Leverkusen:Angler in der Zentrale

Der aus Dortmund gekommene Kevin Kampl prägt beim 3:1-Sieg in Frankfurt das Leverkusener Spiel. Und der Mexikaner Chicharito arbeitet weiter an seiner erstaunlichen Torquote und steuert zwei Treffer bei.

Von Johannes Aumüller, Frankfurt

Noch sind sich die Kenner des Sports nicht ganz einig, aber der erlauchte Kreis um Miroslav Klose und Horst Hrubesch könnte bald Verstärkung bekommen. An Klose schätzen die Experten, dass er mit seinem Instinkt den Barschen und Huchen dieser Welt so geschickt zu Leibe rückt wie des Gegners Abwehr, Hrubesch ist seit seinem Standardwerk "Dorschangeln vom Boot und an den Küsten" vor dreieinhalb Dekaden eine feste Größe in der Szene. Doch seit Neuestem strebt neben die beiden ruhigen Mittelstürmer ein eher extravaganter Akteur auf die kurze Liste der Angelsport-affinen Kicker. Kevin Kampl, 25, mag nicht nur wechselnde Frisuren, schnelle Autos und diverse Tätowierungen an seinem Körper. Sondern auch Kochen ("meine Soßen sind wirklich gut") und eben Angeln: Dafür nehme er sich schon mal fünf Stunden Zeit, teilte er mit.

Ob das reicht, um die Künste Kloses und Hrubeschs zu erreichen, sei dahingestellt. Aber dass Kampl ein ungewöhnlich guter Fußballer ist, haben die Verantwortlichen seines Klubs Bayer Leverkusen beim 3:1 in Frankfurt genüsslich zur Kenntnis genommen. Diesen Sieg hatten sie dringend gebraucht nach den drei Niederlagen vor der Länderspielpause, und so trabte Sportdirektor Rudi Völler nachher mit der Erfahrung von ein paar Hundert Bundesligaspielen zum Frankfurter Finanz-Vorstand Axel Hellmann und teilte kennerhaft mit: Jetzt reden wieder alle über Chicharito wegen seiner beiden Treffer, aber überragend war doch eigentlich der Kevin Kampl. Und Axel Hellmann, der nicht ganz so viele Bundesligaspiele erlebt hat, nickte anerkennend und musste neidvoll bestätigen: Solche Spieler haben wir einfach nicht.

Hellmann war der Verdruss über die Lage deutlich anzumerken. Die Frankfurter beklagen viele Verletzte und Gesperrte, und müssen einsehen, dass ihr Blick eher nach unten denn wie erhofft in Richtung Europapokal-Plätze geht. Zu unkonstant tritt die Eintracht auf, zu schwach ist der Kader in der Breite besetzt. Und einen wie Kampl haben sie in der Tat nicht.

Mit Christoph Kramer bildet Kampl ein zupackendes Duo

Kampl und Leverkusen, das ist eine ungewöhnliche Geschichte. 13 Jugend- und Amateurjahre verbrachte er dort, dann ließen sie ihn 2011 gehen, weil er ihnen nicht stark genug erschien. Bei der Rückkehr im Spätsommer fragte sich bei Bayer intern mancher, ob der slowenische Nationalspieler die elf Millionen Euro Ablöse an Dortmund rechtfertigt - wo er in der ersten Jahreshälfte zwar als fleißig, aber sonst nicht besonders aufgefallen war. Doch Trainer Roger Schmidt wollte Kampl unbedingt, die beiden kannten sich aus Tagen bei RB Salzburg und haben eines dieser speziellen Trainer-Spieler-Verhältnisse. Schmidt beorderte Kampl vom Flügel auf eine passendere Position in die Zentrale, und dieser erwies sich als der erwartet gelehrige Jünger, der das macht, was der Trainer verlangt. Von Spiel zu Spiel steigerte sich Kampl, bis er gegen Frankfurt besonders glänzte: Da war er der Angler, der dem Gegner den Ball wegfischte - und ebenso der Koch, der das eigene Spiel mit guten Ideen und Dribblings würzte. Vor dem 1:0 eroberte er den Ball, zum 3:1 gab er die Vorlage.

Mit Christoph Kramer bildet Kampl gerade ein Duo, das sich vor kaum einem anderen zentralen Mittelfeld der Liga verstecken muss. Fraglich ist nur, wie lange das so hält. Denn bald drängt Bayers Kapitän Lars Bender nach seiner Verletzung auf diesen Posten zurück. Aber in seiner jetzigen Verfassung würde es Kampl wohl auch nichts ausmachen, wieder auf den Flügel zu wechseln.

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