene Adler wird ja mindestens drei Monate ausfallen, am Freitag war er operiert worden, eine Muskel-und Sehnenverletzung zwingt den 32-Jährigen zu dieser langen Pause. Für die Nullfünfer ein großer Verlust, der Nachfolger des prominentesten Mainzers wird deshalb weiter unter verstärkter Beobachtung stehen. Aber Robin Zentner wirkt nicht wie jemand, der sich so leicht aus der Ruhe bringen lässt.

Er sei schon nervös gewesen im Vorfeld, gab er zu, aber je näher der Anpfiff rückte, desto ruhiger sei er geworden. Zuletzt war der Junge aus dem nahen Rüdesheim, der seit 2006 für die Mainzer kickt, zwei Jahre an Holstein Kiel ausgeliehen. Der Konkurrenzkampf sei kein Thema gewesen zwischen ihm und Huth, erzählte Zentner. Huth habe ihm Glück gewünscht. Trainer Schwarz hat Vertrauen in den ausgeglichenen und reaktionsschnellen Keeper mit der souveränen Ausstrahlung. "Wir haben schon in der Vorbereitung gesehen, was Robin auf dem Schläger hat, deswegen gab es überhaupt keine Zweifel, ihm das zuzutrauen", sagt Schwarz. Auch nächste Woche in Mönchengladbach wird Zentner also das Mainzer Tor hüten.

© SZ vom 29.10.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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