Leverkusen:Wie auf dem Eis

Torschütze Kevin Volland verkörpert Bayers Aufschwung, der sich in Frankfurt fortsetzt.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Kevin Volland hat es auch in Frankfurt bei seiner üblichen Ausrüstung belassen. Er hatte sich vor dem Spiel, in Übereinstimmung mit Abschnitt vier der amtlichen Fußball-Regeln, Trikot und Hose angezogen, außerdem Stutzen, Schienbeinschützer und Stollenschuhe, und das war's. Nicht mal der Videoassistent hat Hinweise auf Helm, Schläger oder Schlittschuhe ausmachen können, aber bisweilen hat es an diesem Samstagnachmittag mal wieder so gewirkt, als trage Kevin Volland diese Gegenstände heimlich doch.

Volland, 25, ist ein Mann, der durchaus eine Verbindung zum Eishockey hat: Sein Vater Andreas war in den Neunzigerjahren Nationalspieler. Er selbst übte den Sport bis zum achten Lebensjahr regelmäßig aus und geht in der winterlichen Liga-Pause gerne zum Familienduell aufs Eis. Und ab und an, wenn sich Volland über den Rasen schiebt, als kompakter, robuster und rackernder Typ von 1,79 Meter Größe, dann hat er auch etwas Eishockey-haftes an sich. Wobei dieses kompakte, robuste, rackernde Element seinem Klub Bayer Leverkusen gerade ziemlich gelegen kommt.

1:0 (0:0) gewann Bayer am Samstag verdient in Frankfurt. Es war erstens eine Fortsetzung des Leverkusener Aufwärtstrends (acht Spiele ohne Niederlage). Zweitens gelang damit der Sprung in jene Region der Europapokal-Plätze, die Bayer 04 qua Selbstverständnis anpeilt. Heiko Herrlich hat nach der Übernahme des Trainerpostens im Sommer und schwierigen Anfangswochen einiges verändert - und als Gesicht der positiven Entwicklung darf sein Offensivmann Kevin Volland gelten.

Am Samstag in Frankfurt war das gut zu sehen. In der ersten Hälfte war er eher als Dauerläufer und in der zweiten Reihe im Einsatz; die beste von diversen guten Bayer-Chancen vergab Lucas Alario, der erst mit dem Kopf den einen (30.) und dann mit dem Fuß den anderen (32.) Pfosten traf. Als die Leverkusener dann nach dem Seitenwechsel stärker unter Druck gerieten und manch hektisch-heiklen Moment zu überstehen hatten, war in dieser Phase struktureller Unterlegenheit Volland zur Stelle: Bei einem Konter stand er im Strafraum ungedeckt - eine schöne Ballannahme mit der Brust, ein strammer Linksschuss, und das 1:0 war erzielt (76.).

Acht Treffer hat Volland in dieser Saison insgesamt schon geschossen; vier davon (plus eine Vorlage) in den vergangenen fünf Spielen. "Es gibt immer wieder solche Phasen im Sport. Manchmal denkst du nicht so viel nach vor dem Tor, du hast den Kopf frei, das Vertrauen und haust den Ball rein", sagte er dazu.

Dabei war sein persönlicher Aufschwung keineswegs selbstverständlich. Im Vorjahr war er für satte 20 Millionen Euro von der TSG Hoffenheim nach Leverkusen gekommen, aber erfüllen konnte er die Erwartungen in seiner ersten Saison dort nicht. Auch drei Verletzungen und eine Rotsperre bremsten Volland, nur sechs Treffer erzielte er in der kompletten Spielzeit 2016/17. Doch unter Neu-Trainer Heiko Herrlich ist er jetzt in Schwung gekommen. "Dass er Tore schießen kann, hat er schon in den vergangenen Jahren bewiesen. Das Wichtigste ist, dass er unglaublich viel arbeitet. Deshalb ist er enorm wichtig für die Mannschaft", sagt Herrlich.

Wieder bereit für die Nationalelf? Volland bleibt zurückhaltend

Es läuft gerade so gut für Volland, dass eine in solchen Momenten scheinbar zwingende Diskussion aufzieht: die Frage nach der Nationalmannschaft. Immerhin hat kein anderer Deutscher in der Bundesliga bisher mehr Tore erzielt als er. Vor zwei Jahren zählte Volland schon mal zum erweiterten Kreis der DFB-Auswahl, auf zehn Einsätze kam er. In den zurückliegenden Monaten hingegen spielte er keine Rolle mehr. Er selbst gibt sich zurückhaltend: "Auf dieser Position gibt es so viele gute Spieler wie Timo Werner oder Lars Stindl, die das hervorragend machen."

Aber Kevin Volland weiß natürlich auch: DFB-Trainer Joachim Löw hat vorne vom Sprinter Timo Werner bis zum Raumdeuter Thomas Müller eine große Auswahl verschiedenster Spielertypen. Doch ein verkappter Eishockeyspieler ist derzeit nicht darunter.

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