Leipzig schlägt Frankfurt:Poetische Gerechtigkeit

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Leipzig dominiert beim 2:1-Sieg den Gegner und ist am Ende doch auf Glück angewiesen.

Von Javier Cáceres, Leipzig

In der 87. Minute hielt die Partie von RB Leipzig und Eintracht Frankfurt noch einen Moment poetischer Gerechtigkeit bereit. Ein Kopfball von Simon Falette flog in Richtung des Leipziger Tores, und als der Ball vom Pfosten zurückprallte, traf er Leipzigs Torwart Peter Gulacsi irgendwo zwischen Gesäß und Knie. Es hätte also nicht viel gefehlt, und Eintracht Frankfurt wäre noch auf diese, nachgerade komödiantische Weise zu einem späten Ausgleich gekommen, der viel von dem auf den Kopf gestellt hätte, was sich zuvor in Leipzig abgespielt hatte. Doch von Gulacsis Körper flog der Ball ins Toraus, und es blieb durch die Treffer von Leipzigs Sturmduo Jean-Kévin Augustin und Timo Werner (und das Frankfurter Anschlusstor durch Ante Rebic) beim 2:1-Sieg für die Platzherren. RB Leipzig kann damit nach drei sieglosen Spielen (gegen den AS Monaco, Borussia Mönchengladbach und in Augsburg) mit einiger Selbstgewissheit zum Champions-League-Auswärtsspiel bei Besiktas Istanbul reisen.

Was diese Geste heißen soll, muss Jean-Kévin Augustin erst einmal erklären. Der junge Franzose staubte zum 1:0 für Leipzig ab. (Foto: Stuart Franklin/Getty Images)

Kurz vor der Partie hatte Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl einen kuriosen statistischen Wert erfahren. Noch nie hatte RB Leipzig ein Spiel ohne seinen zurzeit gesperrten - und überdies verletzten - Mittelfeldspieler Naby Keita gewonnen. Am Samstag saß Keita auf der Tribüne, mit rotem Hut und gleichfalls rotem Sakko. Was er dort in den ersten 45 Minuten der Partie sah, muss in ihm die Überzeugung wachsen lassen haben, dass Eintracht-Trainer Niko Kovac seiner Mannschaft eine völlige Verweigerungshaltung aufgetragen hatte. Das sollte Kovac später relativieren. Dass eine Mannschaft "nach vorne hin nicht so präsent" war und es schaffte, nicht ein einziges Mal aufs gegnerische Tor zu schießen, "das war so nicht geplant", erklärte der frühere kroatische Nationalspieler. Zwar gestand er ein, dass sein Team durchaus tiefe Schützengräben ausheben sollte. Doch den Grund dafür, dass seine Eintracht kaum über die Mittellinie kam, sei auch den Leipzigern geschuldet gewesen. "Der Druck von RB Leipzig war enorm am Anfang", sagte Kovac.

Boateng spielt einen Rückpass mit fatalen Folgen

Immerhin konnte sein Team eine knappe halbe Stunde insofern zu der Überzeugung gelangen, dass die ultradefensive Grundhaltung Erfolg zeitigen konnte, als das Spiel zwar hauptsächlich vor dem Strafraum der Frankfurter stattfand - die Leipziger aber kaum zu wirklichen Chancen kamen. Ein Schuss von Marcel Sabitzer aus 15 Metern blieb im Gestrüpp der Frankfurter Beine hängen (14.), und in der 21. Minute schlug der rührend arbeitsame Timo Werner nach einer famosen Vorlage von Emil Forsberg im Strafraum der Frankfurter ein Luftloch. Erst eine Verletzung setzte das Frankfurter Bollwerk außer Gefecht. Kevin Prince Boateng musste den Schweizer Mittelfeldspieler Gelson Fernandes ersetzen - und er fügte sich mit einem Rückpass ein, der fatale Folgen haben sollte.

Ein Habicht im Strafraum: Wenn Timo Werner eine Lücke sieht, schießt er – gegen Frankfurt traf er zum 2:0 per schönem Drehschuss. (Foto: Hendrik Schmidt/dpa)

Torwart Lukas Hradecky konnte den Pass zwar erlaufen, drosch ihn aber mit seinem schwachen linken Fuß nicht weit genug ins Feld zurück. Ein Leipziger fing den Ball noch vor der Mittellinie ab, passte ihn auf Werner, dessen Schuss von Hradecky bloß abgeklatscht werden konnte. Der Abpraller landete vor den Füßen von Leipzigs französischem Stürmer Augustin, der vor 40 000 Zuschauern mühelos abstaubte.

Werner trifft per Drehschuss

Erst nach der Pause öffnete sich Frankfurt - und begünstigte dadurch zunächst die Versuche Leipzigs, die Partie frühzeitig zu entscheiden. Weil Spielmacher Forsberg aber erst mit einem Schuss an den Außenpfosten (51.) und einem von Hradecky brillant parierten Freistoß aus 18 Metern Pech hatte, blieb es Werner vorbehalten, das 2:0 zu erzielen - mit einem beeindruckenden Drehschuss an den langen Pfosten (68. Minute). Wenige Minuten zuvor hatte Marcel Halstenberg mit einem spektakulären Scherenschlag im Fünfmeterraum vor dem Frankfurter Julian de Guzman gerettet.

Darauf eine Faust: Torschütze Ante Rebic (l.) und Jonathan de Guzman jubeln nach dem Anschlusstreffer zum 2:1. (Foto: dpa)

Die Eintracht kam durch den eingewechselten Rebic zwar noch zum Anschlusstreffer, der Kroate musste einen Pass von Marius Wolf aus kurzer Distanz nur über die Linie drücken (77.). Doch auch wenn sich die letzte Gefahrensituation durch Falettes Kopfball vor dem Tor der Leipziger abspielte, hatten die Frankfurter auch einiges Glück, dass Sabitzer nur die Querlatte traf (81.) und Forsberg kurz vor Schluss nur knapp verzog. "Nach den drei Spielen war es wichtig, mal wieder einen Dreier zu holen, auch für den Kopf", sagte Ralph Hasenhüttl - vor allem mit Blick auf die Reise in die Türkei.

© SZ vom 24.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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