Lewandowskis Saisontore 26 und 27:Gelöffelt und geköpft

Erst in der zweiten Halbzeit drehen die Bayern auf und besiegen zu defensiv eingestellte Schalker 3:0. Der vierte Münchner Titel in Serie könnte schon nächste Woche feststehen.

Von Maik Rosner, München

Hätte man die Aufstellung des FC Bayern nach Pep Guardiolas Ankündigung ausgelegt, dann wären wohl ziemlich viele seiner Profis überzeugt, den Ligatitel bereits gewonnen zu haben. "Die Spieler, die denken, dass sie schon deutscher Meister sind, werden auf der Bank sitzen", hatte der Trainer ja gesagt. Doch dass Thomas Müller, Franck Ribéry, Thiago Alcántara und Joshua Kimmich nun am Spielfeldrand Platz nehmen mussten und Javier Martínez gar nicht im Kader stand, hatte wohl kaum mit zu großer Selbstgewissheit zu tun. Sondern vielmehr mit Guardiolas Fürsorge. Er gönnte ihnen nach der erfolgreichen Reise in der Champions League zu Benfica Lissabon und vor dem Halbfinale im Pokal am Dienstag gegen Werder Bremen eine Verschnaufpause.

Als kommender Meister durften sich nach dem 3:0 (0:0) gegen den FC Schalke 04 aber selbst die vorsichtigsten Münchner fühlen. "Das war ein richtig großer Schritt", sagte Kapitän Philipp Lahm. Guardiola sprach ganz ähnlich von einem "großen Schritt nach vorne". Vor dem Sonntagspiel des Tabellenzweiten Borussia Dortmund gegen den Hamburger SV beträgt der Vorsprung des Titelverteidigers ja nun zehn Punkte. Selbst wenn der BVB gewinnen sollte, dürften die dann sieben Zähler Abstand in den verbleibenden vier Spielen wohl nur noch verspielt werden, wenn Guardiola aus Sorge vor Verletzungen vor den beiden Halbfinals der Champions League gegen Atlético Madrid nur noch die Busfahrer, Zeugwarte und Mannschaftsärzte aufstellen sollte.

Das weiß natürlich auch Guardiola, wenngleich er nach dem Sieg gegen Schalke sagte, "die Bundesliga ist nicht vorbei". Vor dem eine Halbzeit lang mühevollen Erfolg durch die Tore von Robert Lewandowski in der 54. und 65. Minute sowie Arturo Vidal (73.) hatte er davon gesprochen, man habe bei einem Sieg "die Bundesliga in unserer Hand". Das Novum des vierten Ligatitels in Serie könnte nun bereits am kommenden Samstag bei Hertha BSC feststehen. Der Meistersekt darf also kalt gestellt werden bei den Münchnern, die daran bei einem planmäßigen Verlauf allerdings allenfalls nippen dürften, so kurz vor der kniffligen Dienstreise nach Madrid.

"Manchmal musst du geduldig bleiben", sagt Lewandowski

Dass diese Hochrechnungen nun angestellt werden können, lag vor allem an Lewandowski. In Lissabon hatte sich der Angreifer mit einem Einsatz in der Schlussphase begnügen müssen. Nun durfte er wieder von Anfang an ran und brachte zu Beginn der zweiten Halbzeit den 25. Saisonsieg im 30. Ligaspiel gekonnt auf den Weg. Einen gelöffelten Ball von David Alaba köpfelte Vidal zu Lewandowski in die Mitte. Der polnische Nationalstürmer nahm die Vorlage mit der Brust an und erzielte mit einem flachen Linksschuss das 1:0. Elf Minuten später ließ er nach Rafinhas Flanke seinen 27. Ligatreffer folgen, mit einem Kopfball gegen die Laufrichtung von Torwart Ralf Fährmann.

Weil er in der Champions League nur zweite Wahl war und zuvor einen Autounfall erlebt hatte, sei die vergangene Woche nicht so schön gewesen, sagte Lewandowski. "Manchmal musst du geduldig bleiben, wenn nicht alles funktioniert", befand er weiter, und nun "fühle ich mich wieder besser". Auch wegen der Aussicht, dass die Ligapflicht bald vollbracht sein dürfte. "Dann können wir in Pokal und Champions League noch besser spielen", hofft Lewandowski.

Vor seinen beiden Toren hatten sich die Münchner ziemlich schwer getan gegen die Schalker Fünferkette. Vielleicht, weil sich auch jene Spieler, die auflaufen durften, schon ziemlich sicher fühlten, den Titel erneut zu gewinnen. Ideenarm und lethargisch präsentierten sich die Bayern, nur selten kamen sie überhaupt zu Chancen. Douglas Costas Versuch nach 90 Sekunden segelte über den Winkel. Einen Kopfball von Lewandowski wehrte Fährmann gekonnt ab. Und Vidals Kopfball verfehlte sein Ziel recht deutlich.

Schema & Statistik

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Schalkes Konterversuche leiben sehr zaghaft

Mehr war in der ersten Halbzeit nicht zu bestaunen, einmal abgesehen von den eher zaghaften Schalker Konterversuchen, bei denen der aus München ausgeliehene Pierre-Emile Højbjerg nur einen ziemlich harmlosen Distanzschuss zustande brachte und Bayerns Medhi Benatia einmal vor dem lauernden Klaas-Jan Huntelaar retten musste. "In der ersten Halbzeit haben wir das gut gemacht. In der zweiten Halbzeit waren wir in den ersten zehn Minuten ein bisschen passiv und nicht mehr so bissig", befand Huntelaar.

Bei den Bayern geriet die zweite Hälfte allerdings auch deutlich schwungvoller, mit Chancen im Minutentakt von Kingsley Coman, Philipp Lahm, Mario Götze, Vidal und Costa, ehe Lewandowski den spielentscheidenden Ertrag dieses Powerplays herbeiführte. Nebenbei ist der 27-Jährige damit auch dem persönlichen Titel des Torschützenkönigs ein gutes Stück näher gekommen. Es wäre sein zweiter nach jenem vor zwei Jahren, damals noch für Borussia Dortmund, als er 20 Tore anhäufte. "Ich hoffe, dass ich noch ein paar Tore schieße", sagte Lewandowski zu seinem persönlichen Ziel. Und als ihm erzählt wurde, dass er in dieser Saison zudem Huntelaar als erfolgreichsten ausländischen Torschützenkönig (29 Tore/2012) ablösen und auch noch als erster Spieler seit Dieter Müller (34 Tore/1977) die Marke von 30 Saisontoren erreichen könnte, scherzte er: "Deswegen müssen wir weiter gut spielen in der Bundesliga." Auch nach dem wohl sehr bald erreichten Titelgewinn.

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