Kommunen wollen Pferdesteuer einführen:Gaul als Goldesel

Klamme Kommunen erwägen eine neue Abgabe auf Reitpferde. 750 Euro sollen demnach pro Tier jährlich fällig werden - damit würde das Pferd zum ersten besteuerten Sportgerät Deutschlands. Doch es regt sich Widerstand.

Gabriele Pochhammer

So einen Showdown hat die Stadtverordnetenversammlung von Langenselbold im Main-Kinzig-Kreis noch nicht erlebt. 350 Reiter und Pferdebesitzer drängten sich am Montagabend in der örtlichen Stadthalle und hielten Plakate hoch: "Pferde sind keine Goldesel", "Reitsport wird zum Bonzenhobby", "Mein bester Freund ist mir nicht wurst."

Ausritt bei Sonnenuntergang

Geht es nach dem Willen einiger Kommunen, könnte das Pferd bald das erste Sportgerät Deutschlands werden, das besteuert wird.

(Foto: dpa)

Die SPD-Fraktion im Stadtparlament hatte beantragt, eine Pferdesteuer einzuführen: 750 Euro pro Jahr und Reittier. Die Stadtkasse ist in Langenselbold so leer wie in den meisten Kommunen, da kommt man auf kreative Ideen. 26 von 36 Volksvertretern stimmten dann allerdings gegen den Plan - und auf den Tribünen brach Jubel aus.

Robert Kuypers, der Geschäftsführer des Verbandes hessischer Reit- und Fahrvereine, ahnt jedoch, dass die Reitlobby in Langenselbold nur einen Etappensieg errungen hat. "Bisher konnten wir die Politiker meist überzeugen, den Plan fallenzulassen", sagt er. Aber das wird wohl kaum so bleiben. Mehr als zehn Kommunalverwaltungen erwägen derzeit, eine Steuer auf Reitpferde einzuführen, die meisten in Hessen.

In Nidderau, einem Nachbarstädtchen von Langenselbold, wird bereits an einer Satzung gearbeitet. Ermutigt wurden die Kommunen vom hessischen Städte- und Gemeindebund, der diese Geldquelle neuerdings empfiehlt - mit dem Argument, Reiter seien schließlich wohlhabend. Eine Mustersatzung wurde gleich mitgeliefert, die Gemeinde muss nur noch ihren Namen und den Wunschbetrag einsetzen.

Seitdem hat Robert Kuypers an mehr als hundert Kommunalpolitiker geschrieben und seine Argumente gegen die Pferdesteuer dargelegt. Reitsport sei keineswegs ein Privileg der Reichen, sondern werde vorwiegend von Angehörigen mittlerer Einkommensschichten betrieben. Drei Viertel aller aktiven Reiter seien jünger als 21 Jahre, sie übten ihr Hobby vorwiegend auf Reiterhöfen und in Vereinen aus.

Gerade für diese Gruppe würde sich der Sport verteuern - bundesweit seien 3900 Pferdebetriebe gefährdet, warnen die Reiter. Wilhelm Fuchs, der in Langenselbold eine Reitschule betreibt, rechnet vor: "Ein durchschnittliches Pferd für den Freizeitreiter kostet 3000 bis 4000 Euro. 750 Euro Steuer, das wäre, als würde man ein Mittelklasse-Auto im Wert von 20.000 Euro mit 5000 Euro Kfz-Steuer jährlich belegen."

Die Reiter führen noch weitere Argumente an: 2008 hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) nur sechs Sportarten offiziell als "Gesundheitssport" anerkannt - das Reiten gehört dazu. So gesehen wäre es nun das erste Mal, dass ein Sportgerät besteuert würde. Könnte man nach dieser Logik nicht auch die Haltung von Golfschlägern besteuern? Vor allem bemühen sich die Reiter aber zu versichern, dass sie gar nicht so reich sind, wie es das Klischee vermuten lässt.

"Das Gros der Reiter ermöglicht die Haltung ihrer Pferde nur durch Verzicht auf anderen Gebieten", sagt Thomas Ungruhe, der im Dachverband FN für den Breitensport zuständig ist. Er findet: "Eine Reitpferdesteuer wäre als Luxussteuer nicht haltbar." Als solche versteht sie aber sogar der Städte- und Gemeindebund. Im Gegensatz etwa zur Hundesteuer, die vor allem in Ballungsgebieten die Hundehaltung eindämmen soll. Die Pferdefreunde sind wachgerüttelt. Nächste Woche wird womöglich in Biebertal abgestimmt, dann werden sie dort ihre Plakate auspacken. "Wir haben 728.000 Verbündete", sagt Thomas Ungruhe. So viele organisierte Reiter gibt es in Deutschland.

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