Korruption im Sport:Auf Shoppingtour

Schwerer Betrugsverdacht im afrikanischen Fußball: Ghanas Verbandschef soll Bestechungsgelder angenommen haben. Die Regierung kündigt an, den Nationalverband fürs Erste auflösen zu wollen.

Von Thomas Kistner

Den Fußball-Weltverband erschüttert die nächste Korruptionsaffäre auf höchster Ebene: Ghanas Verbandschef Kwesi Nyantakyi, der auch im Fifa-Council sitzt, ist mit versteckter Kamera gefilmt worden, wie er in einem Hotel Geldbündel "zum Shopping" in Empfang nimmt und eilig in eine dunkle Plastiktüte stopft. Nach Angaben der britischen BBC, die den Vorfall jetzt zusammen mit vielen weiteren Bestechungs-Eskapaden im afrikanischen Fußball dokumentierte, soll es sich allein in diesem Fall um 65 000 Dollar gehandelt haben. Während Nyantakyi in Ghana zur Haft ausgeschrieben sein soll, teilt die Fifa erst nach längerem Schweigen am Freitagnachmittag mit, dass der Funktionär von ihrem Ethikkomitee für 90 Tage suspendiert wurde. Die am Mittwoch ausgestrahlte TV-Reportage zeigt auch, wie Nyantakyi selbst Schmiergelder eingefordert habe. Dabei soll es um 9,3 Millionen Euro gegangen sein, die er angeblich für Verträge mit der Regierung verlangte - von vermeintlichen Investoren, die in Wirklichkeit Journalisten waren. Insgesamt werden mehr als 100 Offizielle und ihre Chefs als Geldempfänger bezeichnet, rund 150 Zahlungen dokumentiert. Ghanas Regierung kündigte die Auflösung des Nationalverbandes GFA an. "Schockiert und empört" ließ Informationsminister Mustapha Abdul-Hamid wissen: "Die Dokumentation legt das schwerwiegende Versagen des Verbandes offen, das von Betrug, Korruption und Bestechung gekennzeichnet ist." Bis zur Neugründung will die Regierung alle Fußballbelange überwachen.

Nyantakyi unterstützte Fifa-Boss Infantion bei dessen Wahl

Die Dokumentation zeigt zudem, wie Referees rund 85 Euro für das Verschieben eines Spiels annahmen. 500 Dollar waren es bei einem Match-Offiziellen aus Gambia, der vor einem Länderspiel Ghanas gegen Mali bezahlt wurde. Und 600 Dollar waren es in einem prominenteren Fall: Range Marwa (Kenia) pfeift international und war als Linienrichter vorgesehen für die WM 2018 in Russland; zu sehen ist er im beim Geldempfang im Hotel. Auf SZ-Anfrage teilte die Fifa ausweichend mit: Marwa habe sich "aus der Rolle als Schiedsrichterassistent bei der WM zurückgezogen". Nachfragen, ob er das selbst tat oder erst mit Vorwürfen konfrontiert wurde, blieben unbeantwortet.

Marwa ist bereits der vierte Referee, der kurz vor dem WM-Turnier in Russland zurückgezogen werden muss. Vor zehn Tagen strich die Fifa den unter Korruptionsverdacht stehenden saudischen Schiedsrichter Fahad Al-Mirdasi von der Liste. Der Referee war in der Heimat lebenslang gesperrt worden, er soll vom Chef des Klubs Al Itthihad Geld für eine parteiische Spielleitung beim Pokalfinale gefordert haben. Mit Al-Mirdasi wurden zwei für die WM vorgesehenen Assistenten aus Saudi-Arabien gestrichen.

Im Fall des Fifa-Vorstandes Nyantakyi geht es um viel mehr Geld. Dennoch hielt sich die Fifa auch hierzu auf erste Anfragen bedeckt. Der Fall ist delikat. Nyantyaki zählte zu Infantinos Unterstützern, als dieser 2016 den Fifa-Thron eroberte. Im Herbst 2017 berief Infantino den Banker aus Accra in den Vorstand der Fifa-Stiftung; dort überwachen sie mit Ratskollegin Sonia Bien-Aime (Turks- und Caicosinseln) die sozialen Entwicklungsinitiativen der Fifa. Nyantakyi, der bisher alle Vorwürfe bestritt und sich zur BBC-Sendung noch nicht äußerte, trat am Freitagabend als Verbandschef zurück. Afrika wird immer stärker zur Problemzone für die Fifa. Schon im April war Fifa-Ratsherr Constant Omari, zugleich zweiter Caf-Vize, im Kongo unter Korruptionsverdacht vorübergehend festgenommen worden.

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