Länderspiel nicht ausverkauft:Köln grillt lieber

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Vor dem Test gegen die USA schrecken hohe Ticketpreise viele Fans vom Stadionbesuch ab. Dem DFB wird klar, dass er etwas tun muss.

Von Jonas Beckenkamp, Köln/München

In dieser Woche war mächtig was los in Köln - das ist immer so, wenn Lukas Podolski heimkehrt. Ihrem Stadtheiligen huldigen die Kölner gerne auch grundlos; es reicht, dass er da ist. Podolski tourt derzeit durch Europa, er pendelt zwischen Mailand, London und seinem Herzensort. Aber an diesen Fixpunkten ist bei ihm nicht zu rütteln: Köln und Nationalteam. Im Geschäft eines DFB-Sponsors trat er gemeinsam mit FC-Verteidiger Jonas Hector zu einer Autogrammstunde an. Poldi irgendwo zwischen Breite Straße und Neumarkt, da wirste jeck.

Fans, Presse, Schaulustige - mehr als 150 Interessierte hatten sich laut Express in den Laden gequetscht. Man kann nicht behaupten, dass die Menschen in der Domstadt keine Lust auf Fußball hätten. Und weil Podolski und Hector am Mittwoch gegen die USA antreten, wo ja auch Jürgen Klinsmann mitmischt, sollte ein volles Stadion garantiert sein. Ist es aber nicht. "Wir haben 35 000 Karten verkauft", sagt DFB-Sprecher Jens Grittner, "dabei wären 45 000 verfügbar".

Eine Nachfrage beim Ticketservice des Verbandes ergibt, dass an Stadionkassen und in Fanshops noch einige Tausend Karten erhältlich sind, die Preise liegen zwischen 45 und 100 Euro. Ganz schön viel für ein Spiel, in dem es um nichts geht. Dass Fans bei Länderspielen fernbleiben, widerfährt dem Weltmeister sonst höchstens gegen die Färöer oder Gibraltar. DFB-Manager Oliver Bierhoff zeigte sich erstaunt: "Das kam für uns überraschend, dass es nicht voll wird." Er führt das auch darauf zurück, "dass die Kölner sich so am FC berauscht haben, dass sie nun fußballmüde sind". Köln fußballmüde? Nun ja. Was Bierhoff offenbar nicht aufgefallen war: Dass die Tickets für eine unbedeutende Partie, bei der Publikumsmagneten wie Hummels, Neuer, Reus, Müller oder Boateng fehlen, schlicht zu teuer sind.

Verbandssprecher Grittner gibt sich sensibilisierter, er hält die hohen Kartenpreise für einen von vielen Faktoren. "In dieser Phase, wo wenig auf dem Spiel steht, werfen die Zuschauer vielleicht lieber den Grill an als ins Stadion zu gehen", sagt er. Trotzdem verfestigt sich der Eindruck, dass der DFB beim Ticketing die Realität aus den Augen verloren hat. Wenn selbst das treue Kölner Publikum zaudert, muss es Gründe geben. Der Zeitpunkt nach Ende der Saison und der fehlende sportliche Wert des Tests zählen sicher dazu. 45 bis 100 Euro sind bei Länderspielen Standard für Tickets, aber die Preise zu überdenken, könnte ein Weg sein, die Fans wieder zu animieren.

Grittner merkt an, dass es vergünstigte Karten bereits gebe: "Wir haben Kontingente zu niedrigeren Preisen, etwa für Gruppen, Schüler oder Vereine." Aber für den herkömmlichen Fan gibt es keine günstigere Lösung. Den Verantwortlichen scheint das erst jetzt bewusst zu werden. "Die Preise sind ein Punkt, über den wir nachdenken müssen", sagt Grittner. Dass der DFB seine Preispolitik komplett überholt, ist nicht zu erwarten. Aber vielleicht reift zumindest die Einsicht, dass 30 Euro für ein bedeutungsarmes Spiel in Zukunft auch reichen.

© SZ vom 10.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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