Leverkusen-Gegner Lazio Rom:Mit Klose, aber ohne Tarzan

Miroslav Klose

Weiterhin der populärste Spieler im Lazio-Trikot: Weltmeister Miroslav Klose, 37, der in der Vorsaison bei 34 Liga-Einsätzen 13 Tore erzielte.

(Foto: Maurizio Brambatti/dpa)
  • In der Qualifikation zur Champions League fordert Lazio Rom Bayer Leverkusen heraus.
  • Bei den Italienern soll Miroslav Klose für Tore sorgen.
  • Doch der Klub muss sich demnächst neu erfinden.

Von Birgit Schönau, Rom

Zu behaupten, Lazio sei besorgt vor dem Playoff-Hinspiel um die Champions-League-Qualifikation gegen Bayer Leverkusen, wäre sträflich untertrieben: Es herrscht die reine Panik.

Daran ändert auch das 10:0 im letzten Testspiel nichts. "Wir sind jetzt bereit für Bayer", tönte der Brasilianer Felipe Anderson danach. Er war jedoch der Einzige, der sich öffentlich so weit aus dem Fenster lehnen wollte - nach diesem glänzenden Sieg über die eigene Jugendmannschaft, für den sich Torwart Federico Marchetti derart engagierte, dass er sich zwei Rippen brach. Vom Spielfeldrand hatte Trainer Stefano Pioli geschrien: "Zeigt mir, wer Dienstag dabei sein will!" Marchetti, Spitzname "Tarzan", wird wohl nicht dabei sein. Ebenso wie Filip Djordjevic, serbischer Nationalspieler und bärenstarker Angreifer.

Felipe Anderson wird deshalb an diesem Dienstag gegen Leverkusen dringend gebraucht. Der 22-jährige Mittelfeldspieler ist Debütant im europäischen Wett- bewerb, so wie fünf weitere Teamkollegen. Die halbe Lazio-Mannschaft besteht aus Greenhorns, auch Trainer Stefano Pioli hat nicht allzu viel Europapokal-Routine. Seit Pioli, 49, in der Rückrunde der vorigen Saison eine beeindruckende Aufholjagd gelang, die Lazio mit Platz drei und im italienischen Pokalfinale abschloss (1:2 gegen Juventus Turin), erwartet man vom Coach immer neue Wunder. Doch beim Spiel um den Ligapokal gegen Meister und Pokal- sieger Juventus jüngst in Shanghai war vom erfrischenden Offensivfußball nichts mehr zu sehen. Nahezu widerstandslos ergab sich Lazio den Turiner Routiniers (0:2).

Nach einer bescheidenen Karriere als Fußballprofi arbeitet Pioli bereits seit 17 Jahren als Trainer. Elf Stationen absolvierte er in der Provinz, bevor er vor Jahresfrist in Rom anheuerte und für sein Jahressalär von 650 000 Euro beachtliche Arbeit ablieferte. Viel Gewinn für wenig Geld, ganz nach dem Geschmack des Klub- eigners Claudio Lotito, einem Reinigungsunternehmer, dem auch der süditalienische Zweitligist US Salerno gehört. Anstatt Spielern kauft Lotito lieber ganze Vereine.

Das ist billiger und besser für seine Putz- kolonne, die Wachdienste und die Catering-Firma, die alle fast nur für die öffentliche Hand wirbeln. Im Wettbewerb um die Aufträge von Regionalverwaltungen und städtischen Krankenhäusern sind Verbindungen aus dem Fußball-Kosmos äußerst hilfreich. Lotito engagiert sich deshalb zudem als Funktionär in Italiens Fußballverband Federcalcio. Weltläufigere Kollegen wie Juve-Chef Andrea Agnelli verabscheuen ihn.

Lotito juckt das nicht. Die Agnellis haben gerade den Löwenanteil der Wirtschaftszeitung The Economist gekauft; Lotito hat seinen Fans einen echten Adler namens "Olimpia" spendiert, der vor jedem Heimspiel über das Stadion segelt. Schon Roms Stadtgründer Romulus wusste die Zeichen des Vogelflugs zu deuten.

Krawallbrüder in der Kurve

Zum Bayer-Konzern verhält sich der Unternehmer Lotito wie die Lazio-Jugendmannschaft zum FC Barcelona. In einer unnachahmlich rustikalen Mischung aus Dialekt und Küchenlatein kommuniziert der passionierte Römer am liebsten auf drei Handys gleichzeitig, im Büro seiner fürstlichen Residenz an der Via Appia Antica.

Dort wird Lotito Tag und Nacht von Leibwächtern behütet, seit ihn die rechtsradikalen "Irriducibili"-Ultras mit Morddrohungen verfolgt haben. Der geschäftstüchtige Patron hatte den Faschos zuvor die Lizenz für deren Handel mit Lazio-Devotionalien entzogen. Wo die Kurven-Krawallbrüder politisch stehen ist Lotito ziemlich schnuppe, aber wenn's um Geld geht, hört die Freundschaft auf.

Champions League

Playoffs, Hinspiele

Dienstag, 18. August

Lazio Rom - Bayer Leverkusen 20.45 Uhr / ZDF und Sky

FK Astana - APOEL Nikosia 18.00 Uhr

Manchester United - FC Brügge 20.45 Uhr

Sporting Lissabon - ZSKA Moskau 20.45 Uhr

BATE Borissow - Partizan Belgrad 20.45 Uhr

Mittwoch, 19. August

Rapid Wien - Schachtjor Donezk 20.45 Uhr

FC Valencia - AS Monaco 20.45 Uhr

Skenderbeu Korce - Dinamo Zagreb 20.45 Uhr

Celtic Glasgow - Malmö FF 20.45 Uhr

FC Basel - Maccabi Tel Aviv 20.45 Uhr

Rückspiele: 25./26. August

Das bekommen auch seine Spieler zu spüren. Zwar hielt Lotito an seinem Veteran Stefano Mauri, 35, fest, trotz Mauris Untersuchungshaft und einer Spielsperre wegen verdächtiger Kontakte zur Wett- mafia. Doch wer nicht mitsparen will, muss eigentlich gehen. Auch für Miroslav Klose, den mit Abstand populärsten Mann im Team, wollte der Präsident zunächst keine Ausnahme machen. In seinem letzten Jahr bei Lazio sollte Kloses Gehalt auf Lotitos Geheiß halbiert werden.

Man weiß nicht genau, was aus der Drohung geworden ist. Man weiß jedoch, dass Klose in Rom längst Wurzeln geschlagen hat: Seine Zwillinge gehen auf die deutsche Schule und spielen bereits Fußball im Lazio-Trikot. Bis 2016 bleibt der nun schon 37 Jahre alte Weltmeister ganz bestimmt - als einziger Spieler mit viel Ruhm und Meriten.

Zwar müht sich der Klub angeblich um den Italiener Mario Balotelli (FC Liverpool) und den Brasilianer Pato (Corinthians São Paulo). Um die beiden Offensivkräfte zu erwerben, benötigt Lotito jedoch das Geld aus der Champions-League-Kasse. Oder aus dem Verkauf von Lucas Biglia. Der 29-jährige Mittelfeldspieler wird angeblich von Manchester United und Real Madrid umworben, die Engländer sollen bereits 30 Millionen Euro für Biglia bieten.

Prompt erhöhte Lotito die Verhandlungsbasis auf 40 Millionen. Trainer Pioli will Biglia unbedingt behalten und machte ihn deshalb kürzlich zum Kapitän. Neben Klose und Mauri zählt der Argentinier, der sieben Jahre beim RSC Anderlecht absolvierte, zu den routinierten Kräften im Team. Und Routine erscheint derzeit schon als das größte Kapital, das Lazio in das Duell mit Leverkusen investieren kann.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: