Leverkusen-Sieg in Gladbach:Ergebnismaschine legt die Füße hoch

Borussia Moenchengladbach v Bayer Leverkusen - Bundesliga

Effektives Angriffspaar: Heung-Min Son und Sidney Sam von Bayer Leverkusen.

(Foto: Bongarts/Getty Images)

Ein typisches Spiel von Bayer Leverkusen: Beim 1:0 in Mönchengladbach spielt das Team nicht besser als der Gegner, gewinnt aber und festigt damit Rang zwei in der Fußball-Bundesliga. Dabei sehen zwei Spieler die gelbe Karte, die gar nicht mitspielen.

Von Ulrich Hartmann, Mönchengladbach

Die Stunde vor Mitternacht hatte gerade begonnen, da schien der von den Bundesligafußballern zum "Trainer der Hinrunde" gewählte Lucien Favre am späten Freitagabend seinen Rücktritt in Erwägung zu ziehen. Er sagte: "Es sind schwere Zeiten, aber wir werden es schaffen - und wenn wir es nicht schaffen, dann muss ich die Konsequenzen daraus ziehen."

Doch Favre lächelte dabei derart demonstrativ lakonisch, dass kein Zweifel daran bleiben konnte, dass Borussia Mönchengladbachs Trainer auch nach der dritten Niederlage im dritten Rückrundenspiel mitnichten an einen möglichen Rücktritt denkt, sondern bloß all den kritisch fragenden Berichterstattern mit seiner großen Gelassenheit verdeutlichen wollte, was der Spieler Tony Jantschke ein paar Meter weiter im Kabinengang ausformulierte: "So ist das eben manchmal im Fußball, mal gewinnst du Spiel für Spiel und mal verlierst du eines nach dem anderen und kannst über die Gründe nur ein bisschen rätseln."

Die letzten Gladbacher, die Bayer Leverkusen daheim besiegt haben, hießen Stefan Effenberg, Thomas Eichin, Michael Frontzeck oder Christian Hochstätter. Das ganze ist 25 Jahre her, 25. Februar 1989, und natürlich spielte Gladbach damals noch auf dem Bökelberg. Für Leverkusen spielten seinerzeit Rüdiger Vollborn, Herbert Waas oder Bum-Kun Cha. Zum 22. Mal seither hat Gladbach am Freitagabend gegen Bayer daheim nicht gewinnen können - und nicht nur das, sie haben sogar mit 0:1 verloren und damit auch das dritte Spiel des neuen Jahres.

Ohne Punkt und mit 1:6 Toren stehen die Borussen in dieser Rückrunde nun da. Mit drei Niederlagen ist eine Gladbacher Mannschaft überhaupt noch nie in eine Rückrunde gestartet. Dabei war diese aktuelle Belegschaft nach der Hinrunde noch Dritter und eines der am schönsten spielenden Teams der Liga gewesen. Die Winterpause hat die phasenweise wie ein Uhrwerk surrende Mannschaft aber offenbar aus dem Rhythmus gebracht, die ersten drei Gegner (München, Hannover, Leverkusen) erwiesen sich als stark und effektiv, und überhaupt haben sich die Kontrahenten, findet Jantschke, "mittlerweile besser auf unser Spiel eingestellt".

Wie man die Gladbacher aus dem Konzept bringt, demonstrierten die Leverkusener durch dichtes Pressing, schnelle Konter und einen geglückten Torschuss, den Heung Min Son in der 62. Minute aus etwa 20 Metern in das rechte Eck jenes Tores schlenzte, aus dem sodann der Torwart Marc-André ter Stegen herausgestürmt kam, um seine allzu sorglos verteidigenden Abwehrspieler Havard Nordtveit, Tony Jantschke und Martin Stranzl tüchtig zusammenzustauchen.

Dieses Spiel hätte auch gut torlos enden können, und dann wären beide Teams zufrieden gewesen. Gladbachs Christoph Kramer sagte: "In der Hinrunde hätten wir so ein Spiel gewonnen." Aber das noch effektivere Team waren und bleiben nun einmal die Leverkusener.

Gelb für Wollscheid und Donati

Dortmunds Trainer Jürgen Klopp hat sie jüngst "eine Ergebnismaschine" genannt, und genau das ist diese aktuelle Bayer-Mannschaft wirklich, weil sie nicht besser spielt als Dortmund oder Schalke oder Gladbach, weil sie aber ordentlicher punktet. Schon öfter sollen die Leverkusener in dieser Saison nach einem Spiel in der Kabine gesessen und ein bisschen gerätselt haben, wie sie diese Partie soeben haben gewinnen können. Auch am Freitag könnte dies so gewesen sein. Der Sportdirektor Rudi Völler sagte hinterher jedenfalls: "Das beste ist, dass uns eine nur durchschnittliche Leistung zum Sieg gereicht hat."

Einziger Aufreger im Leverkusener Team war der Umstand, dass mit Philipp Wollscheid und Giulio Donati zwei Spieler eine gelbe Karte sahen, die überhaupt nicht mitgespielt haben. Beide hatten, Wollscheid zu Beginn von der Bank aus und Donati gegen Ende beim Warmmachen hinter dem Tor, den Ball zum Nachteil der Gladbacher auf das Feld geschossen, was den Schiedsrichter Florian Meyer jeweils dazu veranlasste, wegen Unsportlichkeit die gelbe Karte jenseits der Spielfeldbegrenzung zu zeigen. Doch dies blieb ohne weitere Konsequenz.

Stürmer Kießling freute sich hernach auf ein ruhiges Wochenende. "Samstag nachmittag die Füße hochlegen und ganz entspannt Konferenz gucken - das hatten wir lange nicht mehr." Es dürfte das letzte entspannte Wochenende der Leverkusener für längere Zeit sein, denn nach dem DFB-Pokal-Viertelfinale am kommenden Mittwoch gegen den Zweitligisten Kaiserslautern gehen intensive Wochen los mit Bundesliga-Duellen gegen die Tabellennachbarn Schalke, Wolfsburg und Mainz sowie mit dem Champions-League-Achtelfinale gegen Paris St. Germain.

Man muss sehen, ob die Leverkusener Ergebnismaschine dann immer noch genauso gut funktioniert.

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