Leverkusen - Berlin:Gegen die Großen wächst die Hertha

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Berliner Bollwerk: In Leverkusen blieb die Hertha ohne Gegentor – bei einem indirekten Freistoß im Strafraum auch mal mit zehn Verteidigern auf der Linie. (Foto: Bernd Thissen/dpa)

Beim 2:0 bei Bayer zeigt sich die taktische Vorliebe der Herthaner für spielstarke Gegner.

Wenn man so will, kann sich Bayer Leverkusen auch in der Niederlage geschmeichelt fühlen. Denn die Berliner Hertha hat in dieser Saison beharrlich gut ausgesehen, wenn sie sich mit den besseren Mannschaften der Bundesliga gemessen hat. Unter anderem zählt Hertha zu den wenigen Teams, die dem FC Bayern in dieser Saison Punkte abgenommen haben; beim 2:2 aus dem Oktober war Carlo Ancelotti gerade entlassen worden und Jupp Heynckes noch nicht Trainer. Im Dezember siegte die Hertha in Leipzig 3:2. Und nun schaffte sie in Leverkusen ein 2:0.

Für Hertha BSC war das der erste Sieg im neuen Jahr, zuvor hatte es eine Niederlage und drei Unentschieden gegeben, darunter bei Borussia Dortmund, auch irgendwie ein Spitzenteam. "Es ist einfacher für uns, wenn wir nicht das Spiel machen müssen", sagte Defensivspieler Fabian Lustenberger. Den Leverkusenern taten die Berliner damit keinen Gefallen, sie entnervten sie: "Wir haben die Hertha zu den Toren eingeladen", sagte Bayer-Profi Sven Bender.

Leverkusens Trainer Heiko Herrlich hatte nach dem Einzug ins Pokal-Halbfinale gegen Werder Bremen (4:2) auf gleich fünf Positionen rotiert, die 120 Minuten spielten dennoch eine Rolle. Seine Mannschaft war mental nicht auf der Höhe: "Nach so einem Kraftakt fehlte uns ein bisschen die Frische im Kopf", betonte Herrlich nach einem schwachen, mit Unkonzentriertheiten gespickten Auftritt - zur Freude Herthas. Man habe die Müdigkeit des Gegners bewusst ausgenutzt, "mit Pressing kann man den Gegner dann gut unter Druck setzen", sagte Herthas Coach Pal Dardai.

Torschütze Lazaro freut sich schon auf das Spiel beim FC Bayern

Exemplarisch war das beim 1:0 durch Valentino Lazaro zu sehen (43. Minute), dem ein Leverkusener Ballverlust im Mittelfeld vorausging. Lazaro gab das Geschenk umgehend weiter: "Ich schenke das Tor meiner Mutter Tina, die hat heute Geburtstag", sagte der Österreicher nach seinem ersten Treffer für die Berliner, "es fühlt sich großartig an, endlich für Hertha getroffen zu haben." Beim zweiten Gegentreffer patzte Bayers Nationalspieler Jonathan Tah, Salomon Kalou erhöhte (72.). Leverkusen rutschte damit im engen Rennen um die internationalen Plätze von Platz zwei deutlich ab. RB Leipzig, Borussia Dortmund und Eintracht Frankfurt zogen vorbei. Die Hertha steht nur noch fünf Zähler hinter Leverkusen auf Rang elf.

Daran konnte auch eine Szene nichts ändern, die um Einiges kurioser war als die Karnevals-Kostüme diverser Leverkusener Fans auf den Rängen: In der 72. Minute entschied Schiedsrichter Ittrich auf indirekten Freistoß im Hertha-Strafraum. Grund: Leverkusens Kevin Volland hatte den Ball nach einer Verletzungspause fair zum Berliner Torwart zurückgespielt. Jarstein stoppte den Ball erst mit den Händen, legte ihn sich dann auf den Fuß und nahm ihn erst einige Sekunden wieder auf. "Ich wusste nicht, dass ich das so nicht machen kann. Ich habe den Ball erst nur berührt, nicht festgehalten. Ich habe das so mein ganzes Leben gemacht und nie hat jemand gepfiffen", sagte Jarstein: "Jetzt kenne ich diese Regel. Zum Glück ist nichts passiert."

Denn den Schuss von Leon Bailey konnte Lustenberger auf der Linie klären, anschließend traf Volland nur den Querbalken: "Da hätte das Spiel vielleicht noch kippen können", wusste Hertha-Coach Dardai. Nun will der Ungar am Freitag mit seiner Mannschaft nachlegen. Im Olympiastadion empfängt Hertha den FSV Mainz 05, der arg im Abstiegskampf verstrickt ist. Achtungserfolge gegen Branchengrößen seien schön und gut, befand Lazaro. Aber: "Ab und zu sollten wir dann auch mal gegen die Kleinen gewinnen."

Sollte das nicht gelingen, ist immerhin dafür gesorgt, dass Hertha bald wieder gegen eine Großmacht der Liga spielt: "Das nächste Auswärtsspiel ist bei den Bayern", frohlockte Lazaro mit Blick auf die Partie in München am 24. Februar, "schauen wir mal, was da geht."

© SZ vom 12.02.2018 / SZ, DPA, SID - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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