Doping
Doping ist eine tückische Plage. Man kann es von den Zuschauerrängen aus schlecht sehen. Und wenn man es doch sieht, weil eine Athletin zum Beispiel gar nicht mehr wie eine Athletin aussieht, sondern wie ein schwedischer Möbelpacker, oder weil frühere Durchschnittsläufer plötzlich meilenweit vorauslaufen, darf man nie vergessen, seine Anklage im Konjunktiv vorzubringen - es ist ja nichts bewiesen.
Mit den Doping-Beweisen wiederum ist das so eine Sache. Experten sprechen von 80 nicht nachweisbaren Varianten allein für das Blutdopingmittel Epo. Von möglichen Designersteroiden oder Medikamenten, die schon als Dopingmittel missbraucht werden, bevor sie überhaupt in die Apotheken kommen, weiß die Wissenschaft vielleicht noch gar nichts. Andere Starkmacher wären zwar nachweisbar, aber die Weltantidopingagentur Wada verweigert dem Test die Anerkennung wie im Fall des Ausdauerverstärkers S107, für welchen das Kölner Antidopinglabor vergeblich eine Kontrollmethode vorgelegt hat.
Für andere Dopingmittel gibt es zwar einen beglaubigten Test, aber noch nicht die Erkenntnis, dass er etwas bewirkt: Auf das Wachstumshormon HGH, eigentlich ein Muss in gut sortierten Doping-Hausapotheken, ist noch nie jemand positiv getestet worden. Ist der Klassiker nicht mehr in? Oder ist der Test zu schwach?
Es gibt immer mal leise Hinweise darauf, was in den Athletenunterkünften läuft: Bei der WM 2005 in Helsinki zeigte der schwedische Mittelstreckler Rizak Dirshe an, dass ihm ein Mann im Athletendorf Dopingmittel angeboten habe. Nach der EM in Göteborg wurden verdächtige Medikamentenschachteln in Mülleimern vor einem Athletenhotel gefunden. Tatsache ist, dass sehr viele Dopingskandale erst durch Polizeieinsätze oder staatsanwaltschaftliche Ermittlungen ans Licht kamen, weshalb der deutsche Leichtathletik-Verband weiterhin beharrlich auf ein scharfes Antidopinggesetz für Deutschland drängt.
Weltverbände hingegen tendieren grundsätzlich dazu, sich als vorbildliche Saubermacher darzustellen. Der Leichtathletik-Weltverband IAAF natürlich auch, obwohl er nicht einmal Schutzsperren bei erhöhten Blutwerten verhängt, wie das im Skilanglauf oder Radsport gängig ist. Gerade bei Olympia in Peking hat sich wieder gezeigt, dass die IAAF-Fahnder verwundbar sind. Da durfte nämlich der marokkanisch-stämmige Bahraini Rashid Ramzi souveräner 1500-Meter-Olympiasieger werden, nachdem er in der ganzen Saison zuvor kaum zu sehen gewesen war. Erst bei Nachtests flog Ramzi als Konsument des Mode-Blutdopingmittels Cera auf. Was das für die Berliner WM heißt? Die Sauberen sind von den Dopenden kaum zu unterscheiden. Es wird nicht zu vermeiden sein, dass auch Betrüger Applaus bekommen.
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