Leichtathletik:Neustart in Belgrad

Die deutsche Leichtathleten reisen mit verschiedenen Zielen zur Hallen-EM in Belgrad. Die Talente wollen die Titelkämpfe zur Fortbildung nutzen, Arrivierte und Genesene hoffen auf einen Neubeginn - wie Pamela Dutkiewicz.

Von Johannes Knuth, Belgrad/München

Manchmal erkennt man ja erst Jahre später, wie viel Sinn in einem vermeintlich sinnlosen Moment steckt, Pamela Dutkiewicz kann gerade einiges davon erzählen. Sie war vor zwei Jahren bei den nationalen Hallenmeisterschaften über 60 Meter Hürden als Zweite eingetroffen, knickte im Ziel um, die Nachwehen warfen sie ein Jahr lang aus der Spur. Aber jetzt, hat Dutkiewicz vor einer Woche bei der Hallen-DM in Leipzig erzählt, sei sie dankbar für die ungewollte Entschleunigung: "Das hat mir die Gelegenheit gegeben, über mich als Athletin nachzudenken." Heraus kam eine bessere Version der Hürdensprinterin Dutkiewicz, und auch wenn sie diese Version bis zum Anbruch dieser Hallensaison nicht immer zeigen konnte, war sie sicher: "In mir steckt mehr und meine Zeit kommt."

Wenn die rund 40-köpfige Reisegruppe des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) von Freitag bis Sonntag die Hallen-EM Belgrad bestreitet, ist das für den Verband auch die Gelegenheit für einen Neustart, nach den lauwarmen Sommerspielen von Rio. Arrivierte wie Kugelstoßer David Storl und Stabhochspringer Raphael Holzdeppe hoffen auf neue Chancen, nachdem sie sich 2016 in Verletzungen verhedderten. Manche Nachwuchskräfte nutzen die Titelmesse in der serbischen Hauptstadt zur Fortbildung; andere, die dem Talentsein langsam entwachsen, wollen weitere Kernkompetenzen erwerben, wie Sprinterin Gina Lückenkemper und Dreispringer Max Heß. 2018 wartet ja die Heim-EM in Berlin. Und natürlich ist Belgrad auch eine Gelegenheit für neue Kräfte, sich ins Licht der Öffentlichkeit zu schieben. Wie Dutkiewicz.

Die 25-Jährige hatte ihr Talent früh angedeutet, doch Sport und Karriere meinten es zunächst nicht gut mit ihr. Vor fünf Jahren saß sie in einer Schwebebahn, die in Dortmund verunfallte, sie erlitt ein Schleudertrauma. Dann der Bänderriss vor zwei Jahren. Die Rückkehr im vergangenen Jahr, 12,85 Sekunden über 100 Meter Hürden, Halbfinale in Rio. Die Hallensaison ist nun bislang ihre beste, weil sie körperlich fitter sei, verletzungsfrei, sagt Dutkiewicz, ihre Technik verbesserte, mit Trainer Slawomir Filipowski, der sie seit knapp zehn Jahren beim TV Wattenscheid betreut. Vor einer Woche wurde sie in 7,79 Sekunden deutsche Meisterin, Bestzeit in Europa, knapp vor Freiluft-Europameisterin Cindy Roleder (7,84/Leipzig). Beide reisen nun als Favoriten nach Belgrad, auf der nächsten Etappe in einer neuen Zeit.

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