Kurzportraits:Komiker und Wirbelwind

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Schillernde Namen und wichtige Hintermänner: In der französischen Nationalmannschaft profitieren beide Seiten voneinander - und alle von der Geschwindigkeit von Kylian Mbappé.

Von Fabian Sanginés

Hugo Lloris: Sicherheit auf der ganzen Linie

Sollte Frankreich Weltmeister werden, wird er den nationalen Medien kaum eine Schlagzeile wert sein. Zu schillernd sind die Namen vor ihm: Kylian Mbappé, Antoine Griezmann oder Paul Pogba. Dabei hat Torhüter Hugo Lloris einen großen Anteil am Erfolg der Franzosen. Mit seiner überragenden Parade im Viertelfinale gegen Uruguay kurz vor der Halbzeit sorgte der 31-Jährige dafür, dass hinterher von einem ungefährdeten Sieg berichtet werden konnte. Auch im Halbfinale gegen Belgien war Frankreichs Kapitän spielentscheidend: Toby Alderweirelds Schuss in der 21. Minute zu parieren, war auch für einen Toptorwart keine Selbstverständlichkeit. Auf der Linie gehört Lloris zu den Weltbesten, und mit seiner Ausstrahlung vermittelt er seinen Vorderleuten viel Ruhe.

Samuel Umtiti: Komiker und Held

Spätestens nach dem Halbfinale müssten sie ihn eigentlich kennen in Frankreich. Schließlich war es Samuel Umtiti, der mit seinem Kopf die Franzosen ins Finale schoss. Dennoch unterlief dem französischen Pressechef Philippe Tournon bei der Pressekonferenz vor dem Endspiel gegen Kroatien ein Lapsus - er stellte den Journalisten Paul Umtiti vor. Der Innenverteidiger hob die Hände in die Luft, stand auf und lief in Richtung Ausgang. Unter Gelächter der anwesenden Medienvertreter kehrte er aber umgehend mit belustigtem Gesichtsausdruck zurück, setzte sich hin, worauf Tournon schmunzelnd sagte: "Voilà, Samuel Pogba." Etwas weniger lustig verlief für den 24-Jährigen der Auftakt ins Turnier. Beim vermeintlichen Selbstläufer gegen Australien zum Auftakt verursachte er mit einem Handspiel im eigenen Strafraum einen Elfmeter, der zum 1:1 führte. Dank eines Eigentores (und der Torlinientechnik) schafften es die Franzosen noch zum ­knappen Sieg, Umtiti war der Spott aber sicher.

Kylian Mbappé: Der Wirbelwind

Er ist schnell. Er ist spektakulär. Er ist jung. Kurz: Kylian Mbappé ist eine der großen Figuren dieser Weltmeisterschaft. Insbesondere beim Achtelfinalsieg gegen Argentinien trumpfte der 19-Jährige groß auf: Er erzielte zwei Tore, holte einen Elfmeter und gefährliche Freistöße heraus. Argentinische Medien spotteten, dass die älteren Herren der Albiceleste in Gefahr liefen sich zu erkälten, wenn der junge Wirbelwind an ihnen vorbei sprintete. Eine Augenweide war auch sein Absatztrick nach einer Drehung, mit dem er im Halbfinale gegen Belgien beinahe einen Treffer vorbereitete. Es scheint, als habe Mbappé nach seinem Wechsel zu Paris Saint-Germain im vergangenen Sommer viel vom Pariser Königstransfer Neymar gelernt. Vielleicht ein bisschen zu viel. Beim Stand von 2:0 im Viertelfinale gegen Uruguay fiel der Jungspund mit aufreizenden Kabinettstücken auf, was die Gegner offensichtlich provozierte. Auf einen leichten Rempler eines Uruguayers reagierte das Supertalent so, wie es sein Lehrmeister bei dieser WM tat: Mit Schauspielerei. Das wiederholte er in den Schlussminuten des Halbfinals. Gegen Kroatien dürfte sich Mbappé wieder die positiven Eigenschaften seines Vereinskollegen zum Vorbild nehmen: spektakulären Fussball.

Olivier Giroud: Der tor(schuss)lose Stürmer

Normalerweise wird ein Stürmer an seinen Toren gemessen. Bleiben diese aus, wird er schnell infrage gestellt - und in der Regel bald ersetzt. Nicht so Olivier Giroud. Der 31-Jährige gehört zum festen Stamm von Didier Deschamps, obwohl er in Russland noch ohne Treffer ist. Und nicht nur das: In 465 WM-Minuten (exklusive Nachspielzeit) schoss Giroud nicht ein einziges Mal aufs gegnerische Tor. Deshalb ist er das perfekte Beispiel dafür, dass ein Mittelstürmer nicht immer nur auf den Abschluss reduziert werden kann. Der 1,93 Meter große und über 90 Kilogramm schwere Stürmer verarbeitet nach vorne gespielte Bälle, schirmt sie ab, reisst Löcher in der gegnerischen Abwehr auf und verrichtet auch defensiv wertvolle Arbeit. Und wer weiß: Vielleicht ist es ja ausgerechnet Giroud, der Frankreich mit seinem ersten Torschuss bei diesem Turnier zum Weltmeister macht.

© SZ vom 15.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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