Leverkusen - Ingolstadt (17.30 Uhr):Roger räumt auf

Werder Bremen v FC Ingolstadt 04 - Bundesliga

Hoch das Bein: Ingolstadts Roger (links, hier gegen Bremens Max Kruse).

(Foto: Ina Fassbender/Getty Images)

Beim FC Ingolstadt glauben sie wieder an den Klassenverbleib. Ein Grund dafür sind die Leistungen des Brasilianers Roger, der neuerdings Verteidiger ist. Doch ob er das noch lange bleibt, ist nicht ganz klar.

Von Sebastian Fischer, Ingolstadt

Über die Fußballlehrer der brasilianischen Kleinstadt Araras ist hierzulande wenig bekannt, doch beim FC Ingolstadt dürften sie gerade sehr glücklich sein über eine der wenigen Erkenntnisse, die bislang vorliegen: dass dort vermutlich kein typisch brasilianischer Stil unterrichtet wird. In Araras hat Roger de Oliveira Bernardo das Spiel gelernt. Der rustikale Mittelfeldspieler, 184 Zentimeter groß und 86 Kilo schwer, hat neulich erzählt, dass er dort, bei seinem Heimatklub União São João, auch das Verteidigen gelernt hat. Und deshalb, etwas verkürzt dargestellt, glauben sie in Ingolstadt wieder an den Klassenverbleib.

Die ausführlichere Erklärung geht so: Die Hinrunde war zu großen Teilen eine frustrierende für den Vorjahres-Aufsteiger. Sie mussten beim FCI zügig einsehen, dass die Ideen des neuen Trainers Markus Kauczinski für die Mannschaft nicht die richtigen waren. Kauczinski hatte die Spieler zu einem durchaus anspruchsvollen Fußball mit mehr Ballbesitz und mehr Ruhe erziehen wollen, doch das misslang. Kauczinskis Nachfolger Maik Walpurgis hat dies vor einem Monat revidiert, Ingolstadt spielt seitdem wieder simpel. Doch was sich der neue Trainer in der Theorie schon seit einem Monat überlegt hatte, setzte er erstmals in seinem vierten Spiel am vergangenen Samstag gegen Leipzig um: ein 3-4-3-System.

Walpurgis und sein Plan mit der Dreierkette

"Es ist ein sehr interessantes System", sagt Walpurgis, "die Dreierkette gehört zu unserem Repertoire, sie ist eine Option und wir haben keine Angst, sie wieder einzusetzen." Sein Problem vor dem Spiel gegen Leverkusen an diesem Sonntag: Walpurgis hat für ein 3-4-3 nicht die nötigen Spieler. Eigentlich.

Die Ingolstädter haben im Sommer nicht nur auf dem Trainer-Transfermarkt, sondern auch auf dem Spieler-Transfermarkt leicht danebengezielt. Der 22 Jahre alte Innenverteidiger Hauke Wahl etwa kam vom SC Paderborn, spielte dann aber bislang nur einmal 120 Minuten im DFB-Pokal, danach war er nie mehr im Kader. Eigentlich war Wahl als Ersatz für den nach Hoffenheim gewechselten Benjamin Hübner geplant gewesen, als Nebenmann von Kapitän Marvin Matip. Kurzfristig kauften die Oberbayern vor Ende der Transferperiode noch Marcel Tisserand für drei Millionen Euro vom AS Monaco, doch einen dritten bundesligaerprobten Innenverteidiger gab der Kader in den letzten Wochen nicht her, zumal der Franzose Romain Bregerie verletzt war. Dann kam Walpurgis die Idee mit Roger.

Der Trainer schwärmt von den Qualitäten des Brasilianers, der beim 1:0 gegen Leipzig am vergangenen Samstag den Part des mittleren Innenverteidigers übernahm - und nicht nur 90 Minuten lang humorlos den Ball wegschlug, sondern auch noch per Kopf das Tor des Tages erzielte. "Beckenbauer, Beckenbauer", sagte Roger hinterher und musste selbst lachen. Zwar ist dies seit Jahren sein Spitzname, doch sein Spiel hat mehr von einem Ausputzer als einem Libero. Überhaupt hat seine Interpretation des Spiels so wenig brasilianisches, dass er eigentlich Roger Schmitz oder Roger Meier heißen müsste.

Hasenhüttls Lieblingsspieler

Roger wechselte 2012 aus Cottbus nach Ingolstadt in die zweite Liga. Er war einer der Lieblingsspieler von Walpurgis' Vor-Vorgänger Ralph Hasenhüttl. Der Roger, der wisse selbst gar nicht, wie gut er sei, soll Hasenhüttl mal gesagt haben. Und der Spieler selbst schwärmte beim Wiedersehen am vergangenen Samstag von den Qualitäten des inzwischen ja Leipziger Trainers, für den er stets als Abräumer im Mittelfeld aufgelaufen war, als Absicherung für das waghalsige Pressing-System.

Die Frage ist nun, wie es mit Roger in Ingolstadt weitergeht, wenn Walpurgis langfristig am 3-4-3-System Gefallen findet, in dem Almog Cohen und Alfredo Morales die defensiven Mittelfeldspieler sind. Bleibt Roger Innenverteidiger? Konkurriert er mit Cohen und Morales um die Plätze auf der Sechs? Oder passiert am Ende etwas ganz anderes?

Der FCI, hieß es in dieser Woche, sei nicht abgeneigt, auf dem Winter-Transfermarkt zuzuschlagen. "Wenn uns ein Stammspieler drei, vier Spiele ausfällt, ist das keine leichte Situation. Von daher müssen wir uns Gedanken machen", sagte Manager Thomas Linke, es ging dabei aber eher um das Problem, dass Tisserand wohl für die Demokratische Republik Kongo beim Afrika-Cup spielen wird. Roger allerdings soll auch umworben werden, von einem Klub aus Brasilien und dem Zweitligisten TSV 1860 München.

Am Sonntag wird er wohl wieder für Ingolstadt verteidigen, nach muskulären Problemen unter der Woche ist er einsatzbereit. Und dass Roger Ingolstadt im Sommer mit Auslaufen seines aktuellen Vertrages verlässt, ist eher unwahrscheinlich. Dem 31 Jahre alten Brasilianer liegt nach Informationen der Bild-Zeitung ein Angebot vor, für drei weitere Jahre beim FCI zu unterschreiben. Es klang nach allem, nur nicht nach Abschied, was Roger nach dem Spiel gegen Leipzig sagte, immer wieder: "Ich bin so froh."

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