Leichtathletik:Erboste Rekordler

"Schlag ins Gesicht": Die Pläne zur Reform der Rekord-Listen stoßen bei den Leichtathleten auf Widerstand. Der europäische Verband will wegen der Vielzahl dopingverdächtiger Bestleistungen in der Vergangenheit neue Kriterien.

Die geplante Reform der Rekordlisten hat die Leichtathletik in Aufruhr versetzt. Vor allem die direkt betroffenen Athleten fühlen sich unfair behandelt und zu Unrecht mit Dopern in Verbindung gebracht. Einige ehemalige Sportler wie der frühere Weitsprung-Weltmeister Mike Powell aus den USA drohen bereits juristische Schritte gegen die Initiative an.

In Deutschland hat sich Hallen-Europarekordler Sebastian Bayer, 30, aus Hamburg gegen den radikalen Schnitt ausgesprochen. "Ich finde es falsch, eine Liste von Grund auf zu überarbeiten. Es gibt Rekorde, die angezweifelt werden oder bei denen es bewiesen ist, dass sie unter Doping zustande gekommen sind. Es gibt aber auch viele Rekorde, die bislang ohne Zweifel sind", sagte der frühere Weitsprung- Europameister. Bayer hatte 2009 und 2011 den EM-Titel in der Halle gewonnen, 2012 triumphierte er in Helsinki im Freien. Er hält mit 8,71 Metern die bis heute gültige europäische Bestmarke in der Halle. Da er nie mit Doping in Kontakt gekommen sei, sagte er, empfände er das Ausradieren seiner Leistung als "Schlag ins Gesicht".

Der europäische Leichtathletik-Verband EAA hat sich wegen der Vielzahl dopingverdächtiger Bestleistungen aus der Vergangenheit für neue Listen ausgesprochen. Der Vorschlag soll auf Weltrekorde ausgeweitet werden, sofern der Weltverband IAAF im August zustimmt. Zudem sollen künftig neue Kriterien für Rekorde gelten, so müssten die Dopingproben des entsprechenden Wettbewerbs für Nachtests zehn Jahre eingefroren werden.

Gegen die Pläne wehrt sich der frühere Weitspringer Mike Powell. "Ich habe bereits meinen Anwalt kontaktiert", sagte der 53-Jährige, der bei der WM 1991 mit 8,95 Metern Gold gewann, der BBC. Sein Rekord sei ehrlich zustande gekommen, die Vorschläge seien "respektlos". Al Joyner, Witwer der 1998 verstorbenen 100-Meter-Rekordlerin Florence Griffith-Joyner, deren (dopingverdächtige) 10,49 Sekunden unerreicht sind, findet: "Das entehrt meine Familie." Er werde sich "mit Händen und Füßen wehren".

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