Lizenzentzug für den MSV Duisburg:Alle Hoffnung ist verloren

MSV Duisburg

Duisburg-Fans am letzten Spieltag der Saison 2012/13.

(Foto: dpa)

Der Niedergang des MSV Duisburg ist ein symbolischer Fall. Nach der Bestätigung des Lizenzentzugs durch das DFB-Schiedsgericht beginnt beim einst so erfolgreichen Klub eine neue Zeitrechnung. Ungewiss ist noch, in welcher Liga.

Von Ulrich Hartmann

Menschenketten, Mahnwachen, Missfallenskundgebungen. In Duisburg am Westrand des Ruhrgebiets hätte es in den vergangenen Tagen um soziales Ungleichgewicht gehen können, um Proteste gegen die Erderwärmung oder die Gebaren der Finanzbranche. Doch es ging den Menschenmengen um Fußball und die Frage, ob der traditionsreiche örtliche Klub namens MSV Duisburg in der kommenden Saison weiter in der zweiten Liga spielen darf.

Am Mittwoch um 15.45 Uhr kam aus dem in Frankfurt tagenden "Schiedsgericht für Vereine und Kapitalgesellschaften der Lizenzligen" die endgültige Nachricht, dass Duisburgs Einspruch gegen die Lizenzverweigerung abgelehnt wurde und der MSV nun wirklich absteigen muss. Die Branche munkelt von Rechenfehlern und unbotmäßigen Bedingungsketten im Lizenzantrag.

Womöglich hatte der Klub aber auch einfach nur die Frist versäumt. Geschäftsführer Roland Kentsch ist bereits entlassen. Die Begründung des Schiedsgerichts lautet: "Der MSV Duisburg konnte dem Lizenzierungsausschuss nicht rechtzeitig eine ausreichende Liquidität für die kommende Spielzeit nachweisen."

In Frankfurt haben der Vereinspräsident Udo Kirmse, der neue Aufsichtsrats-Vorsitzende Jürgen Marbach, der neue Geschäftsführer Björn Scheferling, der Rechtsanwalt Horst Kletke sowie Bernard Dietz als Ikone des Klubs den MSV vertreten. Zeitgleich absolvierte die Mannschaft am Trainingsgelände in Duisburg-Meiderich eine Einheit und wartete dann gemeinsam gebannt auf Nachricht aus Frankfurt, wo Udo Steiner, Theo Paeffgen und Goetz Eilers die Entscheidung des Schiedsgerichts fällten. Fünf Stunden dauerte die Verhandlung im Konferenzzimmer eines Frankfurter Hotels.

Während der SV Sandhausen nun doch in der zweiten Liga bleiben darf, wird sich beim MSV erst noch zeigen müssen, ob er in die Drittklassigkeit absteigt oder gar tiefer fällt. Noch besitzt er nämlich keine Lizenz für die dritte Liga.

In zwei Monaten jährt sich das erste Bundesliga-Tor des Meidericher Spielvereins zum 50. Mal. Vom Ortsteil Meiderich ist im Namen des MSV Duisburg nur das M geblieben, aber es handelt sich immer noch um jenen Klub, der zu den 16 Gründungsmitgliedern der Bundesliga gehörte und für den der Stürmer Werner Krämer am 24. August 1963 das 1:0 im Karlsruher Wildpark-Stadion erzielte. Der MSV gewann das Debüt 4:1 und ist am Ende der ersten Bundesliga-Saison Zweiter geworden.

Ein weiterer Traditionsklub steht vor dem Scherbenhaufen

Dieses Niveau konnte der Klub nicht halten. Bereits 1986 war der MSV einmal in die Oberliga Nordrhein abgestiegen und kehrte 1989 in die zweite, 1991 in die erste Bundesliga zurück. Seitdem hat er neun Jahre in der ersten und 13 Jahre in der zweiten Liga gespielt. Die neuerliche Rückkehr wird schwer werden, da der Klub hoch verschuldet ist und die Verträge mit den Spielern und dem Trainer Kosta Runjaic durch den Abstieg ihre Gültigkeit verloren haben.

Der Niedergang des MSV ist ein symbolischer Fall in Zeiten, in denen mancher Traditionsklub unvernünftig viel Kapital aufnimmt und glaubt, mit einem neuen Stadion fußballerische und wirtschaftliche Unzulänglichkeiten kaschieren zu können. Auch in Aachen ging das schief, die Alemannia spielt demnächst nur noch in der vierten Liga.

Der MSV steht überdies bezeichnend für Unzulänglichkeiten, die allenfalls offen lassen, ob sie aus Absicht oder Naivität begangen wurden. Eitles Gerangel örtlicher Persönlichkeiten, streitlustige Selbstgefälligkeiten in den maßgeblichen Vereinsgremien, aber auch nebulöses Finanzgebaren und allzu kreative Bilanzbuchhaltung könnten prächtigen Stoff für eine Vorabend-Serie liefern.

Mehrere Hundert MSV-Fans hatten am Dienstagabend vor der Duisburger Arena Kerzen der Hoffnung angezündet, und als das Team nach dem 2:0 im Testspiel in Uerdingen davon hörte, fuhr es zum Stadion und schmetterte mit den Fans wehmütiges Liedgut. Diese Hoffnung verklang tags darauf, "doch genau solche positiven Emotionen", sagte der Präsident Kirmse nach der Urteilsverkündung, "müssen wir als Sprungbrett für den neuen MSV nutzen".

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