Leichtathletik-WM:Ein Türke beerbt Usain Bolt

World Athletics Championships

Als erster im Ziel: Ramil Guliyev

(Foto: REUTERS)
  • Ramil Guliyev überrascht - und gewinnt die 200 Meter vor Wayde van Niekerk.
  • Kori Carter holt Gold über 400 m Hürden, Christian Taylor verteidigt den Titel im Dreisprung.
  • Johannes Vetter wirft grandiose 91,20 Meter.

Nach dem Startverzicht von Usain Bolt hat Ramil Guliyev bei der Leichtathletik-WM in London völlig überraschend Gold über 200 m gewonnen. Der Türke verwies nach 20,09 Sekunden Wayde van Niekerk (20,11) 48 Stunden nach dessen Triumph über die doppelte Distanz auf Platz zwei, Jereem Richards (Trinidad und Tobago) musste sich nach einem Foto-Finish-Entscheid mit Bronze begnügen. Isaac Makwala (Botswana) wurde 32 Stunden nach Ablauf seiner Quarantäne wegen des Verdachts auf eine Norovirus-Erkrankung in 20,44 Sekunden nur Sechster. Bolt hatte bereits im Vorfeld der WM angekündigt, seinen Titel über 200 m nicht verteidigen zu wollen. Über 100 m hatte der Jamaikaner nur Bronze geholt, nach den Titelkämpfen beendet der 30-Jährige seine Karriere. Aleixo-Platini Menga (Leverkusen) hatte seinen Start wegen Achillessehnen-Problemen absagen müssen.

Gold für Kori Carter

Die US-Amerikanerin Kori Carter holte Gold über 400 m Hürden. Die 25-Jährige setzte sich in 53,07 Sekunden vor ihrer favorisierten Landsfrau Dalilah Muhammad durch. Olympiasiegerin Muhammad war als Jahresweltbeste angetreten. Bronze ging an die Jamaikanerin Ristananna Tracey (53,74).Die Tschechin Zuzana Hejnova, Weltmeisterin von 2013 und 2015, wurde nur Vierte (54,20). Hejnova hätte zur ersten Läuferin der Geschichte werden können, die dreimal in Folge über 400 m Hürden WM-Gold holt.Jackie Baumann (Tübingen) war bereits im Vorlauf gescheitert, nachdem sie im Vorfeld der WM mit Verletzungsproblemen zu kämpfen gehabt hatte.

Dreispringer Taylor verteidigt Titel

Der zweimalige Olympiasieger Christian Taylor verteidigte als erster Dreispringer der Geschichte seinen WM-Titel erfolgreich. Der US-Amerikaner gewann mit 17,68 m Gold und setzte sich mit nur fünf Zentimetern Vorsprung gegen seinen Landsmann Will Claye durch, Bronze sicherte sich Peking-Olympiasieger Nelson Evora (17,19/Portugal). Taylor holte nach 2011 und 2015 zum insgesamt dritten Mal WM-Gold.Europameister Max Heß (Chemnitz) hatte seinen Start verletzungsbedingt kurzfristig absagen müssen, beim Aufwärmen vor der Qualifikation bekam der 21-Jährige muskuläre Probleme im Oberschenkel.

Speerwerfer Vetter legt eindrucksvoll vor

Johannes Vetter erreichte mit einem Paukenschlag das Finale im Speerwurf am Samstag. Der 24-Jährige warf im ersten Versuch der Qualifikation grandiose 91,20 m und kam damit in die Nähe des Meisterschafts-Rekords des tschechischen Weltrekordlers Jan Zelezny aus dem Jahr 2001 (92,80). Vetter gelang zudem der weiteste Wurf in einer WM-Qualifikation überhaupt.

Auch Olympiasieger Thomas Röhler (Jena) schaffte den Sprung ins Finale, benötigte aber zwei Versuche, um mit 83,87 m über der geforderten Weite (83,00) zu bleiben. Andreas Hofmann (Mannheim), hinter Vetter und Röhler in diesem Jahr Nummer drei der Welt, kam im zweiten Durchgang auf 85,62 m und darf damit auch auf eine Medaille hoffen."Es hat sich im Einwerfen angekündigt. Ich hätte es aber selber nicht gedacht, dass es heute im ersten Wurf gleich so weit geht", sagte Vetter im ZDF. Der deutsche Meister hatte mit 94,44 m in Luzern am 11. Juli den zwei Monate alten deutschen Rekord Röhlers (93,90) verbessert und sich auf Platz zwei der "ewigen" Bestenliste vorgeschoben. Das DLV-Speertrio zählt zu den größten Medaillenhoffnungen bei dieser WM, Vetter führt vor Röhler und Hofmann die Weltbestenliste an.

Jungfleisch schafft es im dritten Versuch

Die Stuttgarterin Marie-Laurence Jungfleisch schaffte den Einzug in das Hochsprung-Finale. In der Qualifikation am Donnerstag übersprang die 26 Jahre alte Olympia-Siebte 1,92 Meter. Bereits vor zwei Jahren hatte sie bei der WM den Endkampf erreicht und war Sechste geworden. Problemlos qualifizierte sich die unter neutraler Flagge startende Maria Lasizkene mit übersprungenen 1,92 Meter für das Finale am Samstag. Die Russin ist als Erste der Weltrangliste mit 2,06 Meter die überragende Springerin in diesem Jahr.

Hering und Senmaya weiter

Christina Hering rannte ins Halbfinale über 800 Meter. Die dreifache deutsche Meisterin aus München kam am Donnerstagabend als Fünfte ihres Vorlaufs in 2:01,13 Minuten weiter und darf an diesem Freitag erneut ran. Favoritin ist die südafrikanische Olympiasiegerin Caster Semenya, die ihren Vorlauf locker gewann. Hering war vom Deutschen Leichtathletik-Verband als letzte WM-Teilnehmerin nachnominiert worden.

Haase verpast 200-Meter-Halbfinale

Rebekka Haase vom LV 90 Thum schied über 200 Meter im Halbfinale aus. 23,03 Sekunden reichten am Donnerstag nur zum insgesamt 12. Platz. Für das Finale am Freitag qualifizierten sich die besten acht Sprinterinnen. Titelverteidigerin Dafne Schippers aus den Niederlanden kam mit der besten Halbfinalzeit von 22,49 Sekunden weiter.

5000-Meter-Läuferin Alina Reh schiedauch im Vorlauf aus. Das 20 Jahre alte Talent aus Ulm kam als Neunte ihres Vorlaufs nach 15:01,01 Minuten ins Ziel. Damit stellte sie eine persönliche Bestzeit auf. Schnellste aus zwei Rennen war die Kenianerin Hellen Obir in 14:56,70 Minuten. Das Finale findet am Sonntag statt. Reh hatte bei der U23-Europameisterschaft in Polen Silber gewonnen.

Tesfaye und Benitz laufen taktisch klug

Die deutschen 1500-m-Läufer Homiyu Tesfaye und Timo Benitz erreichten nach taktisch klugen Vorstellungen das Halbfinale (Freitag). Tesfaye, der WM-Fünfte von Moskau, zog nach 3:38,57 Minuten als Fünfter seines Vorlaufs in die nächste Runde ein. Der deutsche Meister Benitz qualifizierte sich als Dritter (3:46,01) seines Rennens. "Das Rennen lief super geil. Ich wäre gerne sogar noch schneller gelaufen, aber ich musste auf der Zielgeraden darauf gucken, den Weg zuzumachen", sagte Benitz im ZDF: "Die Zeit ist unfassbar schlecht, aber das ist egal." Der Kenianer Asbel Kiprop, der über die 1500 m zum vierten Mal in Serie Weltmeister und damit die Bestmarke von Hicham El Guerrouj (Marokko/1993 bis 1999) einstellen kann, zeigte sich in guter Verfassung (3:45,96), ebenso wie der Jahresweltbeste Elijah Managoi (3:45,93/Kenia).

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