Lionel Messi vs. FC Bayern:Endlich klappt es gegen diese Deutschen

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Emotional wie selten: Lionel Messi. (Foto: AFP)
  • Selten hat Lionel Messi seine Tore mit solchen Gefühlsausbrüchen gefeiert.
  • Beim furiosen 3:0 seines FC Barcelona gegen den FC Bayern beweist er nebenbei auch, dass er es ohne Pep Guardiola kann.
  • Hier geht es zu den Statistiken des Champions-League-Halbfinals.

Von Thomas Hummel, Barcelona

Messis bevölkerten noch weit nach Mitternacht die Cafés rund um die zentrale Plaça de Catalunya. Messis schlenderten die Rambla hinunter. Messis fuhren auf den roten Leihfahrrädern Richtung Meer. Der FC Barcelona hat wahrlich einige Spieler, denen der Fan huldigen kann. Doch fast alle tragen ein Trikots mit der Aufschrift: MESSI. Und der Nummer 10.

Der Donnerstagmorgen begann wieder mit Messis. Überall. "Herr Messi" brüllte es einem von der Sportzeitung Mundo Deportivo entgegen, "Káiser Messi" von El Periódico. Kein Blatt kam ohne den Stadtheiligen aus. 3:0 hatte Barca gegen den FC Bayern gewonnen. 1:0 Messi, 2:0 Messi, 3:0 Neymar auf Pass von Messi. Zwischen Café con leche und einem Croissant gab es an den Frühstückbars kein anderes Thema. Messi!

Dabei war das Hinspiel im Champions-League-Halbfinale lange Zeit keine Ein-Mann-Show gewesen. Messi war gut, Barcelona war sehr gut. Doch die Bayern verstanden es auch, den kleinen Argentinier weit vom eigenen Tor fernzuhalten. Ein Freistoß in der ersten Halbzeit, ein paar nette Dribblings. Das war alles.

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Es schien so wie immer zu sein zwischen Messi und den Deutschen (insofern sie nicht aus Leverkusen kommen): Alle Welt erwartet, dass der inzwischen 27-Jährige das Spiel alleine entscheidet, doch dann stellen sich ihm Schweinsteiger, Lahm, Boateng oder Neuer entgegen - und der vielleicht beste Fußballer der Welt muss klein beigeben. Bei der WM 2010 in Südafrika hatten sie ihn samt seinem Fußballgott-Kollegen Diego Maradona 4:0 versenkt. Im Champions-League-Halbfinale in München vor zwei Jahren gab es wieder ein 0:4. Und im Finale von Rio vor fast einem Jahr erhielt er zwar nach dem Spiel die Trophäe für den besten Spieler des Turniers - doch gewonnen hatten wieder die Deutschen.

Es waren die vielleicht schlimmsten Niederlagen im Fußballleben des Lionel Messi. Doch an diesem Mittwochabend im bebenden Camp Nou drehte sich plötzlich alles.

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Später gab er genau ein Interview. Darin erzählte er, dass er nun nach Hause gehe, mit seiner Frau und seinem zweijährigen Sohn, der schlafen müsse. Ganz normal eben. Dabei wirkte die Vorstellung, dass dieser Kerl, der von 90 000 Menschen gefeiert und gehuldigt wurde, nun ganz normal nach Hause fährt und dort ganz normal seinen Sohn ins Bett bringt, fast irritierend. Tun Stadtheilige so was?

Zuvor war sein Name mehrfach durch das riesige Camp Nou gedröhnt. Die Massen riefen seinen Namen, als verberge sich dahinter kein Mensch, sondern eine Erscheinung. Und war es nicht eine? War er nicht plötzlich aufgetaucht zwischen all den tollen Spielern auf dem Platz und hatte gezeigt, dass er noch viel toller ist? Ein Spieler "in einer anderen Dimension" wie sein Trainer Luis Enrique formulierte.

Klar, auch ein Messi braucht Mitspieler. Zum Beispiel einen Dani Alves, der nach 77 Minuten dem Bayern-Verteidiger Juan Bernat den Ball abnahm, den Ex-Madridista Xabi Alonso umkurvte und den Ball zu ihm passte. Jetzt hatte er einmal den kleinen Platz, den Ball anzunehmen, sich zu drehen und aufs kurze Eck zu zielen. Mit Entschlossenheit, Schnelligkeit und Wucht. 1:0. Doch das beste sollte noch kommen.

Diesmal hieß der Zulieferer Ivan Rakitic. Messi hatte plötzlich freie Bahn, besser gesagt, Jérôme Boateng stand noch da. Immerhin Weltmeister. Der beste Münchner Verteidiger. Und dennoch chancenlos. "Ich dachte, ich gehe rechts vorbei, weil ich ahnte, dass er glaubte, ich gehe links", erklärte Messi hinterher. Gut geahnt. Boateng kam vollends aus dem Gleichgewicht und dem herauskommenden Neuer hob er den Ball mit seinem schwächeren rechten Fuß wunderschön über die Schulter. Rafinha verfing sich beim Rettungsversuch fast im Tornetz. Eine Szenerie wie geschaffen für Legenden.

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Es war sein 77. Treffer in der Champions League, seit Jahren schießt er Tore, Tore, Tore. Doch selten feierte er seine Treffer mit solchen Gefühlsausbrüchen wie diesmal. Nach dem 3:0 von Neymar kugelten die beiden Berühmtheiten wie Juniorenspieler über den Rasen. Es war eine Befreiung für ihn. Endlich einmal klappte es auch gegen diesen Giganten Manuel Neuer, endlich auch gegen diese Deutschen. Auch wenn er später sagte: "Das hier hat nichts mit der WM zu tun. Den Finaltag können wir leider nicht mehr ändern."

Sein Trainer Luis Enrique wurde später gefragt, ob sein Leben leichter sei mit diesem Spieler. Er lachte und sagte: "Ja, selbstverständlich, nicht nur heute. Es ist ein ganz großes Vergnügen für uns, jeden Tag." Auch Pep Guardiola weiß, wie es sich anfühlt, einen Messi im Team zu haben. Jetzt erfuhr er auch, wie es ist, wenn ihn der Gegner hat. "Messi hat ein großes Talent, er hat das schon oft gezeigt. Er nimmt so wenig wie möglich am Spiel teil, wenn der Gegner den Ball hat; aber dann nutzt er seine Chancen."

Guardiola und Messi haben sich einst gegenseitig in den Olymp des Fußballs getrieben. Vier Jahre arbeiteten die beiden zusammen in Barcelona, der Trainer brauchte den Spieler so wie der Spieler den Trainer. Danach ging der eine ins Sabbatical, der andere durchlief eine Krise. Im Vorfeld des Spiels hatte die Öffentlichkeit erstaunt festgestellt, dass die beiden seither ein Nicht-Verhältnis pflegen. Im Gegenteil war es wohl so, dass Messi beweisen wollte, es inzwischen auch ohne Guardiola hinzukriegen. Nach diesem Abend kann man feststellen: Er kriegt es hin.

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