Kritik am  DFB:"Zu Lasten der Amateure"

Benachteiligt der Grundlagenvertrag des DFB mit den Bundesligisten einseitig die Amateurklubs und Regionalverbände? Der Verband weist das zurück. Die Staatsanwaltschaft kommt zu einem anderen Urteil.

Von Johannes Aumüller und Thomas Kistner, Frankfurt

Es gibt neue Aufregung in der Debatte um den Grundlagenvertrag zwischen dem Deutschen Fußball-Bund (DFB) und der Deutschen Fußball-Liga (DFL). Wie nun publik wird, beschäftigte sich - auf eine Strafanzeige hin - auch die Staatsanwaltschaft Frankfurt mit diesem Papier; genauer: mit einer umstrittenen und lange geheim gehaltenen Zusatzvereinbarung. Die Ermittler lehnten zwar die Einleitung eines Strafverfahrens ab. Stoff für Diskussionen liefert der Vorgang aber genug. Und eine Feststellung der Frankfurter Behörde dürfte dem DFB missfallen.

Die Staatsanwaltschaft bestätigte der SZ, dass es in ihrer Abschlussverfügung zur Strafanzeige heißt: Die Zusatzvereinbarung müsse "als Förderung des Profifußballs (DFL) zu Lasten des Amateurfußballs (Landes- und Regionalverbände) eingeordnet werden". Der DFB indes hatte stets betont, dass die betreffende Klausel "für den Amateurfußball und die Landesverbände des DFB keinesfalls nachteilig" seien.

Die Behörde sieht beim DFB keien Pflichtverletzungen

Die Diskussion um den Grundlagenvertrag war im Frühjahr aufgekommen. Er regelt die finanziellen Beziehungen zwischen dem DFB und der DFL, in der sich die 36 Profiklubs aus erster und zweiter Bundesliga organisieren. Zwei Leistungen stehen dabei im Mittelpunkt: Die Liga überweist dem DFB drei Prozent ihrer Erlöse aus Medienrechten und Eintrittskartenverkauf - als "Pachtzins", um sich unabhängig vom Verband vermarkten zu dürfen. Und der DFB zahlt der Liga aus den Vermarktungserlösen des Nationalteams "zwischen 15 und 30 Prozent".

Doch im April stellte sich heraus, dass es bereits seit 2013 stille Nebenabreden dazu gibt - und die grenzen die eigentlich fest vereinbarten Zahlungsflüsse stark ein. So muss die Liga dem DFB jährlich statt der offiziell drei Prozent nur maximal 26 Millionen Euro zahlen, und der DFB der Liga maximal 20 Millionen. Dabei ist egal, wie die Einnahmen anwachsen. Das tun sie vor allem bei der Liga: Allein die TV-Rechte bringen den Profiklubs bald knapp 1,5 Milliarden Euro pro Jahr. Bemerkenswert: Den DFB-Delegierten lag diese Zusatzvereinbarung mitsamt der Deckelung bei den Abstimmungen nicht explizit vor - auch nicht beim jüngsten Bundestag 2016 unter dem neuen DFB-Führungsteam um Präsident Reinhard Grindel.

Es fällt schwer, die finanzielle Auswirkung der stillen Abmachung zu berechnen; DFB und Liga nennen keine konkreten Zahlen. Eine Hochrechnung zeigt, dass die Liga vom Zeitpunkt der Einführung der Deckelung 2013 bis zum Jahr 2021 um etwa 100 Millionen Euro besser wegkommt als ohne Deckel. Weshalb nun viele Amateurvertreter Fragen an den DFB haben.

Als die Zusatzvereinbarungen im Frühjahr aufgeflogen waren, hatte der frühere Verbandschef Theo Zwanziger, der mit der neuen Führung seit Beginn der WM-2006-Affäre im Clinch liegt, Strafanzeige wegen des Vorwurfes der Untreue gestellt. Die Staatsanwaltschaft wies das nach einmonatiger Prüfung am 5. Juli ab; die Generalstaatsanwaltschaft gab ihr einen Monat später recht. Es sei keine Pflichtverletzung erkennbar. Detaillierter äußerte sich die Behörde nicht. Nach SZ-Informationen ging ein Teil der Argumentation so: Weil die DFL - wie die einzelnen Regional- und Landesverbände - Mitglied des DFB sei, sei es Entscheidung des DFB, welches Mitglied er wie unterstütze. Die hier erfolgte Gewichtung "zu Lasten der Amateure" sei durch die Satzung gedeckt.

Dass die Zusatzvereinbarung den Delegierten des DFB-Bundestags 2016 nicht explizit vorgelegt wurde, spielt laut Justiz keine Rolle. Nach SZ-Informationen befand die Behörde, dass die Existenz der Zusatzvereinbarung nie verschwiegen worden sei - und es zu den Aufgaben eines Delegierten gehöre, sich umfassend zu informieren. "Wie in der Parteipolitik ist es völlig legitim und sozialadäquat, durch bewusstes Vorenthalten von Detailwissen Mehrheiten zu schaffen", heißt es in der Abschlussverfügung der Behörde. Während jenes Bundestages 2016 war DFB-Chef Grindel erstmals in eine reguläre Amtszeit gewählt worden - von Amateuren und Profis.

Die Argumentation der Behörde missfällt Amateurvertretern. Es bestehe "der berechtigte Verdacht, dass man den DFB trotz offensichtlicher Verstöße durch abenteuerliche rechtliche Begründungen vor straf- und steuerrechtlichen Verfahren schützen" wolle, sagte Engelbert Kupka, Ex-Präsident der SpVgg Unterhaching und Sprecher der Initiative "Rettet die Amateurvereine", dem Kicker, der als Erster über die Abschlussverfügung berichtete.

Den DFB beschäftigt das Thema nun auf vielen Ebenen. Erst kürzlich verabredeten die Spitzen von DFB und DFL ein "Unterstützungspaket für Amateure", das sich auf 13 Millionen Euro addiert - wohl, um den Zorn an der Basis abzumildern. Zugleich prüft das Ethikkomitee die Vorgänge rund um den Grundlagenvertrag. Und trotz der Beteuerungen, dass alles korrekt lief, lässt der DFB bei einem außerordentlichen Bundestag Anfang Dezember noch einmal über den Grundlagenvertrag und die Zusatzvereinbarung abstimmen. Diesmal sollen alle Geheimpapiere verfügbar sein.

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