Kommentar zum Fach-Rauswurf:Ende einer Ich-AG

Womöglich wird jetzt wieder lamentiert werden, dass die Bundesliga ein grausames Geschäft ist, dass das Heuern und Feuern den Rhythmus dieses Geschäfts bestimmt, und dass der Fußball nicht mehr ist, was er war. Wer für die Thesen Belege sucht, findet nirgendwo bessere als in Mönchengladbach.

Von Klaus Hoeltzenbein

Als Hort von Vertragstreue und Seriosität galt die Borussia, die zwischen 1965 und 1987 mit Hennes Weisweiler, Udo Lattek und Jupp Heynckes auskam - drei Fachkräfte für 23 Jahre. Aber die Ahnengalerie des Vereins dokumentiert auch den Wandel:

Seither standen elf Trainer in Mönchengladbach unter Vertrag, seit 1997 versuchten gar acht Kandidaten (Bernd Krauss, Hannes Bongartz, Norbert Meier, Friedel Rausch, Rainer Bonhof, Hans Meyer, Ewald Lienen, Holger Fach), die Mythen am winddurchfegten Bökelberg zu erneuern.

Umgezogen ist Borussia im Sommer, der Wechsel in den Nordpark, einen noch von Wellblech umrahmten Funktionalpalast, steht für den Drang in eine neue Zeit. In diesem Klima des merkantilen Aufbruchs muss jede Entlassung herzlos und stilarm wirken, und in der Tat kommt die Debatte sicher auch bei Christian Hochstätter an, dem Manager des Vereins.

Ein zweites Mal ist er gescheitert mit dem Versuch, die Tradition zu beleben, einen ehemaligen Spieler als Trainer dauerhaft zu installieren. Unter Holger Fach fand die Fohlenelf ebenso wenig ihren Tritt wie zuvor unter Ewald Lienen.

Ein Lamento, ein Schimpfen auf die Ellenbogen in der Liga aber würde nur ablenken davon, dass ein Trainer einen bestens bezahlten Vorzugsjob genießt und sich seiner Verantwortung zu stellen hat. Am Dienstag, nach dem 0:3 in Bochum, ließ Fach die Gelegenheit aus, in den Fanblock zu gehen.

Unabhängig davon, dass dieses Ritual, Verlierer vor den Gitterzaun zu zitieren, etwas Zwanghaft-Nötigendes hat, hätte Fach Sympathiepunkte sammeln können. Schließlich hatte sich einiges aufgestaut seit jenem 17. März, an dem die Borussia seltsam apathisch das Halbfinale im DFB-Pokal bei Alemannia Aachen und damit eine große Chance verlor. Umgehend sprach Fach das Misstrauen aus: "Wir haben keine Kerle." Warum hatte er die Mannschaft dann übernommen?

Ein halbes Jahr später, nach einem 2:2 gegen Rostock, folgte Rundumschlag Nummer zwei: "Einigen Spielern fehlt die Klasse." Nur diesmal war es nicht mehr Lienens Auswahl, sondern Fachs, zehn Profis waren im Sommer gegangen, acht neue kamen - im Kader stehen hoch interessante Talente wie Broich, Kluge, Sverkos, Gaede oder Korzynietz. Wer so auf Distanz zur eigenen Urteilskraft geht, fliegt nur noch weiter aus der Kurve, wenn er eine Woche später, nach dem 1:2 in Wolfsburg, sagt: "Großes Kompliment, wir sind eine Klasse besser als im Vorjahr."

Fach ist nicht an den Verhältnissen gescheitert, auch nicht an seinem Freund Hochstätter, der ihm jüngst den schönen Rat gab: "Wenn er sich als Trainer weiterentwickeln will, soll er das ,Ich' streichen und das ,Wir' einfügen." Das Wir ist wichtig bei Borussia, wo sie sich weiter aus ihrer Traditionself bedienen: Horst Köppel fängt am Samstag gegen die Bayern an. Jupp Heynckes wird bestimmt gefragt, und dann ist wohl bald auch Berti Vogts wieder frei.

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