Laura Dahlmeier:Gelöst, entspannt und glücklich

Biathlon - Winter Olympics Day 1

Laura Dahlmeier beim Überqueren der Ziellinie.

(Foto: Getty Images,)
  • Laura Dahlmeier gewinnt das erste Gold für Deutschland in Pyeongchang und das erste Olympische Gold ihrer Karriere.
  • Nach dem Rennen zeigt sie sich so gelöst wie selten - und verrät, was bei Olympia anders ist als bei sonstigen Rennen.
  • Alle Ergebnisse und den Medaillenspiegel finden Sie hier.

Von Saskia Aleythe, Pyeongchang

An die Szenen von früher konnte sich Laura Dahlmeier noch ganz genau erinnern, wie sie damals in ihrem Kinderzimmer saß und vom Olympiasieg träumte. Auch die Siegerehrung hat sie schon durchgespielt, sie stieg auf ihr Bett und riss die Arme nach oben - und so ähnlich sah das dann auch am Samstagabend in Pyeongchang aus. Was nun anders gewesen sei, wurde Dahlmeier gefragt. "Anders?", fragte die Biathletin zurück, überlegte kurz und lachte: "Es war anstrengender."

Laura Dahlmeier ist die erste deutsche Goldgewinnerin der Winterspiele in Pyeongchang, beim Sprint kam sie nach 21 Minuten und sechs Sekunden ins Ziel, 24,2 Sekunden vor der Norwegerin Marte Olsbu und 25,8 Sekunden vor der drittplatzierten Tschechin Veronika Vitkova. Die anderen deutschen Starterinnen boten ebenfalls eine gute Leistung. Vanessa Hinz lief auf den fünften Platz, Franziska Hildebrand wurde Zwölfte. Denise Herrmann zeigte ungewohnte Schwächen in der Loipe und beendete das Rennen auf Rang 21. Siegerin Dahlmeier musste dann noch warten, bis auch die letzte Sportlerin über die Ziellinie gleiten würde, aber das Glück war ihr von Minute zu Minute mehr anzusehen. "Es ist einfach unglaublich, ein Kindheitstraum, der da jetzt in Erfüllung geht", sagte Dahlmeier. "Ich habe so lange darauf hingefiebert".

Und dieser Olympiasieg war keiner, der mit glücklichen Verhältnissen zu tun hatte, wie es beim Biathlon auch manchmal der Fall sein kann: Ihr Sieg war ein am Schießstand richtig hart erarbeiteter. Von 87 Biathletinnen prangte an diesem Abend bei keiner der üblichen Favoritinnen die Null für die Anzahl der Schießfehler neben dem Namen, außer bei: Laura Dahlmeier. Doch wie diese Null zustande gekommen war, darin lag ja erst die Besonderheit. "Sie hatte ganz andere Bedingungen als beim Anschießen", erklärte Nationaltrainer Gerald Hönig, beim Liegendschießen etwa "rechts Wind drin, den sie beim Anschießen nicht in der Stärke gehabt hat. Und da hat sie zweimal drauf richtig gut reagiert". Dahlmeier justierte nach und blieb dann fehlerfrei.

Beim Stehendschießen zog sie drei Mal flott durch, doch dann frischte der Wind erneut auf. "Da musste sie richtig kämpfen", sagte Hönig, und das war Dahlmeier tatsächlich anzumerken: Sie wartete lange, verfiel aber nicht in Hektik und brachte schließlich auch die letzten zwei Patronen ins Ziel. Was den Bundestrainer dann auch zum Fazit brachte: "Das ist Laura. So ein Gesamtpaket habe ich lange nicht gesehen."

"Es ist nicht so einfach, wie es aussieht, ein perfektes Rennen zu machen"

Möglichst locker hatte sich Dahlmeier vor diesem ersten Rennen in Südkorea verkauft, wollte ihre Bestleistung abrufen, Spaß haben, das Ergebnis als Nebensache betrachten. Doch als sie schließlich um 21.30 Uhr Ortszeit aufs Siegerpodest in Pyeongchang stieg, grinste sie sogar noch breiter als bei der vergangenen Weltmeisterschaft in Hochfilzen mit insgesamt sechs Medaillen. Dahlmeier sprang und kreischte sogar, wirkte vor allem eins: gelöst. Bei der anschließenden Pressekonferenz lernte man fast einen neuen Menschen kennen, so locker und unverkrampft präsentierte sich die frische Olympiasiegerin. Wie sie es schaffe, am Schießstand fokussiert zu bleiben? "Nun, das ist mein Geheimnis", lachte sie, um es dann doch knapp auf den Punkt zu bringen: "Alles, was bei Olympia anders ist, spielt sich im Kopf ab."

Und so bekam man doch einen guten Eindruck davon, wie viel Druck auf Dahlmeier gelegen haben muss. Zwei Mal war sie in der aktuellen Saison erkrankt, nicht alles verlief so nach Plan, wie man sich das in einer Olympiasaison wünscht und wie es mancher von einer fünffachen Weltmeisterin erwartet. "Das ist der harte Teil für die Athleten, wenn alle etwas von einem erwarten", sagte Dahlmeier noch, "es ist Druck von außen und von mir auch. Es ist nicht so einfach, wie es aussieht, ein perfektes Rennen zu machen". Als sie beim Gleiten über die Ziellinie merkte, dass ihr genau das mit null Fehlern am Schießstand und flinken Beinen gelungen war, haute sie sich kämpferisch mit der Faust aufs Trikot. "Wenn einem sowas gelingt, kann man schon mal stolz sein", sagte Dahlmeier.

Wie der Abend weitergehe, wusste die Biathletin noch nicht, "ich bin ja noch nicht Olympiasiegerin geworden". Dass ihr Handy durchzappeln würde vor Nachrichten, war ihr aber klar. Und noch etwas: Dass sie sich über die noch folgenden Rennen in Pyeongchang am Samstag keine Gedanken mehr machen wollte. "Ich bin heute so glücklich, ich weiß noch nicht mal, was ich morgen mache", sagte Dahlmeier. Aber schließlich gibt es ja auch noch einen Olympiasieg zu genießen.

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