Größte Überraschungen im Europapokal:Wunder gibt es immer wieder

Real Madrid kann sich schon vor dem Rückspiel gegen Apoel Nikosia über den Halbfinal-Einzug freuen? Von wegen. Schon oft haben kleinere Teams im Rückspiel einen sicheren Vorsprung aufgeholt - und den großen Favoriten blamiert. Die denkwürdigsten Duelle.

Carsten Eberts und Frieder Pfeiffer

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Rudolf Kröner, 1982

Quelle: imago sportfotodienst

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Real Madrid kann sich schon vor dem Rückspiel gegen Apoel Nikosia über den Halbfinal-Einzug freuen? Von wegen. Schon oft haben kleinere Teams im Rückspiel einen sicheren Vorsprung aufgeholt - und den großen Favoriten blamiert. Die denkwürdigsten Duelle.

Von Carsten Eberts und Frieder Pfeiffer

17.03.1982: 1. FC Kaiserslautern - Real Madrid 5:0 (Hinspiel 1:3)

Kaiserslautern war im Viertelfinale des Uefa-Cups für den großen Klub Real Madrid natürlich ein einfaches Los, dachten alle. Das Hinspiel gewannen die Madrilenen locker 3:1. Doch das Rückspiel wurde eine dieser Partien, die in die Europapokal-Geschichte eingehen sollte: Nach zwei Toren von Friedhelm Funkel stand es schnell 2:0, schon nach 14 Minuten wäre Lautern (im Bild Trainer Rudolf Kröner) weiter gewesen. Die Real-Profis spornte das aber nicht an - stattdessen verloren sie die Nerven. In San José, Cunningham und Pineda sahen gleich drei Spieler Rot, der FCK nutzte die Überzahl und siegte 5:0. Der schwedische Keeper Ronny Hellström hielt auch noch einen Elfmeter von Cortez - an diesem Tag klappte wirklich alles. Und Real Madrid war draußen.

FUSSBALL: UEFA POKAL 85/86/BAYER UERDINGEN

Quelle: Bongarts/Getty Images

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19. März 1986: Bayer 05 Uerdingen - Dynamo Dresden 7:3 (Hinspiel 0:2)

Das Fußballmagazin 11 Freude kürte das "Wunder von der Grotenburg"  zum "größten Fußballspiel des Jahrhunderts". Im März 1986 hatte Bayer Uerdingen das Viertelfinal-Hinspiel im Europapokal der Pokalsieger beim damaligen Ostklub Dynamo Dresden verloren, im Rückspiel musste also ein hoher Sieg her. Nach einer Minute führte Dresden 0:1, zur Halbzeit gar 1:3. Erst in der 58. Minute leitete Wolfgang Funkel (im Bild beim Kopfball) die Aufholjagd ein, 20 Minuten später stand es nach Treffern von Lárus Guðmundsson, Wolfgang Schäfer und Dietmar Klinger 5:3, am Ende 7:3. 

Werder Bremen Moskau 1987

Quelle: SZ

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4. November 1987: Werder Bremen - Dynamo Moskau 6:2 (Hinspiel 1:4)

Die "Wunder von der Weser" wurden im Verlauf der Jahre zu gerne herauf beschworenen Ereignissen. Das erste geschah im November 1987: 1:4 war Werder mit Trainer Otto Rehhagel in der zweiten Runde des Uefa-Cups in Moskau untergegangen. Was sollte Rehhagel also anderes tun, als im Rückspiel bedingungslos stürmen zu lassen? Schon in der zweiten Minute traf Frank Neubarth, nach 90 Minuten stand es 4:1, es ging in die Verlängerung. Dort trafen Karl-Heinz Riedle und Manfred Burgsmüller, in der 111. Minute schoss Moskau das 2:6. Ein drittes Moskauer Tor und Werder wäre trotz sechs Treffern ausgeschieden gewesen. Doch dieses Tor fiel nicht mehr.

Lothar Matthäus und Armin Eck

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7. Dezember 1988: Inter Mailand - FC Bayern 1:3 (Hinspiel 2:0)

Auch Inter Mailand weiß, dass ein 2:0-Auswärtssieg im Europapokal noch lange nicht bedeutet, dass die nächste Runde sicher ist. Im Winter 1988 traf Inter Mailand mit Lothar Matthäus (hier im Hinspiel gegen Armin Eck) und Andreas Brehme auf den FC Bayern - damals schon von Jupp Heynckes trainiert. Inter triumphierte im Olympiastadion und dachte schon ans Schaulaufen im Giuseppe-Meazza-Stadion vor 75.000 Zuschauern. Doch das Rückspiel wurde zum Desaster für Inter. Bereits zur Halbzeit führte der Gast 3:1 durch Tore von Roland Wohlfarth, Klaus Augenthaler und Jürgen Wegmann. Matthäus, der damals neben Maradona zu den großen Spielern der Serie A zählte, erlebte ausgerechnet gegen seinen früheren Klub, den er im Sommer für 8,4 Millionen Mark Ablöse verlassen hatte, seine erste große Enttäuschung.

Klaus Täuber (re.) und Falko Götz

Quelle: imago sportfotodienst

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18. Mai 1988: Bayer Leverkusen - Espanol Barcelona 6:5 n. E. (Hinspiel 0:3)

Überraschend hatte Bayer Leverkusen 1988 das Uefa-Cup-Endspiel erreicht. Dies wurde damals noch in Hin- und Rückspiel ausgetragen - und Leverkusen startete denkbar schlecht. Nach dem 0:3 in Barcelona musste in Leverkusen Außergewöhnliches geschehen. Und tatsächlich: Durch Tore von Tita, Falco Götz (links im Bild mit Klaus Täuber) und Bum-Kun Cha schaffte es Bayer gegen den großen Favoriten tatsächlich ins Elfmeterschießen, das Leverkusen auch noch 3:2 für sich entschied. Bis heute ist es der einzige internationale Titel des Klubs - in einem Duell, das eigentlich längst verloren war.

Karlsruher SC Valencia 1993

Quelle: SZ

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3. November 1993: Karlsruher SC - FC Valencia 7:0 (Hinspiel 1:3)

Der Karlsruher SC träumte vor der Jahrtausendwende von einer großen Zukunft. Die Verantwortlichen kreierten ein neues Vereinslogo, erfanden die Vision 2000 - und stürzten damit ab, noch bevor die neunziger Jahre vorbei waren. Der Grund für all die großen Träume war ein Abend im frühen November 1993. In der zweiten Runde des Uefa-Pokals hatte der kleine Verein aus dem Nordschwarzwald in Valencia nicht überraschend 1:3 verloren. Das Rückspiel schien nur noch eine gute Gelegenheit zu sein, den Zuschauern in Baden ein wenig internationales Fußball-Flair zu bieten. Dann kam Edgar Schmitt (r., mit Manni Bender), der später nur noch als "Euro-Eddy" firmierte, und schoss schnell zwei Tore. Der Rückstand war weg und die Hoffnung zurück. Der Rest war ein badischer Rausch, der erst bei sieben Toren endete. Schmitt traf insgesamt viermal, Winnie Schäfer tanzte an der Seitenlinie und das "Wunder vom Wildpark" war geboren. Erst im Halbfinale wurde der KSC schließlich gestoppt. Von Außenseiter SV Salzburg.

SV WERDER BREMEN - OLYMPIQUE LYON

Quelle: DPA

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7. Dezember 1999: Werder Bremen - Olympique Lyon 4:0 (Hinspiel 0:3)

Es war die Zeit, als Ailton seinen Gegenspielern trotz Ball am Fuß zehn Meter mit einem Antritt abnahm. Es war die Zeit, als Andreas Herzog dirigierte, Torsten Frings grätschte und vorne ein junger Claudio Pizarro die Tore machte. Es war eine starke Werder-Elf, die in der dritten Runde des Uefa-Cups 1999 dennoch 0:3 bei Olympique Lyon untergegangen war. Die Bremer, bekannt für eine gewisse Neigung zu Wundertaten im Europapokal, schafften aber auch hier die Wende. Marco Bode sorgte in der 16. Minute für das erhoffte frühe Tor, Herzog baute die Führung per Elfmeter aus, nachdem Frings mit feiner Finte bewies, dass er nicht nur grätschen kann - und selbst umgegrätscht wurde. Kurz nach der Pause glich Frank Baumann den Rückstand aus dem Hinspiel aus, dann packte Ailton seinen Turbo aus, passte auf Pizarro, ab da war es eine weitere Werder-Wunder-an-der-Weser-Feier. Im Viertelfinale gegen den FC Arsenal blieb das Wunder dann aus.

MONACO'S TEAM CAPTAIN GIULY CELEBRATES HIS SECOND GOAL AGAINST REAL MADRID DURING THEIR QUARTER FINAL SECOND LEG CHAMPIONS LEAGUE MATCH AT THE STADE LOUIS II IN MONACO

Quelle: REUTERS

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6. April 2004: AS Monaco - Real Madrid 3:1 (Hinspiel 2:4)

Viertelfinal-Rückspiel in der Champions-League-Saison 2003/2004: Zidane auf Ronaldo, der auf Raùl - Real Madrid führt nach einer guten halben Stunde 1:0 beim AS Monaco. Nach dem 4:2 im Hinspiel schon der Jubel fürs Halbfinale? Es kam anders: Kurz vor der Pause traf Ludovic Giuly, ein schmächtiger kleiner Franzose, per Volleyschuss zum 1:1, ausgerechnet Fernando Morientes, ausgeliehen von Real, köpfte kurze Zeit später das 2:1 für den AS Monaco. Im ansonsten schläfrigen Stade Louis II machte der Großteil der 18.000 Zuschauer plötzlich Stimmung. Und es gab das Happyend. Mit einem der schönsten und bekanntesten Tore der Champions-League-Geschichte, mit der Hacke hinter dem Standbein, egalisierte Giuly das Ergebnis aus dem Hinspiel, der AS Monaco zog ins Halbfinale ein und verlor erst im Endspiel gegen den FC Porto. Und Giuly? Wechselte wenige Monate später zum FC Barcelona.

Deportivo AC Mailand 2004

Quelle: SZ

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7. April 2004: Deportivo La Coruna - AC Mailand 4:0 (Hinspiel 1:4)

Und plötzlich waren sie die Galaktischen im Frühjahr 2004. Real Madrid war gegen Monaco ausgeschieden, das kleine Deportivo aus dem galizischen La Coruna sollte nun Spanien in der Champions League vertreten. Dabei hatte es gar nicht gut angefangen. Nachdem sich das Außenseiter-Team im Achtelfinale gegen Juventus Turin schon überraschend mit zwei Siegen durchgesetzt hatte, setzte es im Viertelfinal-Hinspiel beim AC Mailand vier Tore in acht Minuten - 1:4. Der Traum vom großen Coup schien beendet. Dann folgte das Rückspiel und 27.000 Zuschauer wurden Zeuge einer der besten Halbzeiten in der Geschichte La Corunas. Nach 45 Minuten stand es 3:0, ein Ergebnis, mit dem Milan eher noch zufrieden sein konnte. Das 3:0 der Mannschaft von Javier Irureta hätte gereicht, doch Fran (l.), einziger Galizier im Team, machte noch das 4:0. Der Gast aus Italien reiste geschlagen in die Heimat. Und Deportivo? Die waren im Halbfinale gegen den FC Porto plötzlich der Favorit - und schieden gegen den späteren Sieger unter Trainer José Mourinho prompt aus.

Champions League FC Bayern München - Inter Mailand

Quelle: dpa

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15. März 2011: FC Bayern - Inter Mailand 2:3 (Hinspiel 1:0)

Dieses Rückspiel kratzte schon gehörig am Selbstverständnis des FC Bayern. 1:0 hatten sie in einem sehr guten Spiel bei Inter Mailand gewonnen, für das Rückspiel im Achtelfinale der Champions League schien alles bereitet. Die Bayern lagen schnell zurück, führten nach Toren von Mario Gomez und Thomas Müller jedoch kurz darauf bereits 2:1. Was sollte hier noch schief gehen? Kurzum: alles. Nach dem überraschenden 2:2 wurden die Bayern nervös, in der 88. Minute stürmte schließlich Goran Pandev in den Münchner Strafraum, freundlich flankiert vom damaligen Innenverteidiger Breno - und jagte den Ball in den kurzen Winkel. Die Bayern waren draußen. Und verstanden es selbst nicht.

© Süddeutsche.de/ebc/fpf
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