Länderspiel:Improvisierte DFB-Elf besteht gegen Italien

Football Soccer - Italy v Germany- International Friendly Match

Hätte fast ein Tor geschossen: DFB-Debütant Yannick Gerhardt.

(Foto: REUTERS)

Das ewige Derby endet torlos: Doch sogar eine durchgewürfelte DFB-Elf voller Nachwuchskräfte kann sich auf weltmeisterliches Selbstbewusstsein verlassen.

Von Philipp Selldorf, Mailand

Ein Spiel zwischen Italien und Deutschland könne niemals ein Freundschaftsspiel sein, hatte der große Fabio Capello in der Gazzetta dello Sport kundgetan. Jede Begegnung zwischen den beiden Nationen sei Teil eines ewig währenden Duells, "Deutschland ist ein Koloss, aber Italien ist ein Meister der Taktik", befand der ehemalige Coach und heutige TV-Experte, und in dieser freudigen Erwartung strömten an diesem kalten, von einem prachtvollen Mond beschienenen Abend doch noch viel mehr Zuschauer als angekündigt ins Mailänder Giuseppe-Meazza-Stadion. Ganz so episch wie versprochen fiel das Treffen zwischen den alten Rivalen am Dienstagabend allerdings nicht aus.

Beide Mannschaften ließen es an Engagement nicht fehlen, sie boten manierlichen Einsatz und seriöse Leistungen, aber mit den Dramen früherer Tage hatte dieses Test-Spiel nichts zu tun. Ihre relative Bedeutungslosigkeit konnte die Partie nicht verbergen, und so endete sie folgerichtig mit einem torlosen Unentschieden, das dem Kräftemessen gerecht wurde. Aber zumindest die vielen Junioren im deutschen Team - vom Debütanten Gerhardt bis zu Goretzka, Gnabry, Weigl und Tah - werden sich des Abends dankbar erinnern.

Und auch der Bundestrainer war zufrieden: "Wir haben wichtige, gute Erkenntnisse gewonnen", fand Joachim Löw, "das war gut für unsere jungen Spieler. Wir können absolut zufrieden sein, auch wenn es nicht immer ganz sicher wirkte in der Abwehr.

Taktisch war das insgesamt sehr gut." Die improvisierte deutsche Mannschaft brauchte nicht viel Zeit, um nach dem Prinzip des Learning by Doing zueinander zu finden. Irritationen in der aus Routiniers und Neulingen verwegen gemischten Konstruktion waren kaum auszumachen, die strategische Formation, die der Trainerstab entworfen hatte, nahm schnell das gewünschte Bild an. Vor der Dreierkette mit Höwedes, Mustafi und Hummels sorgten Weigl und Rudy für Sicherheit und Spielkontrolle, Gündogan lenkte gewohnt intelligent die Offensive und arbeitete nebenbei seinen Nebenmann Goretzka ein.

Die erste Halbzeit gehört dem DFB-Team

Nach zwanzig Minuten, in denen vorwiegend die Deutschen den Ball spazieren führten und keine Anstalten machten, die Hausherren mitmachen zu lassen, meldeten sich die Tifosi mit zarten Anfeuerungen. Sie wollten nicht länger zuschauen, wie sich ihre Mannschaft demütig dem fließenden Pass-Spiel der DFB-Auswahl fügte.

Genützt hat das zunächst nicht viel. Auch die erste Gelegenheit nahmen die Gäste mit ihrem weltmeisterlichen Selbstbewusstsein in Anspruch. Gündogan spielte einen Pass in die Tiefe der italienischen Deckung, wie er exakter nicht hätte vermessen werden können. Goretzka konnte den Ball aber, aus dem vollen Sprint kommend, nicht genügend sichern. Kurz darauf wagte auch der Italiener Rugani einen Versuch, Leno durfte sich ein bisschen betätigen, weitere Aufregungen blieben ihm - abgesehen von einem Konter des agilen Immobile - bis zur Pause erspart.

Müller als Kapitän

Italien: Buffon (Juventus Turin/38 Jahre/166 Länderspiele), 46. Donnarumma (AC Mailand/17/2) - Rugani (Juventus Turin/22/2), Bonucci (Juventus Turin/29/67), Romagnoli (AC Mailand/21/4), 46. Astori (AC Florenz/29/13) - Zappacosta (FC Turin/24/2), De Rossi (AS Rom/33/110), Parolo (Lazio Rom/31/29), Darmian (Manchester United/ 26/27) - Immobile (Lazio Rom/26/20), 89. Zaza (West Ham United/25/16), Andrea Belotti (FC Turin/22/5), 89. Sansone (FC Villarreal/25/3), Eder (Inter Mailand/30/20), 68. Bernardeschi (AC Florenz/22/7). - Trainer: Ventura.

Deutschland: Leno (Leverkusen/24/3) - Höwedes (Schalke 04/28/43), Mustafi (FC Arsenal/24/ 15), Hummels (Bayern München/27/55), 46. Tah (Leverkusen/20/3), Gerhardt (VfL Wolfsburg/22/ 1) - Kimmich (Bayern München/21/11), Weigl (Borussia Dortmund/21/4), 70. Götze (Borussia Dortmund/24/62), Rudy (Hoffenheim/26/12) - Goretzka (Schalke 04/21/3), Gnabry (Werder Bremen/21/2), Gündogan (Manchester City/26/20) - Müller (Bayern München/Kapitän/27/83), 60. Volland (Leverkusen/24/10). - Trainer: Löw.

Schiedsrichter: Dias (Portugal). - Gelbe Karten: Tah, Gündogan. - Zuschauer (in Mailand): 45 000.

Mehr Gefahr entwickelte die deutsche Elf, aber auch diesmal versagte der zwar gewohnt eifrige, aber weiterhin glücklose Torjäger Müller seinen Dienst. Sollten San Marinesen zugesehen haben, dürften sie ihr Vergnügen gehabt haben, als ihr neuer Staatsfeind im Strafraum einen Drehschuss lancierte, der im Seitenaus verkümmerte. Kurz vor der Pause legte Goretzka dem Kapitän mit der Hacke einen Ball vor, der einer festlichen Einladung auf Büttenpapier glich - doch Müller verzog, und der Ball endete an einem italienischen Hinterteil.

Löw wechselt munter aus

Nach der Pause brach Jubel aus im italienischen Publikum, Ursache war ein Torwartwechsel. Nicht dass die Mailänder genug hätten vom ewigen Nationalkeeper und Juventus-Idol Gigi Buffon, aber es galt den Lokalmatadoren Gianluigi Donnarumma zu feiern - im Alter von 17 Jahren der zweite Länderspieleinsatz, was für ein Karrierestart. Der jugendliche Held kam allerdings nicht dazu, große Taten zu vollbringen. Der deutsche Spielfluss versiegte zusehends, zudem schadeten diverse Wechsel dem bis dahin gefälligen Rhythmus.

Hummels, der häufig in der gegnerischen Hälfte die Angriffe forciert hatte, machte zur Pause Tah Platz, nach einer Stunde ging auch Müller, Volland nahm seinen Platz ein. Der nächste Bundesligaspieltag mit dem großen Duell zwischen Dortmund und Bayern am Samstagnachmittag warf seine Schatten nach San Siro. Bundestrainer Joachim Löw hatte versprochen, die Interessen der Klubs zu wahren und den Spielern Schonzeit zu geben, und daran hielt er sich nun auch. Auch der Borusse Weigl durfte bald pausieren, dafür bekam sein Klubkollege Götze ein wenig Auslauf.

Gündogan blieb zwar auf dem Rasen und bewahrte auch weiterhin seine Spielfreude, aber die Einzelteile im deutschen Spiel konnte er nicht mehr zusammenhalten. Italien entwickelte jetzt mehr Wucht und gelangte häufiger in Lenos Nähe. Einen Fernschuss des frei stehenden Bernardeschi nahm der Leverkusener Torwart routiniert auf, aber gegen den Schuss des neuen populären Nationalstürmers Belotti war er machtlos. Der Ball nahm geradewegs Kurs auf die lange Ecke, die ersten Jubelrufe machten sich breit, aber dann war doch der Pfosten die Endstation (82. Minute).

Zehn Minuten später war Feierabend, und die Akteure nahmen herzlich voneinander Abschied. Bis zur nächsten Fortsetzung des ewigen Derbys von Europa.

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