Leichtathletik:Ruinöse Systeme

Marion Jones ist zahlungsunfähig, weil sie den Großteil ihres Vermögens in das juristische System des Dopings investiert hat. Dieses System bemüht auch Jan Ullrich.

Joachim Mölter

Die prekäre Lage der amerikanischen Leichtathletin Marion Jones ist ein abschreckendes Beispiel, was Athleten widerfahren kann, denen offensichtlich alle Mittel recht sind, um zu Ruhm, Ehre und Geld zu kommen und unter allen Umständen behalten zu wollen. Dass die dreimalige Olympiasiegerin und viermalige Weltmeisterin ihre Erfolge auf unsaubere Weise errungen hat, darf als sicher gelten, auch wenn es nur einen halben positiven Dopingtest von ihr gibt: 2006 wurde in einer A-Probe das verbotene Epo gefunden, in der B-Probe seltsamerweise nicht mehr.

Marion Jones

Marion Jones: zahlungsunfähig.

(Foto: Foto: dpa)

Auf Dutzende von bestandenen Dopingtests als Unschuldsbeweis legt Frau Jones immer noch höchsten Wert, aber dass eine negative Probe quasi wertlos ist, ist hinreichend bekannt: In der so genannten Balco-Affäre in den USA - in die Jones verwickelt ist - wurde offenkundig, dass es leistungssteigernde Mittel gibt, die nicht von Anti-Doping-Laboren entdeckt werden. Die jüngsten Geständnisse deutscher Radprofis bestätigen das. Er habe gedopt, weil er wusste, er könne nicht erwischt werden, hat der T-Mobile-Mann Rolf Aldag zugegeben.

In diesem Bewusstsein hat sich offensichtlich auch Marion Jones in das medizinische System des Dopings begeben und mit außergewöhnlichen Leistungen viel Geld verdient, in ihren besten Jahren 75.000 Dollar pro Rennen, dazu Millionen von Sponsoren. Geblieben sind ihr nun Gerichtsakten zufolge 2000 Dollar. Den Großteil ihres Vermögens hat sie in das juristische System des Dopings investiert, in dem Anwälte mit meist nur formalen Argumenten versuchen, das Image vom sauberen Athleten (und damit weiteren Geldfluss von Sponsoren) aufrechtzuerhalten. Dieses System bemüht im übrigen auch der ebenfalls schwer verdächtige Radheld Jan Ullrich. Am Ende könnte ein formaljuristischer Sieg auch ihn teuer zu stehen kommen.

Von Ruhm, Ehre und Geld bleiben den Sündern womöglich nicht einmal die Medaillen. Es gab Fälle, wo einst hochdotierte Athleten ihr Edelmetall verhökerten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Die Moral aus dem Fall Jones könnte also sein: Wer dopt, riskiert den finanziellen Ruin; wer nicht dopt, steht am Ende seiner Karriere vermutlich besser da. Wobei der finanzielle Kollaps sogar das kleinere Übel sein könnte. Marion Jones muss froh sein, dass das medizinische System ihre Gesundheit noch nicht ruiniert hat. Die stets vom Dopingverdacht begleitete Florence Griffith-Joyner überlebte ihre Sprint-Olympiasiege jedenfalls nur zehn Jahre. 1998 starb sie unter nie restlos geklärten Umständen. Die Folgen von Anabolika-Missbrauch konnten damals selbst die besten Anwälte nicht ausschließen.

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