Durch diesen Hinterausgang hat Christian Heidel noch nie den Raum im Bauch der Mainzer Arena nach einer Pressekonferenz verlassen. Wortlos. Normalerweise geht er durch die Vordertür und spricht nach Heimspielen mit den Journalisten. An diesem Freitagabend war alles anders in Mainz. Nicht weil Mainz 05 gegen Borussia Dortmund 0:2 verloren hatte. Heidel wollte nichts mehr sagen, nicht mehr über sich und seine Zukunft reden. Heidel will vor allem nicht: lügen.
Seit Mitte vergangener Woche kursiert das Gerücht, Heidel - in Mainz mit einem Vertrag bis 2017 ausgestattet - werde ab Sommer in Schalke den dortigen Manager Horst Heldt ablösen, dessen Vertrag ausläuft. Heidel hat dieses Gerücht bei einem bemerkenswerten Auftritt auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Dortmund am Donnerstag nicht dementiert und auch nicht explizit gesagt, er werde seinen Vertrag erfüllen. Heidel sagte, er respektiere seinen Vertrag in Mainz und werde jenen Klub nie im Streit verlassen, der seit 23 Jahren sein Lebenswerk ist.
Lange gab es Spekulationen, jetzt ist es fix: Christian Heidel wechselt zu Schalke 04.
(Foto: Matthias Hangst/Getty Images)Es reizt die Aussicht auf Champions League
Noch bemerkenswerter aber war, dass der Mainzer Präsident Harald Strutz kurz nach der offiziellen Pressekonferenz einem SWR-Reporter erklärte, Heidel liege ein Angebot vor, ob es von Schalke sei, wolle er indes nicht bestätigen. Dieses seltsame Verhalten von Strutz, das nicht mit seinen Präsidiumsmitgliedern abgestimmt war, sorgte im Verein für Verstimmung. Am Montag ist Vorstandssitzung beim FSV, es wird keine Kuschelrunde werden. Strutz' Aussagen seien "nicht im Drehbuch gestanden", sagt einer, der über die Vorgänge informiert ist. Strutz wollte sich am Freitag nicht mehr zur Personalie Heidel äußern. Wer der Bild-Zeitung das Heidel-Gerücht durchgesteckt hat, soll auch ein Thema sein am Montag. Ob es aus Schalker oder Mainzer Kreisen lanciert wurde, bleibt ebenfalls eine interessante Frage.
Mainz 05 ohne Christian Heidel ist für viele in Mainz nicht denkbar. Aber der gebürtige Mainzer grübelt tatsächlich. Am Freitag erklärte er, nur dann einen Wechsel zu erwägen, wenn ihn eine Aufgabe packe. Das scheint im Fall Schalke so zu sein. Der Klub mit seinem gigantischen Fan-Potenzial und seiner aufregenden Geschichte reizt den Fußball-Romantiker Heidel ebenso wie die Aussicht auf Champions-League-Fußball.
Er fühlt sich in Mainz offenbar ein bisschen alleine gelassen
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Heidel hat Mainz 05 durch eine kluge Personalpolitik zu einem etablierten Bundesligisten entwickelt, diese Saison wird der Verein erstmals einen Umsatz von 100 Millionen Euro erwirtschaften. Alleine diesen Sommer generierte der Klub Transfereinnahmen von rund 30 Millionen Euro, und ein Vertrag mit einem Schweizer Rechtevermarkter garantiert Nullfünf in den nächsten zehn Jahren eine Summe im niederen dreistelligen Millionenbereich. Für all das wurde Heidel im Sommer in der Branche und von den Medien gefeiert. Das Angebot aus Schalke gibt es schon länger. Entschieden, so heißt es, sei aber noch nichts, kein Vertrag sei unterschrieben.
Heidel weiß aber, dass es Grenzen gibt für Mainz 05, Erfolge auf dem Transfermarkt keine Selbstverständlichkeit sind und die Zukunft des Vereins auf viele Beine gestellt werden muss. Er fühlt sich auf diesem Weg offenbar ein bisschen alleine gelassen. "Wir sind ihm alle ein bisschen zu bequem geworden", sagt einer im Verein. Heidel hat bis zur Insolvenz seines Autohauses 2005 ehrenamtlich gearbeitet. Der Zeitpunkt für einen Wechsel wäre aus seiner Sicht optimal: Er hinterlässt einen wirtschaftlich starken Verein und ist noch jung genug, um sich woanders neu zu beweisen. Er würde ganz nebenbei mehr Geld verdienen.