Lügen-Streit Babbel gegen Preetz:Wenn sich Fußballer nicht verstehen

Angeblich konnten sich früher gestandene Mitglieder des Fußballgeschäfts aussprechen und dann die Hand geben. Die Zeiten sind vorbei! Es mehren sich Fälle von absurden Kommunikations-Fehlern. Was ist da nur los?

Thomas Hummel

Nun kam also das Zeichen der reichenden Hand. Eine Versöhnung bahnt sich an. Endlich soll der öffentliche Zwist über die Frage, was gesagt wurde und wie und warum zwei erwachsene Männer das Gesagte so völlig unterschiedlich interpretierten, geklärt werden. Ein Gespräch unter Männern, unter Fußballern zumal.

MSV Duisburg v Hertha BSC Berlin - 2. Bundesliga

Zerstritten bis in alle Ewigkeit? Berlins Manager Michael Preetz und sein Ex-Trainer Markus Babbel.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Joachim Löw ließ am Sonntag verlautbaren, dass er sich mit Michael Ballack treffen und "die Dinge bereinigen" wolle. Grund für den Reinigungswunsch ist ein Gespräch: Nach Erinnerung des Bundestrainers teilte er seinem Kapitän damals mit, nicht mehr mit ihm zu planen. Nach Erinnerung des Kapitäns hat ihm der Bundestrainer damals mitgeteilt, noch auf ihn zu bauen.

Was ist nur los im Fußballgeschäft? Neuerdings mehren sich die Fälle, dass sich gestandene Männer mit hoffentlich gewaschenen Ohren begegnen, und am Ende völlig verschiedene Wirklichkeiten dabei herauskommen. Da war der Streit Löw gegen Ballack, Hamburg erinnert sich schaudernd an die Episode mit Ernst-Otto Rieckhoff und Matthias Sammer. Der Aufsichtsratschef meldete freudig die baldige Verpflichtung des DFB-Sportdirektors, woraufhin dieser brüsk absagte, weil das so nie vereinbart gewesen wäre.

Nun also der Höhepunkt des Fußballer-Sprachwirrwarrs in Berlin: Markus Babbel gegen Michael Preetz. Der Trainer sagt, er habe seinem Manager im November seinen Plan eröffnet, am Saisonende in Berlin aufhören zu wollen. Der Manager antwortet, dieses Gespräch habe es nie gegeben. Beide bezichtigen sich indirekt als Lügner, Hertha BSC entließ den Trainer Babbel. Zumindest das war am Ende unmissverständlich.

Zur Erinnerung und auch zur Belustigung die schönsten Zitate des Wochenendes: "Da hat er vielleicht nicht richtig zugehört", sagte Babbel, als er vernahm, Preetz wolle seine Abschiedsankündigung nie gehört haben. Dieser widersprach: "Wenn es um so zentrale Sachen geht, sind meine Ohren auf Empfang geschaltet." Präsident Werner Gegenbauer schaltete sich ein und warf sich auf die Seite von Preetz: "Jetzt sollte man nicht mit Baron-Münchhausen-Geschichten kommen."

Kommunikation kann schwierig sein. Schon mittelkleine Firmen geben viel Geld dafür aus, ihre Mittarbeiter auf Seminare zu schicken, um genau das zu lernen. Auch junge Fußball-Profis bekommen heutzutage eine Schulung, wie man mit Medien reden muss. Warum aber verstehen sich die Menschen innerhalb des Fußballs nicht mehr?

Varianten des Sprach-Desasters

Man muss voraussetzen, dass weder Babbel noch Preetz hinterhältige Schwindler sind, was Begleiter und Beobachter der beiden deutlich bestätigten. Dann kann es also nur zu einem Missverständnis gekommen sein. Aber wie?

Angenommen, das Fußballgeschäft neigt ob seiner medialen Durchleuchtung zu einer zunehmenden Paranoia, was glasklare Aussagen betrifft. In Berlin sollen die Wände besonders dünn sein, die Drähte zu den Journalistenbüros besonders heiß, und niemand wollte offensichtlich die Nachricht von Babbels Demission eine halbe Stunde später auf diversen Online-Portalen lesen.

Möglichkeit eins wäre demnach: Babbel wollte sich die Möglichkeit zum Dementi offenlassen ("Das habe ich so nie gesagt") und flüsterte zu Preetz: "Also, ich täte dann gerne eventuell im kommenden Sommer umziehen in eine Stadt, in der meine Liebsten wohnen und täte mich dann möglichweise nicht mehr auf den Platz neben Ihnen auf der Bank (räusper, augenzwinker) setzen." Preetz verstand irgendwas von Sommer in der Stadt und Platz auf der Parkbank und fragte nicht weiter nach, in der Meinung, die Freizeitgestaltung seines Mitarbeiters gehe ihn nichts an.

Möglichkeit zwei: Babbel sprach unmissverständlich und aus voller Brust: Ich höre nach dieser Saison auf! Preetz erschrak ob dieser Lautstärke und Klarheit, sodass er sogleich die Fenster schloss. Schon zehn Minuten später erklärte er auf die Nachfrage der Sekretärin, ob das denn stimme: "Nein, nein, das haben Sie falsch verstanden." Preetz dementierte in den folgenden Tagen das Gerücht so oft, bis er es selbst glaubte und das Gespräch aus seinem Gedächtnis strich.

Inwiefern es demnach eine gute Idee von Bundestrainer Löw ist, noch einmal ohne Zeugen und Rechtsbeistand mit Michael Ballack zu sprechen, muss sich dieser im Lichte der neuen Ereignisse selbst überlegen.

Denn die Fußballwelt hat viel von ihrer früheren Erdung verloren. Und so mutet es fast putzig an, wenn Franz Beckenbauer zur Berliner Geschichte sagt: "Wenn es zur Trennung kommt, dann sollte man Manns genug sein und sagen: 'Shake hands', pass auf, wir gehen auseinander." So einfach war das mal.

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