Löw schont Spieler:Kräftiges Kontra

Das seltsam platzierte Testländerspiel in Duisburg belastet die deutsch-dänischen Fußballbeziehungen.

Philipp Selldorf

Von Morten Olsen hält Hans-Dieter Flick eine ganze Menge, seit er ihn am Ende seiner Spielerkarriere vor 13 Jahren als Trainer beim 1.FC Köln kennenlernte. Schon damals hat Flick die Lektionen seines dänischen Vorgesetzten zwecks persönlicher Weiterverwendung archiviert, und von den Inhalten der Lehre ist Joachim Löws Assistent heute noch überzeugt. Olsen habe ,,ganz neue Trainingsformen'' vermittelt, er sei ein ,,moderner und innovativer Trainer'' und garantiere den Erhalt des Markenzeichens ,,Danish Dynamite'', schwärmte Flick über Dänemarks Nationalcoach.

Joachim Löw und Patrick Helmes

Einer der "B-Spieler": Patrick Helmes.

(Foto: Foto: dpa)

Wenig später jedoch lernten Bundestrainer Löw und sein erster Helfer die Wirkung des dänischen Dynamits auf andere Weise kennen. Während Flick in Düsseldorf über den speziellen Wert des am Mittwoch anstehenden Testspiels seiner Schatten-Nationalelf gegen Dänemarks A-Team sprach (,,eine Supersache für die Jungs''), redete sich Olsen vor der Presse am Spielort Duisburg in Rage.

Unverständnis der Spieler

,,Respektlos'' findet er es, dass Löw die meisten Stammkräfte zu Erholungszwecken nach Hause schickte und in Duisburg den Nachwuchs proben lässt. ,,Mein Kollege muss mich nicht anrufen und sagen, mit welcher Taktik er spielt und ob zwei oder drei Spieler ausfallen'', schimpfte er. ,,Aber die Absprache war ganz deutlich die, dass wir beide mit der besten Mannschaft spielen. Wenn es einen Grund gibt, warum der DFB sieben oder acht Spieler ersetzen muss, kann man anrufen und darüber reden. So habe ich es aus der Zeitung erfahren.''

Führende Spieler seiner Mannschaft schlossen sich dem Trainer an. ,,Wenn Deutschland das Spiel nicht will, warum spielen wir dann überhaupt?'' sagte etwa Mittelfeldspieler Christian Poulsen. Er hat kein Verständnis für das deutsche Argument, die hochbelasteten Spieler schonen zu müssen - er ist seinem spanischen Spitzenklub FC Sevilla und seiner Nationalelf schließlich selbst ständig zu Diensten. Und wie der DFB, der zur Beweisführung minutiös die Einsatzzeiten seiner am meisten beanspruchten Profis vorrechnete, kann auch er auf einen stolzen Wert verweisen: 46 Spiele verzeichnet er in seiner persönlichen Saison-Buchhaltung. Auch Poulsens Kollege Leon Andreasen stellte gekränkt fest, das deutsche Handeln zeuge ,,nicht von Respekt - da muss man sensibler sein''.

Für die deutsch-dänischen Beziehungen bedeuten die Beschwerden der Gäste nichts Gutes. Erst recht, weil die Gastgeber gar nicht gewillt sind, sensibel zu reagieren. Stattdessen gab Manager Oliver Bierhoff kräftiges Kontra. Immer schon habe man klargemacht, das Spiel als Test für Perspektivspieler nutzen zu wollen, erklärte er: ,,Von einer Absprache, dass beide Seiten mit der besten Elf antreten, war nie die Rede.'' Den Vorwurf der Respektlosigkeit gab Bierhoff per Schmetterball zurück: ,,Die Äußerungen der Dänen zeugen nicht von großem Respekt vor unseren jungen Spielern, die auch in der Bundesliga gute Leistungen bringen.''

Die Absprachen mit dem dänischen Verband hatte damals der DFB-Direktor Wolfgang Niersbach getroffen, und natürlich konnte vor einem halben Jahr keiner wissen, welche Dringlichkeiten sich im März ergeben könnten. Wahr ist aber auch, dass Löw und Bierhoff mit den DFB-Spitzen über den Sinn des Dänemark-Spiels diskutiert haben. Womöglich haben sie geahnt, in welche Zwickmühle sie die seltsam platzierte Partie bringen würde: Ein Testspiel, das auf ein Pflichtspiel folgt, fällt aus dem Rahmen - auch wenn es sich um einen offiziellen Termin im Länderspielkalender der Fifa handelt. ,,Es gab eine gemeinsame Planung der sportlichen Leitung mit dem Präsidium, und dabei hat man sich geeinigt, dass das Spiel stattfindet'', erklärte dazu DFB-Medienchef Harald Stenger. Die Einnahmen der Partie durch Fernseh- und Werbegelder kommen dem deutschen Verband zu. Dänemark erhält ein Antrittshonorar. Es gibt auch keinen Preisrabatt für den übertragenden Sender ZDF, weil Ballack, Frings, Lahm und andere nicht mitkicken.

Vielleicht hätte sich Olsen auch weniger laut geärgert, wenn er schon früher in deutschen Zeitungen gelesen hätte. Bereits im November hatte Löw der SZ gesagt, dass er ,,in Testspielen immer wieder Stammspieler schonen'' werde: ,,Wir brauchen unsere Freundschaftsspiele, um auch mal Trochowski, Jansen und Odonkor spielen zu lassen oder auch mal Gomez, Castro und Kießling.'' Bis auf den unglücklichen Odonkor und Mario Gomez sind am Mittwoch in der MSV-Arena alle damals prognostizierten Jung-Nationalspieler dabei. Und sie sind wild entschlossen, ihre großen Brüder würdig zu vertreten. ,,Es ist ein richtiges Länderspiel'', meint der Leverkusener Simon Rolfes, dem die Trainer das Debüt im Mittelfeld ebenso versprochen haben wie dem Stuttgarter Roberto Hilbert. ,,Da ist es egal, ob ein paar Stammspieler fehlen.'' Und der Leverkusener Kollege Gonzalez Castro sagte: ,,Jeder wird Gas geben. Das wird man auch im Fernsehen sehen.'' Gut möglich also, dass der Respekt voreinander während des Spiels entsteht.

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