Lionel Messi:Himmelt mich bitte an!

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Mit seinen Champions-League-Toren Nummer 99 und 100 beweist Lionel Messi, dass ihm allein beim FC Barcelona der Ball zu Füßen liegt. Das gefällt nicht allen Mitspielern.

Von Sven Haist, Barcelona

Unter den Jubelposen, die Fußballspieler in den Stadien dieser Welt aufführen, gibt es eine, die lediglich Lionel Messi vorbehalten ist. Nach Tor 99 und Tor 100 in 123 Spielen in der Champions League - keiner hat diese Marke je schneller durchbrochen - kam die Einlage am Mittwochabend erneut zur Aufführung.

Wie ein Allmächtiger stellte sich der 1,70 Meter kleine Argentinier, der das globale Wahrzeichen des FC Barcelona ist, vor die Fans und breitete die Arme aus. Im Fußballtempel Camp Nou heißt das: Himmelt mich bitte an! In dieser Haltung glich Messi einem lebenden Denkmal, das die 97 183 Zuschauer am liebsten angefasst und mit nach Hause genommen hätten.

Suárez knallt den Ball auf die Tribüne

Während sich einige Mitspieler im Jubel um ihren Ausnahmekönner versammelten, knallte Kollege Luis Suárez, Messis Sturmpartner, den Ball nach dem dritten Treffer des FC Barcelona ziellos auf die Tribüne. In der Euphorie, aber auch mit einer gewissen Verärgerung, der Uruguayer wartet nun schon seit 971 Spielminuten auf einen Treffer in der Königsklasse. Und den zweiten Treffer hatte ja auch ein anderer Offensivpartner erzielt - da legte Messi den Ball generös auf Ousmane Dembélé ab. Der Franzose, der im Sommer 2017 für weit mehr als hundert Millionen Euro (die Summe variiert im Erfolgsfall) bei Borussia Dortmund abgelöst worden war, erzielte mit wuchtigem Schuss sein erstes Pflichtspiel-Tor für die Katalanen. Apropos: Der Ball, der über Suárez den Weg ins Publikum fand, tauchte just nach Abpfiff des Messi-Festivals wieder auf. Neben dem Meister, womit wieder mal klar war, wem der Ball in Barcelona zu Füßen liegt.

Durch die Beine: Lionel Messi bringt den FC Barcelona mit seinem Tor zum 1:0 gegen Chelsea früh auf den rechten Weg ins Viertelfinale. (Foto: Jan Huebner/imago)

Messis Doppelpack war die zentrale Geschichte, das 3:0 gegen den FC Chelsea durch seine Tore (3./63.) sowie Dembélés Treffer (20.) der Randaspekt beim Einzug ins Viertelfinale. Zum zwölften Mal in Serie hat Barcelona diese Qualitätsstufe in der Champions League erreicht. Messi war dazu nach nur 128 Sekunden das früheste Tor seiner Champions-League-Laufbahn gelungen, ohne dass der Gegner bis dahin einmal kontrolliert an den Ball gekommen war - noch dazu aus einer Position nahe der Torauslinie, die sich üblicherweise nur für eine Flanke eignet.

Die internationalen Medien sahen daher wahlweise mal wieder den "Magier" (Telegraph) oder den "Fußball-Gott" (Gazzetta dello Sport) am Werk; die Fans der Katalanen entrollten ehrfürchtig ein Spruchband: "God Save The King". Allerdings hatte der Magier einen Helfer: Thibaut Courtois, Chelseas belgischer Schlussmann, erlebte eine dunkle Nacht.

Mit einer dicht besiedelten Abwehr wollte Chelsea nach dem 1:1 im Hinspiel erst mal den Einfluss Messis begrenzen, der sich mittlerweile als Freigeist überall auf dem Spielfeld herumtreibt. Aber egal ob die Verteidiger nun nah an ihm dranhingen oder Distanz wahrten, eine Aussicht, dem Argentinier den Ball zu entwenden, hatten sie nahezu nie. Durch den frühen Rückstand zur Offensive gezwungen, wirkten Chelseas robuste Defensivkräfte irritiert - bei den von Messi inszenierten Kontern verloren sie zunehmend die Orientierung.

Als es dann Trainer Antonio Conte gelang, Messi auf dem Weg in die Kabine für ein paar Sekunden halbwegs unter Kontrolle zu kriegen (er hielt ihn am Arm fest), war das Spiel bereits beendet. "Ich denke, ein Spieler wie er wird nur alle 50 Jahre geboren. Er hat den Unterschied gemacht", huldigte Conte: "Ich bin sehr stolz auf meine Spieler und bereue nichts."

Trotz insgesamt vier Pfostentreffern in beiden Spielen stellte sich nie das Gefühl ein, dass Chelsea das Duell hätte gewinnen können. Contes indirekt kommunizierte Ansicht, aus dem Team das Beste herausgeholt zu haben, war die nächste fiese Stichelei gegen seine Chelsea-Vorgesetzten. Bereits beim Duell mit Manchester City in der Premier League provozierte der Italiener mit der Anweisung an sein Team, den Gegner - aus Furcht vor einem Debakel - nicht weiter anzugreifen. Das blamable 0:1 bei Tabellenführer ManCity ging deshalb unter dem Begriff "Arbeitsverweigerung" in die Geschichte der Liga ein.

Der Grund für Contes Haltung: Der Trainer kann den im Sommer getätigten Transfers des Klubs wenig abgewinnen - und demonstriert dies immer wieder. Auch in Barcelona wurde dies deutlich, als er im wichtigsten Spiel der Saison die teuersten Zugänge Alvaro Morata (Real Madrid) und Tiemoue Bakayoko (AS Monaco) auf die Bank setzte. Neben dem Problem, das reichlich vorhandene Geld eher unüberlegt auf dem Spielermarkt zu verprassen, fehlt es Chelsea an einer ausgeklügelten Spielausrichtung, die beide Richtungen auf dem Spielfeld beinhaltet. In der steinreichen Premier League hat dies in Reinform derzeit nur Manchester City zu bieten.

Aus diesem Grund ist auch die englische Beteiligung an der Champions League vor der Auslosung (Freitag) von fünf auf zwei Klubs geschrumpft. Neben ManCity hält sich der von Jürgen Klopp trainierte FC Liverpool im Wettbewerb. Aber für beide Klubs besteht die Gefahr, dass in der nächsten Runde Messi wartet.

© SZ vom 16.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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