Langlauf: Gold im Teamsprint:Sie überstrahlen die Sonne

Nach einer bisher vermurksten Saison sprinten Evi Sachenbacher-Stehle und Claudia Nystad zum Olympiasieg. Das deutsche Team feiert "die allergrößte Überraschung dieser Spiele".

M. Neudecker, Whistler

Evi Sachenbacher-Stehle gefällt Olympia. Kurz nach Beginn der Spiele von Vancouver hat sie erzählt, wie schön es im olympischen Dorf ist, natürlich in ihrem netten Reit-im-Winkl-Bairisch, zwischendurch hat sie immer wieder gelacht, wie sie halt immer so lacht. "Wir sitzn teilweise zwei, drei Stunden beim Essn", hat sie berichtet, "es gibt ois, Nudeln, Pizza, Sushi, chinesisches Zeig, ois."

Langlauf: Gold im Teamsprint: Evi Sachenbacher-Stehle und Claudia Nystad feiern ihre Goldmedaille im Team-Sprint der Langläufer.

Evi Sachenbacher-Stehle und Claudia Nystad feiern ihre Goldmedaille im Team-Sprint der Langläufer.

(Foto: Foto: AFP)

Und die Stimmung, fuhr sie fort, die sei auch so schön, die Kommunikation mit den Athleten anderer Länder, "es is ganz oft so, dass man jemanden olabert, zum Beispiel gestern hab i an Senegalesen oglabert, und dann hat der auf einmal deutsch gsprochen, und dann stellt sich raus, der war aus Österreich, und ich so: He!". Man muss Evi Sachenbacher-Stehle einfach mögen, wenn sie solche Geschichten erzählt.

Am Montagnachmittag stand sie an der Langlaufstrecke und erzählte auch, es war wieder so. Gerade eben hatte sie Gold gewonnen, völlig überraschend, im Teamsprint mit Claudia Künzel-Nystad, und jetzt stand sie da und plauderte. "Mir ham uns zwar gsagt, heut hol ma a Medaille, die Claudi und i, aber wirklich glaabt ham wir des net", und wieder dieses Lachen. Es war tolles Wetter in Whistler, aber man war sich manchmal nicht ganz sicher, wer nun mehr strahlte, die Sonne oder Evi Sachenbacher-Stehle.

Es war ja auch ein spannendes Rennen, dessen Ausgang lange offen war, und der Sieg fühlt sich nach solchen Rennen für den Sportler dann noch größer an, als er es ohnehin ist. Vor dem letzten Wechsel lagen die Schweden in Führung, Sachenbacher-Stehle hielt als Einzige im Feld mit Charlotte Kalla mit, schließlich übernahmen Claudia Nystad für Sachenbacher-Stehle und Anna Haag für Kalla.

Haag lief kurz davon, Künzel-Nystad blieb dran, und dann kam der Einlauf ins Stadion: Bei der letzten Abfahrt ging Claudia Nystad an der Schwedin vorbei, sprintete immer schneller - und fuhr schließlich 0,6 Sekunden vor Anna Haag über die Ziellinie. "Die Deutschen waren heute zu stark", sagte Anna Haag hinterher.

"Das ist die allergrößte Überraschung dieser Spiele", wie Verbands-Sportdirektor Thomas Pfüller überschwänglich befand. Gerade Evi Sachenbacher-Stehle hatte ja keine gute Saison: Die Olympiasiegerin von Salt Lake City und Weltmeisterin von Val di Fiemme, die 2006 in Turin in die Kameras weinte, weil sie wegen eines zu hohen Hämoglobinwertes eine mehrtägige Schutzsperre erhalten hatte, musste sogar kämpfen, überhaupt für Olympia nominiert zu werden. Doch Bundestrainer Jochen Behle nahm sie letztlich aus der insgesamt für die deutsche Mannschaft schwachen Tour de Ski, die immer Anfang Januar stattfindet, versprach ihr, sie auf jeden Fall mitzunehmen, sie solle sich jetzt vorbereiten.

"Ab da ist es gegangen", sagt Sachenbacher-Stehle, "da war der Druck weg und dann hat's funktioniert." Eine Medaille sei natürlich das Ziel, das hatte sich noch zu Beginn der Spiele gesagt - aber Gold? "Daran hätt ich nie gedacht", sagt sie jetzt.

Und auch die Männer jubeln

Sie ist nun 29 Jahre alt, sie hat schon vieles erreicht, im Grunde alles, Goldmedaillen bei Olympia und WM, weshalb ihr Karriereende wohl naht. "Ich mach auf jeden Fall noch ein Jahr weiter, dann schaun wir mal", sagt sie. Fürs Erste aber fühlte sie sich "beflügelt", wie sie formulierte, und wer könnte so ein Gefühl besser rüberbringen als Evi Sachenbacher-Stehle?

Und während Sachenbacher-Stehle sprach, saß drinnen, im großen weißen Pressezelt des Whistler Olympic Park, der Langläufer Axel Teichmann, er hatte auch einiges zu erzählen. Axel Teichmann und Tim Tscharnke hatten ja eine halbe Stunde nach ihren Kolleginnen auch eine Medaille gewonnen, Silber im Teamsprint. "Das ist jetzt schon ein Happy End für mich", sagte Teichmann, der bei den vorangegangen Olympischen Spielen immer wieder Probleme mit seinem Körper hatte.

Für die deutschen Langläufer hat sich damit bei diesen Spielen innerhalb von 30 Minuten alles gedreht: Zu Beginn noch war ein Debakel befürchtet worden, in den ersten Rennen blieben die Langläufer erfolglos, Trainer Behle fand teilweise drastische Worte. Doch dann fuhr zunächst Tobias Angerer zu Silber in der Doppelverfolgung, womit kaum noch jemand gerechnet hatte. Jetzt sind es drei Medaillen, davon eine goldene, und die Spiele sind noch nicht zu Ende.

Im Video: Einmal Gold und zweimal Silber, eine kleine Sensation an diesem Wettkampftag. In den Einzelrennen abgehängt, im Duett völlig unverhofft auf den Olymp gestürmt: Evi Sachenbacher-Stehle und Claudia Nystad bescherten den deutschen Langläuferinnen in Whistler mit Sensations-Gold im Teamsprint das erste Edelmetall der Vancouver-Spiele.

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