Luiz Adriano bei Schachtjor Donezk:Brasilianer als Bayern-Schreck

Lesezeit: 2 min

Mit neun Toren führt Luiz Adriano (re.) die Torschützenliste der Champions League an. (Foto: REUTERS)
  • Schachtjor Donezk büßt seinen führenden Status im ukrainischen Fußball ein. Erstmals seit 2009 wird es dem Verein wohl misslingen, die nationale Meisterschaft zu holen.
  • Umso mehr setzen die Ukrainer auf einen Erfolg in der Champions League - und auf ihren Torjäger Luiz Adriano.
  • Hier geht es zu den Ergebnissen der Champions-League.

Von Johannes Aumüller

Der eine Rückschlag ereignete sich auf dem grünen Rasen, der andere in den grauen Räumlichkeiten der nationalen Verbandszentrale. Aber aus Sicht der Verantwortlichen von Schachtjor Donezk hat das Sportliche mit dem Sportpolitischen eine Menge zu tun. Über viele Jahre hat der Klub aus dem Osten der Ukraine dank der Drähte und des Geldes seines Vereinspatrons Rinat Achmetow den Fußball des Landes kontrolliert, er hat Titel um Titel gewonnen und an maßgeblichen Stellen in der Föderation ihm gewogenes Personal installiert.

Doch spätestens seit dem ersten März-Wochenende 2015 ist die Stellung von Schachtjor, das am Mittwoch beim FC Bayern um den Einzug ins Viertelfinale der Champions League kämpft, im ukrainischen Fußball eine andere.

Die nationale Meisterschaft scheint verloren

Da war zum einen gerade das 2:2 gegen Metallist Charkow. Schachtjors kroatischer Kapitän Dario Srna und der brasilianische Torjäger Luiz Adriano trafen, aber ein Gegentor in der Schlussminute kostete den Sieg. Der Abstand auf Tabellenführer Dynamo Kiew wuchs damit auf sieben Punkte an, erstmals seit 2009 wird es dem Verein wohl misslingen, die nationale Meisterschaft zu holen. Und da war zum anderen - und das war wohl noch bedeutender - die Wahl zum Präsidenten des nationalen Fußballverbands (FFU).

Mit großer Mehrheit kürten die Delegierten Andrej Pawelko, 39, zum neuen Chef. Der ist alles andere als ein Vertreter der ostukrainischen Achmetow-Clique, sondern ein Mann aus der Mitte der neuen politischen Machthaber. Vor ein paar Jahren hat er in Dnjepropetrowsk mal vergeblich ums Bürgermeisteramt kandidiert. Danach war er erst in der Batkiwschtschyna-Partei von Julia Timoschenko, und zuletzt zog er für den Block des neuen Staatspräsidenten Petro Poroschenko ins nationale Parlament ein.

Natürlich haben sie sich bei Schachtjor mächtig aufgeregt über diese Entwicklung, der Generaldirektor Sergej Palkin hat die Wahlen als "Fake" bezeichnet und zur großen Verschwörungstheorie ausgeholt: "Viele Leute haben den Wunsch, dass wir nicht mehr Meister werden." Andere im Klub sprechen davon, dass "die alte Brigade" aus Kiew und Dnjepropetrowsk jetzt wieder zurück sei an den entscheidenden Hebeln des ukrainischen Fußballs.

Die Donezker reagieren aber auch deswegen so gereizt, weil ihre Lage ohnehin schon diffizil ist. Seit Sommer kann Schachtjor wegen des Kriegs in der Ostukraine seine Heimspiele nicht mehr zu Hause in Donezk austragen, sondern muss weit in den ungeliebten Westen des Landes nach Lwiw (Lemberg) ausweichen. Ob der Klub jemals wieder in seine Heimatstadt zurückkehren kann, ist ungewiss. Über das künftige finanzielle Engagement Achmetows gibt es noch keine Gewissheit, der erfolgreiche rumänische Trainer Mircea Lucescu plant ebenso seinen Abschied wie ein paar der wichtigsten Spieler.

Umso mehr hoffen die Donezker, dass sie wenigstens in der Champions League noch mal einen schönen Abend verbringen können. Natürlich sind sie clever genug, um sich vor dem Rückspiel bei den Münchnern die Rolle des Außenseiters zuzuschreiben. Aber Lucescu und sein Stab haben auch registriert, dass die Bayern in Probleme geraten können, wenn sie sich einem schnellen Umschaltspiel ausgesetzt sehen. Und dafür haben die Ukrainer genau die richtigen Spieler, vor allem den Brasilianer Luiz Adriano, 27.

Über Jahre war dessen prägendste Aktion auf Europas Bühne eine Unsportlichkeit, die er sich 2012 beim FC Nordsjaelland leistete: Nach einem Schiedsrichterball nahm er einfach den Ball an sich und schoss ihn ins Tor. Inzwischen kennt ihn die Szene vor allem für die vielen Treffer, die er ohne vorangegangene Schiedsrichterbälle erzielt hat. Allein neun waren es in der aktuellen Champions-League-Saison, womit er vor Lionel Messi die Schützenliste anführt.

Im November debütierte er für Brasiliens Nationalelf. "Wir sind ein Teil der Seleção", jubelte damals das Schachtjor-Lager. Doch lange gilt das wohl nicht mehr. Auch Adrianos Abschied zum Saisonende deutet sich an, der AS Rom steht hoch im Kurs.

© SZ vom 11.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: