Leverkusen - Berlin (15.30 Uhr):Rückkehr des Triebwerks

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Von ihm könnte der Leverkusener Erfolg in der Rückrunde maßgeblich abhängen: der wieder genesene Karim Bellarabi. (Foto: Mika Volkmann/Getty Images)

Nach einer verheerenden Hinrunde setzt Leverkusen auf den genesenen Karim Bellarabi.

Von Ulrich Hartmann, Leverkusen

Wer bei Facebook der Social-Media-Kultur frönt, hat für sein Profilfoto die Qual der Wahl. Ein einziges Bild soll möglichst viel verraten über einen selbst. Karim Bellarabi hat zurzeit ein Foto von sich ausgewählt, auf dem er vor dem Triebwerk eines Flugzeugs zu sehen ist. Ein Triebwerk ist eine gute Metapher für Bellarabis Fußball. Er ist als Flügelstürmer einer der schnellsten Spieler der Bundesliga. Das Triebwerk auf Bellarabis Profilfoto steht still, und das ist wiederum eine gute Metapher für das Jahr 2016 im Leben des Fußballprofis.

Am 1. Juni war Bellarabi vom Bundestrainer Joachim Löw im finalen Selektionsverfahren wegen muskulärer Problemen aus dem Kader für die Europameisterschaft in Frankreich gestrichen worden - am 10. September hat er sich im zweiten Saisonspiel gegen den Hamburger SV nach zehn Sekunden einen Muskelbündelriss zugezogen, der ihn bis zum Ende des Jahres außer Gefecht gesetzt hat. Wenn an diesem Sonntag das Fußballjahr 2017 mit dem Heimspiel gegen Hertha BSC beginnt, dann wirft Bellarabi sein Triebwerk wieder an. Er verbindet mit seinem 113. Bundesligaspiel besondere Hoffnungen. Es ist ein fußballerisches Lebenszeichen.

Bayer Leverkusen braucht sein Triebwerk namens Bellarabi mit der Seriennummer 38 dringend zurück. Die Mannschaft hat das Kalenderjahr als Neunter beendet mit 21 Punkten, es ist nicht klar, wo das noch hinführen soll in dieser Saison: Champions League? Europa League? Oder geht der international etablierte Klub in diesem Jahr leer aus bei der Vergabe der kontinentalen Startplätze? Es liegt einiges im Argen in Leverkusen, das geht mit dem durchaus umstrittenen Trainer Roger Schmidt los und hört bei Verletzungsproblemen in der Offensive auf. Kevin Volland fällt an diesem Wochenende mal wieder aus, Stefan Kießling ist nicht ganz fit, Joel Pohjanpalo gilt weiterhin nicht gerade als Startplatzkandidat. Bloß Javier "Chicharito" Hernandez ist - trotz einer gleichfalls schwachen Hinrunde - gesetzt.

"So wichtig wie Robben oder Ribéry für den FC Bayern"

Da hilft es, dass wenigstens auf den Außenpositionen die volle Auswahl herrscht: Neben Hakan Calhanoglu, Julian Brandt, Admir Mehmedi und Kai Havertz ist Bellarabi dort nicht nur Alternative, sondern klare erste Wahl. "Er ist für uns so wichtig wie für die Bayern Arjen Robben oder Franck Ribéry", sagt Sportchef Rudi Völler und erhebt den 26 Jahre alten, elfmaligen Nationalspieler zu einer Schlüsselfigur für eine erfolgreiche Rückrunde.

Dabei ist der Winter nicht gerade Bellarabis favorisierte Jahreszeit. Das darf man aus seinem Minifragebogen im Bayer-Saisonheft durchaus schlussfolgern, wenn er in der Rubrik 'Urlaubsort' Miami mit dem gehobenen und Alaska mit dem gesenkten Daumen bewertet. Miami-Feeling hatten die Leverkusener kürzlich, sie waren nämlich in Orlando/Florida im Wintertrainingslager. Das ist zwar angenehm, aber eine durchaus fragwürdige Vorbereitung aufs winterliche Deutschland. Simulation à la Miami - Ernstfall à la Alaska. Da darf man auf Bellarabis Einstand gespannt sein.

Für den Trainer Schmidt verbindet sich mit Bellarabis Rückkehr die Hoffnung auf Schubkraft im Offensivspiel. "Hohe Geschwindigkeit war früher schon wichtig, aber heutzutage ist sie ganz entscheidend, besonders gegen tief stehende Gegner", sagt Schmidt. "Wir sind froh, dass uns Karim mit seiner Power wieder zur Verfügung steht, zumal uns dieser Schlüssel in der Hinrunde oft gefehlt hat." Beim 2:1-Sieg im Vorbereitungsspiel gegen den Zweitligisten VfL Bochum am vergangenen Dienstag hat Bellarabi in einem 45-minütigen Einsatz schon zeigen können, was seiner Mannschaft zuletzt so gefehlt hatte. Bayers Triebwerk ist wiederhergestellt, auf die Wirkung von Bellarabi ist die ganze Branche einschließlich des Bundestrainers Löw äußerst gespannt.

© SZ vom 22.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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