Läuferin Sabrina Mockenhaupt:"Als Sportler steckst du in einer Zwickmühle"

Leichtathletik EM - 10.000 Meter

Sabrina Mockenhaupt: "Das ist eine ganz schwierige Situation gerade"

(Foto: dpa)

Müssen Sportler auch in Zeiten von Terror immer weitermachen? Marathonläuferin Sabrina Mockenhaupt ist einem Anschlag knapp entkommen. Im Interview spricht sie über die aktuelle Bedrohung.

Von Saskia Aleythe

Sabrina Mockenhaupt, 34, kam beim Boston-Marathon im April 2013 als Zehnte ins Ziel, kurz darauf explodierten im Zieleinlauf zwei in Rucksäcken versteckte Sprengsätze - drei Menschen starben, 264 wurden verletzt. Im SZ.de-Interview erklärt sie, welche Auswirkungen die neuesten Terrorakte rund um das Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft gegen Frankreich in Paris auf das Leben als Sportler haben können.

SZ: Frau Mockenhaupt, inwieweit ist man als Sportler derzeit neuen Gefahren ausgesetzt?

Sabrina Mockenhaupt: Das ist eine ganz schwierige Situation gerade. Der Terror versucht Einfluss zu nehmen auf das soziale Leben, auf die Gesellschaft, Kultur und den Sport, das ist extrem. Plötzlich werden Großereignisse wie Länderspiele abgesagt und man fragt sich: Was kommt als Nächstes?

Sie haben bei den Anschlägen in Boston 2013 Ähnliches erlebt. Wie nah sind Ihnen die Erlebnisse von damals in diesen Tagen?

Du denkst in dem Moment gerade nur an deinen Sport, bist voll fokussiert und konzentriert - und dann merkst du, was passiert ist, und dass du auf einmal mittendrin bist. Das Attentat von Boston wird mich mein Leben lang begleiten. Manchmal vergesse ich es, aber in solchen Zeiten ist das alles wieder ganz präsent.

Als Marathonläuferin nehmen Sie an Massenveranstaltungen teil, die für Terroristen interessant sind. Fühlen Sie sich nun besonders als Zielscheibe?

Aktuell ist mir die Gefahr gerade wieder richtig vor Augen. Es ist so eine komische Lage, wo man wirklich ein ungutes Gefühl hat. Da sind Sportler aber der gleichen Gefahr ausgesetzt wie Zuschauer und alle andere Menschen auch. Man kann sich nicht zu Hause einsperren und aufhören zu leben. Im Gegenteil - wir dürfen uns nicht kleinkriegen lassen, wir müssen für unsere Werte kämpfen, Zeichen setzen.

Fühlen Sie sich denn als Sportlerin noch sicher?

Die Sicherheitsvorkehrungen überall sorgen schon dafür, dass man sich etwas sicherer fühlt. Andererseits: Wenn irgendjemand was machen will, dann besteht die Gefahr, dass etwas passieren wird. Ganz ausschließen und verhindern kann man das wahrscheinlich nie.

Als Athletin könnten Sie aber auch sagen: Das nächste Rennen laufe ich nicht, ich habe Angst.

Selbst nach Boston habe ich nie das Gefühl gehabt: Ich kann beim nächsten Rennen nicht starten. Aber man weiß eben nicht, was noch alles kommen wird. Die innere Alarmstufe ist in solchen Zeiten natürlich sensibler, klar.

Im August stehen die Olympischen Spiele in Rio an. Besteht Grund zur Sorge?

Da denkt man jetzt natürlich schon dran. Als Sportler ist man in einer Zwickmühle - ich will unbedingt an den Olympischen Spielen teilnehmen, das ist das Größte. Aber ich überlege mir auch, ob da nicht vielleicht etwas passieren könnte. Es ist eine schwierige Situation und eine Frage, die sich jeder selbst beantworten muss.

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