Bayer 04 schlägt die Eintracht:Frankfurt schimpft, Leverkusen singt

Bayer 04 schlägt die Eintracht: Niko Kovac beim Spiel gegen Leverkusen.

Niko Kovac beim Spiel gegen Leverkusen.

(Foto: AP)
  • Eintracht Frankfurt verliert 1:4 gegen Bayer Leverkusen, Kevin Volland erzielt einen Hattrick.
  • Sportvorstand Bobic und Trainer Kovac reagieren verärgert bis spöttisch auf die Unterstellung, die Niederlage habe etwas mit dem Wechsel des Trainers nach München zu tun.
  • Die Fans von Bayer Leverkusen sangen während des Spiels: "Wir würden nie zum FC Bayern München gehen."

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Niko Kovac verschwand erstmals kurz aus der Coaching-Zone, als seine Mannschaft das Spiel 19 Minuten vor Schluss aus der Hand gegeben hatte. Zuvor hatte sich der Trainer von Eintracht Frankfurt 71 Minuten lang in Szene gesetzt, stand stets ganz dicht am Spielfeldrand, kommunizierte unablässig mit seinen Spielern und benutzte Hände und Finger mit derart bedeutungsvollem Gestus, als versuche da einer den Wiener Philharmonikern ein ordentliches Crescendo zu entlocken. Kovac gilt als Dirigent von Weltformat, seit man weiß, dass er von der kommenden Saison an den FC Bayern München trainiert, aber sein erstes Spiel seit dieser News ging am Samstag bei Bayer Leverkusen mit 1:4 (1:1) verloren.

Kevin Vollands Hattrick (71., 77., 88.) sorgte für Frankfurts höchste Saison-Niederlage mit den meisten Gegentreffern - und trieb Kovac den Stolz über den bevorstehenden Karriere-Sprung vorübergehend aus. "Ich würde nie zum FC Bayern München gehen", sangen die Leverkusener Fans dem Frankfurter Trainer am Ende als Ständchen noch ein Lied der 'Toten Hosen'.

Bei den Frankfurter Verantwortlichen rief das miserable Ergebnis zum Auftakt des Schlussspurts allerdings keine Panik hervor. Einen Einfluss der Kovac-Situation auf die Leistung der Mannschaft will Sportdirektor Fredi Bobic während der 90 Minuten überhaupt nicht gesehen haben. "Sie haben ganz normal gespielt und alles gegeben", fand Bobic, und auch Kovac sagte, seine Spieler agierten gegenwärtig überhaupt "am Anschlag"; in Leverkusen habe man es allenfalls versäumt, eine gute erste Halbzeit auf 90 Minuten auszudehnen.

"Die Frage ist respektlos", blafft Fredi Bobic

Suggestivfragen, die hohe Niederlage möge auch daran liegen, dass Kovac' Wechsel nach München seit Freitagtagmittag offiziell sei, tat Kovac spöttisch ab. "Wer unsere Mannschaftsleistung in der ersten Halbzeit gesehen hat...", begann er einen Satz, dessen Ausgang man sich selbst denken musste: ... der käme nicht auf die Idee, dass Kovac als Trainer seine Überzeugungskraft verloren haben könnte. Auf die Frage, ob Kovac definitiv bis zum Saisonende Trainer bleibe, blaffte Bobic bloß: "Die Frage ist respektlos."

Die Frankfurter Vorzeichen waren auch personell schwierig gewesen. Von drei für zusammen 22 Saisontore verantwortlichen Frankfurter Stürmern stand kein einziger in der Startelf, weil Ante Rebic (6) verletzt ist und weil Sebastian Haller und Luka Jovic (je 8) angeschlagen nur auf der Bank saßen und für das Pokal-Halbfinale am Mittwoch auf Schalke geschont wurden. Als Mittelstürmer fungierte deshalb jener Marco Fabian, der in zuvor vier Ligaspielen in dieser Saison noch kein einziges Tor geschossen hatte - diesmal allerdings in der 23. Minute für die Hessen traf.

Der Frankfurter galt in diesem Moment allerdings bloß einem 1:1-Ausgleich, weil die Leverkusener drei Minuten zuvor mit einem ihrer ersten präzisen Vorstöße in Führung gegangen waren. Kai Havertz hatte den Ball an der Frankfurter Torauslinie mit einer Hereingabe gerade noch vor dem Aus gerettet, und Julian Brandt köpfte im Zentrum über Torwart Lukas Hradecky hinweg ins entfernte. Weniger zufällig war anschließend Frankfurts schön erspielter Ausgleich, als Kevin-Prince Boateng nach links zu Marius Wolf und dieser weiter nach links zum freistehenden Fabian ablegte - schön wie eine Ballstafette beim Handball. Darüber jubelten die Frankfurter Fans euphorisch, sie hatten ohnehin keine Spitzen gegen Kovac verteilt, aber in den ersten Spielminuten auffällig laut ihre Eintracht besungen. "Frankfurder Jungs", skandierten sie minutenlang, mit dem weichen hessischen D.

Volland braucht nur 17 Minuten für seinen ersten Liga-Hattrick

Kovac sah nach der Pause weiterhin zwei Mannschaften, die sich im Mittelfeld aufrieben, aber kaum einen vernünftigen Ball in den gegnerischen Strafraum brachten. Deshalb war die erste gefährliche Szene der zweiten Halbzeit auch ein Fernschuss des Leverkuseners Leon Bailey, der den Ball in der 51. Minute aus etwa 20 Metern an die Latte drosch. Der Kracher war eine Art Weckruf für die Gastgeber. Sie stellten ihre Formation von Dreier- auf Vierer-Abwehrkette um. In der 71. Minute zahlte sich das aus, als der zuvor mehrfach gescheiterte Volland von Havertz per Hacke derart gut in Szene gesetzt wurde, dass er nicht mehr vorbeischießen konnte. Auf den Geschmack gekommen, erhöhte Volland sechs Minuten später auf 3:1, und weitere elf Minuten darauf - nach einem fast identischen Angriff über Bellarabi - auf 4:1. Es war Vollands erster Hattrick in der Bundesliga.

Die Hoffnungen der Frankfurter auf ihre erste Teilnahme an der Champions League schmolzen im rheinischen Frühling zusammen. "Es bleibt spannend", schloss Manager Bobic, als freue er sich regelrecht über die immer herausforderndere Konstellation nach nunmehr drei Frankfurter Spielen ohne Sieg. Das Gegenteil genießen gerade die Leverkusener, die mit zwei 4:1-Siegen in Leipzig und gegen Frankfurt Selbstvertrauen für das Pokal-Halbfinale am Dienstag gegen Bayern München sammelten. "Unsere Ergebnisse sind eine Warnung für die Bayern", sagte der Torwart Bernd Leno und genoss sichtlich seine Drohung.

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