Bundesliga:Favre wird neuer Trainer bei Borussia Dortmund

  • Der BVB hat mit Lucien Favre einen neuen Trainer, der ganz anders ist als seine Vorgänger.
  • Der Schweizer folgt auf Peter Stöger - er gilt als eigenwilliger Taktiker, der auch Talente entwickeln kann.

Vor einem Jahr platzte der Plan A, Borussia Dortmund griff zum Plan B wie Bosz. Mit zwölf Monaten Verspätung kommt nun doch der damalige Wunschkandidat: Lucien Favre wird beim BVB im zweiten Anlauf der Mann für einen Umbruch in turbulenten Zeiten. Der Schweizer folgt am 1. Juli auf Peter Stöger, weil OGC Nizza dieses Mal bereitwillig die Freigabe erteilte - und als Ablöse rund drei Millionen Euro erhalten soll.

"Borussia Dortmund zu trainieren, ist eine reizvolle Aufgabe, die ich sehr gerne übernehme", sagte der 60-jährige in einem Vereinsstatement, "der BVB zählt zu den interessantesten Klubs in ganz Europa, dazu freue ich mich auf die Rückkehr in die Bundesliga, die ich bestens kenne und auch in den zwei Jahren in Nizza immer im Blick behalten habe." Der erfahrene Fußballlehrer wird Anfang Juli vorgestellt, anschließend steigt er mit seinem neuen Team in die Vorbereitung auf die Saison 2018/2019 ein. Der BVB ist froh, einen renommierten Coach gefunden zu haben.

Die Verpflichtung von Favre "ist ein wichtiger Teil unseres sportlichen Neustarts in diesem Sommer", sagte Sportdirektor Michael Zorc. Der Schweizer "genießt bei uns hohe Wertschätzung für seine fachlichen Qualitäten", die er in der Bundesliga bei Hertha BSC und in Mönchengladbach - genau wie zuletzt in Nizza - auch schon mehrfach eindrucksvoll unter Beweis gestellt habe, so der Ex-Nationalspieler. Favre gilt allerorten als Perfektionist. Taktikbesessen sei er, sagen viele, in der Tat brütet er über den Spielsystemen. Er bevorzugt meistens ein 4-3-3, seine Teams spielen taktisch stabil, flott und ansehnlich.

"Die meisten Tore fallen nach ein, zwei oder drei Ballkontakten", sagt Favre. Also: Pressing, Kurzpassspiel, gute Konter, hervorragendes Umschalten. Gemäß seinem Credo: "Die Entwicklung einer Mannschaft ist nie vollendet." Ein Bessermacher: Das hörten die Verantwortlichen des BVB gern. Allerdings hat diese Akribie eine Schattenseite. Favre kann arg zögerlich sein, besonders, wenn es um Transfers geht, bei Hertha BSC (2007 bis 2009) und Borussia Mönchengladbach (2011-15) war er auch nicht übertrieben kritikfähig zu erleben. In Gladbach bot er an zu gehen, als es abwärts ging - später trat er via Medien zurück. Doch seine Qualität ist bei ehemaligen Weggefährten unbestritten.

"Favre mag abseits des Trainingsplatzes mitunter schwierig gewesen sein", sagte der frühere Hertha-Manager Dieter Hoeneß der Welt, "aber auf dem Platz gehört er zu den Besten, dort spielt er für mich in einer Liga mit Pep Guardiola." Der BVB könne sich auf einen Trainer gefasst machen, der extrem anstrengend sein kann: "Er tat sich damals schwer damit, Entscheidungen in der Kaderplanung zu treffen. Darauf musst du dich als Verantwortlicher einstellen, das kostet Kraft." Dabei ist die Kaderplanung beim BVB eine, womöglich gar die brachliegende Baustelle.

Der Verein hat sich mit Talent geradezu vollgepumpt, dies muss zur Entfaltung gebracht werden. Noch wichtiger könnte allerdings werden, verdienten Spielern die Tür zu weisen. Die Zukunft von Marcel Schmelzer, Nuri Sahin und Shinji Kagawa ist offen, zu den Wackelkandidaten sind André Schürrle, Jeremy Toljan, Andrej Jarmolenko und Gonzalo Castro zu zählen. Kann Michy Batshuayi nicht gehalten werden, steht im Aufgebot für die kommende Saison vorerst kein gestandener Stürmer.

Die Basis immerhin ist mit dem erneuten Champions-League-Einzug gelegt. Stögers Wert wird voraussichtlich erst später zu erkennen sein: Als Nothelfer eingesprungen, schaffte er es mit einer tief verunsicherten Mannschaft auf letzter Rille in die Königsklasse. Lucien Favre soll nun den Umbruch vollziehen. Als klarer Plan A. Mit zwölf Monaten Verspätung.

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