Länderspiel DFB gegen England:Verzwickte Momente für starke Engländer

Länderspiel DFB gegen England: Jesse Lingard und Gary Cahill verabschieden sich - doch einige englische Fans verhielten sich nicht so freundlich.

Jesse Lingard und Gary Cahill verabschieden sich - doch einige englische Fans verhielten sich nicht so freundlich.

(Foto: AP)
  • Das Länderspiel Deutschland gegen England wird vom Anschlag in London überschattet.
  • Die englischen Spieler entscheiden sich gegen ein Trauerflor.
  • Trainer Southgate sieht einen guten Auftritt seiner Spieler - ärgert sich aber über die Fans.

Von Carsten Scheele, Dortmund

Gareth Southgate wurde sehr ernst, er schluckte, als die Frage kam. Wie sein Team auf die Nachricht der Anschläge aus London mit mindestens vier Toten reagiert habe, wollte ein Reporter nach dem Länderspiel in Dortmund vom englischen Nationalcoach wissen.

Fußball und Weltpolitik zu vermischen, ist heikel, häufig unangebracht. Doch in diesem Moment konnte Southgate nicht anders. Er erzählte, dass sein Team die Nachricht erst kurz vor dem Anpfiff erhalten habe. Man habe schon überlegt, eine Reaktion zu zeigen, sich schließlich aber doch gegen Trauerflor oder eine Schweigeminute entschieden. "Wichtig ist, dass wir in solchen Momenten weitermachen", sagte Southgate, "und uns nicht einschüchtern lassen." Das taten er und sein Team.

Für einen englischen Coach, der 0:1 beim Lieblingsrivalen Deutschland verloren hatte, hatte Southgate, was den Fußball betraf, bis dahin einen vergnügten Eindruck gemacht. Mit der Leistung an sich sei er "sehr zufrieden", urteilte der 46-Jährige. Seine Mannschaft sei sogar die bessere gewesen, habe nur vergessen, ein Tor zu erzielen. Tatsächlich war es vom Anpfiff weg nicht etwa das deutsche Team, dass seiner Hauptperson Lukas Podolski eine Gelegenheit nach der anderen auflegte. Es kam nicht dazu, weil die Engländer das Spiel auf verblüffende Weise an sich rissen.

Southgate hatte entschieden, gegen eine ersatzgeschwächte und im Podolski-Rausch befindliche deutsche Mannschaft ein taktisches Experiment zu wagen: Er ließ seine Mannschaft Offensivpressing betreiben, abgesichert lediglich von einer Dreierkette in der Abwehr, in der der junge Michael Keane (frisch aus der U21 befördert) sein Debüt feierte. Das hätte fatal schief gehen können, ging es aber nicht, denn: Die Engländer rannten wie die Bulldoggen.

Das deutsche Team, das es sonst nur mit sehr tief stehenden Abwehrformationen zu tun bekommt, zeigte sich verunsichert. Dele Alli, Adam Lallana und Jamie Vardy suchten ständig die Räume zwischen den deutschen Linien, was Druck auf die deutsche Zentrale erzeugte. Hätte Lallana nicht den Pfosten getroffen, Eric Dier seinen Freistoß nicht knapp über das Tor gesetzt und Alli nicht Torwart Marc-André ter Stegen angeschossen: Die Engländer hätten die Podolski-Party frühzeitig vermasseln können.

Aprospos Partycrasher: Southgate holte an diesem Abend noch ein weiteres trauriges Thema ein. Die englischen Fans, die zahlreich und stimmgewaltig in Dortmund erschienen, hatten nicht nur die deutsche Hymne, sondern auch die Feierlichkeiten für Podolski (der in seiner Arsenal-Zeit auf der Insel durchaus beliebt war) mit Pfiffen und Buh-Rufen gestört. Southgate erklärte zerknirscht, man versuche, die mitgereisten Fans zu ermuntern, sich in solchen Situationen "richtig" zu verhalten. An diesem Abend hatte das wieder einmal nicht geklappt.

Auch Southgate weiß: Er kann vielleicht der englische Trainer sein, der die talentierte Mannschaft zurück in Richtung Weltspitze führt. An der Aufgabe, den Fans beizubringen, auswärts ein Bier weniger zu konsumieren, wird er jedoch genauso scheitern wie alle Teammanager vor ihm. Immerhin: Seine Spieler zeigten sich in bester britischer Manier als fairer Verlierer. Torhüter Joe Hart etwa gratulierte noch während des Spiels Lukas Podolski zu seinem Wumms ins Kreuzeck. Er klatschte den Abschieds-Jubilar in einer Szene am Sechzehner ab und rief ihm Glückwünsche zu. "Verdammt guter Schuss", habe der Keeper gesagt, so Podolski später. Den hätte Trainer Southgate übrigens auch gut gebrauchen können, als er 1996 im EM-Halbfinale gegen die Deutschen im Elfmeterschießen vergab.

Deutschland - England

Auch so sind die Engländer: Torwart Joe Hart mit respektvollem Abklatscher für Torschütze Podolski.

(Foto: dpa)
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