Kommentar:Zwei Sieger müssen her

Das Internationale Olympische Komitee erfindet gerade einen Dreh, um den Amerikanern die Sommerspiele 2024 zuzuschustern. Los Angeles, dann Paris - das IOC braucht eine Doppellösung. Die Rochade ist so billig wie durchschaubar.

Von Thomas Kistner

Herzlichen Glückwunsch, Donald Trump, zu den Sommerspielen 2024 in Los Angeles. Mögen die Muskelspiele des US-Präsidenten den Rest der Welt noch so irritieren, in der Sportpolitik hat er offenbar alles richtig gemacht. Wo Hillary Clinton (mit New York für 2012) und Barack Obama (Chicago 2016) kläglich scheiterten, kann der neue Kraftmeier im Weißen Haus die Füße hochlegen - das Internationale Olympische Komitee erfindet gerade einen Dreh, um ihm die Spiele zuzuschustern.

Die Spielevergabe im Herbst dieses Jahres, das zeichnet sich immer deutlicher ab, wird auf eine Doppelkür hinauslaufen, neben 2024 wird gleich 2028 vergeben. Das IOC wärmt also die Zirkusnummer auf, die schon dem Bruderverband Fifa (Russland 2018/Katar 2022) so viel Verdruss bereitet hat, dass sich Fußballfunktionäre heute fragen, wer wohl auf diese Schnapsidee gekommen sei.

Los Angeles, dann Paris - das IOC braucht eine Doppellösung

Aber das IOC hat ja gute Gründe, den zum Jähzorn neigenden Trump zu hofieren. Ein Kernteil des olympischen Geschäfts läuft über amerikanische Sender und Sponsoren ab. Zugleich schnüffelt das FBI neuerdings gern in den Abgründen der Sportpolitik herum. Und so etwas darf sich das IOC, das sein Geschäftsmodell (anders als Fifa und Co.) auf dem Grundpfeiler der Ethik errichtet hat, um keinen Preis leisten. Jedoch gibt es nun leider Bemühungen der brasilianischen Justiz, die US-Bundespolizei als Partner für ihre Ermittlungen im olympischen Ticketsumpf zu gewinnen. Auch die Strafbehörden in Frankreich, die zu Geldflüssen um die Spielvergabe an Tokio 2024 ermitteln, sähen gern die Amerikaner im Boot. Aber: IOC und FBI - nein, die Verbindung wäre fatal. Schon einmal, bei der großen IOC-Korruptionsaffäre um Salt Lake City vor 18 Jahren, stand der Ringe-Clan vor dem Untergang. Damals sogar ohne FBI-Aktivitäten.

Trump hat dem IOC-Chef Thomas Bach schon klargemacht, dass er hinter den L.A.-Spielen steht. Und Trump verliert nun mal so ungern wie Wladimir Putin. Der hatte vor einer Dekade die Winterspiele nach Sotschi geholt: ohne Stadien. Und mit einem Fingerschnippen.

Bachs Problem: Ein Votum gegen Europa, das für 2024 mit Paris und Budapest im Ring steht, und für ein Los Angeles in Zeiten des Mauerbauers Trump - das wäre im Multikulti-Zirkel IOC mit Dutzenden Mitgliedern aus muslimischen und Drittwelt-Ländern schwer vermittelbar. Zudem tritt der bisherige Spitzenkandidat Paris ja schon zum vierten Mal an (nach 1992, 2008, 2012); Frankreich sollte nicht noch einmal brüskiert werden. Das IOC hat ein gewaltiges Problem: Es braucht zwei Sieger.

Die Rochade ist so billig wie durchschaubar

Der fintenreiche Bach löst das auf seine Art. Er hat eine sehr originelle Erklärung für den Notfallplan mit der Doppelvergabe ausgeheckt, sie lautet: "Wir produzieren zu viele Verlierer!" Also sollen nun zwei Sieger her, von denen einer erst 2028 ran darf.

Die Rochade ist so billig wie durchschaubar. Verlierer zu produzieren ist die Natur jeder Auswahl. Oder kann man die Spiele künftig beim IOC per Telefon bestellen? Auch produziert Bach auf die Tour nur noch mehr Verlierer: alle, die mit einem Bewerb für 2028 liebäugeln.

Aber seit wann denken Sportpolitiker über die eigene Amtszeit hinaus? Bachs Ära prägen die Sportsfreunde Putin und Trump; enden wird diese spätestens im Jahr 2025. Erst dann könnte die Sommerspielstadt 2032 gekürt werden. Und bis dahin? Sollte die Macht mit Bach sein.

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