Leipzig:"Blutung stillen"

RB ist nach schweren Wochen froh über ein 1:1 in Bremen. Auch die Gastgeber können mit dem Remis gut leben, findet Werder-Trainer Kohfeldt.

Von Jörg Marwedel, Bremen

Kevin Kampl war froh, "dass wir diese schwere Woche mit Riesen-Rückschlägen hinter uns haben". Für Leipzigs Trainer Ralph Hasenhüttl war es vor allem wichtig, "die Blutung zu stillen" nach den neun Gegentoren gegen Leverkusen (1:4) und in der Europa League in Marseille (2:5). Willi Orban hat das 1:1 bei Werder Bremen dann auch als "Punktgewinn" abgelegt und sich auf zwei freie Tage gefreut. Man müsse positiv bleiben, sagte der Kapitän, trotz der nun vier Zähler Rückstand auf einen Champions-League-Platz. Man habe jetzt "vier Endspiele" vor sich, merkte er an. Und Hasenhüttl rechnete vor, die gerade mal zwei Punkte, die man in der Hinrunde gegen die kommenden Gegner Hoffenheim, Mainz, Wolfsburg und Hertha BSC erkämpft habe, würden nicht reichen für das Ziel Königsklasse: "Wir haben noch ein paar Rechnungen zu begleichen."

"Abwarten ist nicht unser Ding", lernt der Trainer Hasenhüttl

Die durchaus spektakuläre Partie in Bremen hatte eine schlechte und eine gute Nachricht aus Leipziger Sicht. Die schlechte war, dass man offenbar nur ein System kann. Die Taktik des Fußballlehrers Hasenhüttl, nach den aufwendigen und wenig erfolgreichen Spielen etwas Kraft zu sparen, wäre beinahe schiefgegangen. Mit einer Dreierkette auf die Angriffe der Bremer zu warten und selbst ungewöhnlich wenig zu pressen, ging nach hinten los. Werder hätte bis zur Pause nicht nur 1:0 führen können (Abstauber Niklas Moisander nach Lattenkracher Max Kruse; 29.). Das Fazit des Coaches: "Abwarten ist nicht unser Ding."

Die gute Nachricht aber kam nach der Pause, als die zuvor so schlappe Elf mit einer Umstellung auf die Viererkette und der Einwechslung von Ademola Lookman für Dominik Kaiser plötzlich den Stress aus den Köpfen fegte. Nun setzten die Leipziger die Werder-Elf wie in besten RB-Zeiten unter Druck. Neben dem Ausgleichstreffer durch den 20-jährigen Engländer Lookman (50.) wirbelte auch Timo Werner die Bremer Abwehr durcheinander, als müsse er Bundestrainer Joachim Löw noch einmal beweisen, dass er ihn auch wirklich zur WM mitnehmen muss. Zweimal verpasste er einen Treffer nur knapp. Auch Emil Forsberg vergaß, dass er die Belastung der missratenen Spiele anfangs noch im Kopf hatte, und drehte unerwartet auf.

Es ist also doch noch halbwegs gut gegangen für die gestressten Leipziger, die 75 Minuten auf Regisseur Naby Keita verzichtet hatten. Es hätte aber auch noch missglücken können. Denn die Bremer, die auch im zehnten Heimspiel unter Trainer Florian Kohfeldt daheim ungeschlagen blieben, hatten noch einmal eine große Szene, die den Sieg hätte bringen können: Abwehrchef Moisander schickte Ishak Belfodil in der 87. Minute los, der umspielte Bernardo und schoss. Den von RB-Keeper Peter Gulacsi abgewehrten Ball köpfelte der nach vorn gestürmte Moisander knapp am Tor vorbei. Und in der Nachspielzeit war Belfodil nach einem Eckball von Kruse noch einmal mit dem Kopf gefährlich.

Dass sein Team gegen einen Gegner dieser Klasse bis zur letzten Sekunde noch das Siegtor erzielen wollte, daran könne man die Fortschritte sehen, sagte der Werder-Trainer Kohfeldt und ergänzte: "Es freut mich für die Fans. Ich bin schließlich selber einer."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: