Leipziger Niederlage:Papa Hrubesch

RB Leipzig vs SV Hamburg, Germany - 11 Feb 2017

Furcht erregende Präsenz: Hamburgs Innenverteidiger Kyriakos Papadopoulos (links) wuchtet den Ball per Kopf ins Leipziger Tor.

(Foto: Filip Singer/EPA)

Der HSV bringt den Aufsteigern aus Leipzig ihre erste Heimniederlage bei. Maßgeblich daran beteiligt: Leipzigs ehemaliger Innenverteidiger Kyriakos Papadopoulos.

Von JAVIER CÁCERES, Leipzig

Es hat sich im bezahlten Fußball seit einiger Zeit eingebürgert, die Freude zu unterdrücken. Man sieht es immer wieder: Spieler, die von A nach B verscherbelt wurden, um dann noch bei C und D zu landen, erzielen ein Tor gegen einen ihrer früheren Vereine - und versagen sich dann jeden Anflug von Enthusiasmus. Stattdessen machen sie beschwichtigende Handbewegungen gen Tribüne, nach dem Motto: Sorry, Leute, war nicht so gemeint! Ich hab die Millionen, die ich Dank Eurer Emotionen verdient habe, nicht vergessen!

Kyriakos Papadopoulos, nunmehr beim Hamburger SV aktiv, ist da anders. Vielleicht, weil er als gelernter Innenverteidiger zu selten eigene Tore zu feiern hat, als dass er auf die Freude darüber verzichten wollte. Vielleicht ist ihm einfach auch nur Heuchelei zuwider. Am Samstag jedenfalls traf er gegen seinen Ex-Verein, RB Leipzig. Und er tat sich keinen Zwang an, als es darum ging, Gefühle zu zeigen; im Gegenteil: Er ließ ihnen freien Lauf. Später, als er vom Feld gekommen war und der 3:0-Sieg des HSV feststand, den er mit seinem Kopfballtor (18.) eingeleitet hatte, fand er nichts dabei, einzugestehen, dass es ihm ein Fest gewesen sei. Denn in Leipzig hatte er in der Hinrunde der laufenden Saison ein Semester verlebt, dass er gerne streichen würde.

"Bei Leipzig hat es nicht für mich gepasst", sagte Papadopoulos, der dort nur 27 Minuten spielen durfte. "Natürlich war es deshalb für mich etwas Besonderes, heute hier zu spielen. Ich wollte unbedingt gewinnen und zeigen, was ich kann", sagte der Grieche, der sich im Trikot mit der Nummer 9 als bester HSV-Mittelstürmer seit Horst Hrubesch geriert.

Was Papadopoulos kann, reduziert sich beileibe nicht nur auf die Gabe, Bälle mit Gewalt ins gegnerische Tor zu köpfeln - wie er es schon in der Vorwoche beim 1:0 gegen Leverkusen tat, dem Verein, dem er formal gehört (an Leipzig war er, wie nun an den HSV, nur ausgeliehen). Papadopoulos ist eine der Säulen einer runderneuerten Defensive, die den HSV wie ausgewechselt wirken lassen. Wie gut der neue Hamburger Damm steht, illustrieren beeindruckende Zahlen: Seit 313 Minuten hat der HSV kein Gegentor kassiert, aus den letzten sieben Spielen holten die Hanseaten fünf Siege. Resultat: Am Wochenende konnte der HSV den Relegationsplatz verlassen.

Dass gerade das Fundament der Elf so sicher steht, verblüfft. Nicht nur Papadopoulos ist neu, auch sein Partner in der Innenverteidigung, Mergim Mavraj, ist erst im Januar von Köln an die Elbe gestoßen. Dazu kommt der brasilianische Olympiasieger Walace, der vor der Abwehr agiert - und am Samstag das wichtige 2:0 erzielte, ebenfalls per Kopf nach einer Ecke (24.).

Leipzig wirkt geschwächt - auch von der dort grassierenden Grippe

"Es ist uns nicht schwer gefallen, uns aufeinander abzustimmen", sagte Mavraj. Walace staunt zwar noch über die "Intensität, Schnelligkeit und körperliche Größe" der Profis in Deutschland. Auf dem Rasen aber agiert der 21-Jährige mit einer "Ruhe und Abgeklärtheit", die Mavraj Anerkennung abverlangt: "Hut ab!" Dass er selbst in der Innenverteidigung mit Papadopoulos harmoniert, führt Mavraj auf komplementäre Tugenden zurück: "Papa ist risikofreudiger, ich bin derjenige, der ihn absichert, ihm gut zuspricht und ihn wieder runterholt. Ich bin der Abgeklärtere von uns beiden." Ein Zufall, dass die neuen Teile sich so fügen? "Nein", sagt Mavraj, "man merkt, dass sich die Verantwortlichen etwas dabei gedacht haben, als sie den Kader zusammenstellten." Klub-Boss Heribert Bruchhagen wollte seine Freude darüber, dass die Zugänge so gut eingeschlagen haben, nicht verhehlen. Mit Blick auf das viele verbrannte Geld der Vergangenheit sagte er: "Es war ja auch mal an der Zeit...".

Für die Leipziger war das 0:3, das Aaron Hunt in der Nachspielzeit perfekt machte, die erste Heimniederlage der Saison. Allerdings bleiben sie auf dem zweiten Tabellenplatz, mit nun sieben Punkten Rückstand auf den FC Bayern. "Rein tabellarisch" sei die erste Heimpartie ohne Torerfolg "kein Drama", sagte RB-Sportdirektor Ralf Rangnick. Ein paar Gedanken machen sie sich in Leipzig dennoch, nicht nur über die Vorfälle der Vorwoche beim 0:1 in Dortmund. Rangnick führte auch die in Leipzig grassierende Grippe ins Feld: "Gerade die, die letzte Woche krankheitsbedingt gefehlt haben, waren heute nicht mal bei 80 Prozent. Geschweige denn bei 100 Prozent", argumentierte er. Trainer Ralph Hasenhüttl übte sich wiederum in Selbstkasteiung: "Wir haben kollektiv versagt, aber wir sind auch nur Menschen", sagte er. Bis zum Samstag sollen aus körperlich angegriffenen wieder kerngesunde Profis werden. Leipzig tritt in Mönchengladbach an und sei dazu gezwungen, "wieder Ergebnisfußball zu liefern", so Hasenhüttl.

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