Länderspiel: Deutschland - Italien:Bitte recht freundlich

Im ersten Länderspiel des Jahres erreicht die deutsche Nationalelf lediglich ein 1:1 gegen Italien. Nach Kloses Führungstor bringen der ramponierte Rasen und die vielen Wechsel das DFB-Team durcheinander - und die "Squadra Azzurra" zurück ins Spiel.

Es bleibt dabei: Seit knapp 16 Jahren hat die deutsche Nationalmannschaft nicht mehr gegen Italien gewonnen. Am Mittwochabend erreichte sie im ersten Länderspiel des Jahres lediglich ein 1:1 (1:0), obwohl sie als leichter Favorit in die Begegnung gegangen war. Es war die Neuauflage des WM-Halbfinales von 2006, das an gleicher Stelle stattgefunden hatte.

Deutschland - Italien

Deutscher Jubel: Miroslav Kloses 1:0 ging eine sehenswerte Kombination über Özil und Müller voraus.

(Foto: dpa)

Seither ist viel passiert: Die Deutschen haben sich bei der WM 2010 mit tollem Fußball in der Weltspitze etabliert, die Italiener, Weltmeister von 2006, erlebten einen Absturz. Am Mittwoch begegneten die Teams einander auf Augenhöhe - und vor allen Dingen überaus freundlich. "Es war ein unterhaltsames Testspiel, auch von den Italienern", sagte Bundestrainer Joachim Löw, "das Tempo, das wir anfangs phasenweise hatten, haben wir nicht über 90 Minuten umsetzen können, wie wir uns das vorgenommen hatten. In der zweiten Halbzeit haben wir es auch ein bisschen versäumt, so viel zu investieren, dass wir das 2:0 machen."

Freundlich sagte Löw all das, gelassen, und das ist deshalb erwähnenswert, weil es vor der Begegnung vergleichsweise hoch hergegangen war. Diverse Alt-Internationale beider Länder hatten angemerkt, bei der Partie Deutschland gegen Italien handele es sich nie nur um ein Freundschaftsspiel. Es war dann fast eine Überraschung, dass es sich sehr wohl um ein Freundschaftsspiel handelte, was sich außer am Ergebnis daran erkennen ließ, dass beide Teams sehr pfleglich miteinander umgingen.

Lediglich Thiago Motta erlaubte sich in der ersten Halbzeit einen Tritt gegen Sami Khedira, den der niederländische Schiedsrichter Eric Braamhaar mit der einzigen gelben Karte der Partie ahndete. Es ließ sich auch daran erkennen, dass beide Trainer nach der Pause äußerst munter wechselten, was bekanntlich in wichtigen Spielen eher selten bis nie vorkommt.

Die Deutschen zeigten zu Beginn herrlichen Fußball, der an die teils rauschhaften Auftritte während der WM in Südafrika erinnerte. Mesut Özil führte so lässig Regie, als gäbe er sein Abschiedsspiel nach 15 erfüllten Jahren bei Real Madrid, dem FC Barcelona und Manchester United (und einem Abschlussjährchen zum Spaß beim FCSchalke 04, der ihn einst nach Bremen verschacherte). Thomas Müller rannte auf der rechten Seite, als versuchte er durch beständige Verwirbelung der Luft eine Windhose zu entfachen, er vernachlässigte allerdings die Abwehrarbeit komplett.

Und Miroslav Klose wirkte im Sturmzentrum so allzeit bereit wie ein New Yorker Feuerwehrmann auf Nachtschicht. Es machte Spaß, dem Spiel zuzusehen, was auch die Italiener so empfanden. Vielleicht war es der Stolz darüber, die besten Plätze im Stadion zu haben, der sie dazu bewog, dem Treiben keinerlei Einhalt zu gebieten.

Rossi bedankt sich

Statt sich stur aufs Verteidigen zu konzentrieren, spielte die italienische Mannschaft mit, immer wieder einmal zeichnete sie einen sehenswerten Spielzug auf den ramponierten Rasen, der eines Länderspiels vollkommen unwürdig war. Der Dortmunder Platzwart dürfte der Partie mit denkbar schlechtestem Gewissen beiwohnt haben, denn im Vergleich zum Dortmunder "Rasen" muss man sich eine Motocross-Strecke als plane Ebene vorstellen. "Auf dem Platz war es sehr schwierig. Wir sind eine Mannschaft, die durch ihre technischen Fähigkeiten versucht, das Spiel zu dominieren", sagte Bastian Schweinsteiger.

Laenderspiel Deutschland - Italien

Italienischer Jubel: Guiseppe Rossi traf zum 1:1, weil die deutsche Abwehr schlecht stand.

(Foto: dapd)

Erstaunlich, dass zunächst dennoch so viel gelang auf dem Geläuf. Zum Beispiel in der 16. Minute: Müller spielte Özil in der italienischen Hälfte an, der ließ den Ball gelassen zurück in den Lauf von Müller tropfen. Müller wiederum hatte mittlerweile den Strafraum erreicht, und statt es nun mit einem Schuss aus nicht ganz optimalem Winkel zu versuchen, legte er den Ball überlegt quer zu Klose, der seelenruhig zum 1:0 vollendete. "Das Tor war klasse herausgespielt, das war ein schöner Angriff", sagte Löw. Es war Kloses 59. Tor im 106. Länderspiel - noch neun Treffer, und er hat den Rekord von Gerd Müller egalisiert.

In der Folge forderten die Italiener dann und wann einen Elfmeter, und in einem Fall hätten sich die Deutschen nicht beschweren können. Kurz vor der Pause brachte Per Mertesacker im Strafraum Antonio Cassano zu Fall, doch Schiedsrichter Braamhaar ließ weiterspielen. Das gelegentliche Fordern von Elfmetern setzte sich auch in der zweiten Halbzeit leitmotivisch fort, und stets zeigte Braamhaar an, dass ihn das nicht im Mindesten beeindruckte.

Leider zählten diese Szenen zu den unterhaltsamsten der zweiten Hälfte, denn nach all den Wechseln war natürlich der Spielfluss verloren gegangen. Immer, wenn die Begegnung wieder ein wenig Fahrt aufzunehmen drohte, brachte einer der Nationaltrainer einen neuen Spieler aufs Feld, was für erneute Konfusion sorgte.

Den Deutschen konnte es recht sein, sie führten, und es wäre in diesem unwichtigen Spiel immerhin ein Prestige-Sieg gewesen, denn der letzte Erfolg gegen Italien datiert aus dem Jahr 1995. Damals siegte die Nationalelf in Zürich 2:0, dem großen Paolo Maldini unterlief damals ein bemerkenswert peinliches Eigentor.

Aber es passte zu diesem Freundschaftsspiel, das angeblich keines war, wie der Ausgleichstreffer fiel: Die neu formierte deutsche Abwehr lief ohne jede Ordnung durcheinander und vertändelte den Ball, der eingewechselte Giuseppe Rossi bedankte sich und erzielte das 1:1 (81. Minute). Das war der Schlusspunkt unter ein Spiel, das wunderbar begonnen hatte und schließlich in freundschaftlichster Ruhe zu Ende ging.

Ein ganz kleines bisschen Rivalität blitze freilich nach der Partie noch einmal auf, als Bastian Schweinsteiger sagte: "Ich habe Vertrauen darin, dass wir in Zukunft die Mannschaft der Italiener einmal schlagen können. Wir müssen noch genauer spielen und mehr Geduld haben." Es empföhle sich dafür eine Partie, in der es wirklich um etwas geht.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: