Kommentar:Zuerst kommt die Steuer

Auch falls die Frage nach dem 6,7-Millionen-Euro-Darlehen nicht geklärt werden sollte, drohen dem deutschen Fußball weitere spektakuläre Prozesse.

Von Johannes Aumüller

Nach zweieinhalb Jahren wird es endgültig ernst in der Millionen-Affäre um die WM 2006: Die Staatsanwaltschaft Frankfurt hat den drei früheren DFB-Funktionären Wolfgang Niersbach, Horst R. Schmidt und Theo Zwanziger die Anklageschrift zugestellt - wegen Steuerhinterziehung in einem schweren Fall. Und neben vielen steuerspezifischen Themen ist nun für die Öffentlichkeit die Kernfrage: Kommt endlich heraus, warum im Jahr 2002 ein Darlehen des früheren Adidas-Chefs Robert Louis-Dreyfus in Höhe von zehn Millionen Franken an den skandalumrankten Fußballfunktionär Mohammed bin Hammam aus Katar floss? Und warum der Deutsche Fußball-Bund (DFB) diesen Kredit drei Jahre später zurückzahlte, indem er Louis-Dreyfus über den Fußball-Weltverband Fifa 6,7 Millionen Euro zukommen ließ?

Bei allen Unwägbarkeiten, die gerichtlichen Prozesse mit sich bringen: Es kann sehr gut sein, dass die Frage nicht geklärt wird. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft hat zwar in ihren Ermittlungen viel Material gesammelt und sie kann auch gut nachzeichnen, dass die vorgetragene Erklärung, das Geld sei eine Art Vorschuss für einen höheren Organisationszuschuss gewesen, Unfug ist. Aber eine definitive Antwort fand sie bei der Suche nach dem konkreten Verwendungszweck nicht.

Aus steuertechnischer Sicht ist ihr das auch egal. Sie sieht es aufgrund ihrer bisherigen Erkenntnisse als erwiesen an, dass es sich bei den Millionen um ein privates Darlehen von Louis-Dreyfus für den damaligen OK-Chef Franz Beckenbauer handelte. Vieles deutet darauf hin, dass die Transaktion im Kontext eines Geschäftes mit TV-Rechten zu sehen ist. Aber in jedem Fall würde eine Klassifizierung als Privatdarlehen bedeuten, dass die 6,7 Millionen Euro nicht als absetzbare Betriebsausgabe anzusehen sind - und die Steuererklärung damit nicht korrekt war.

Aber auch falls ein Frankfurter Prozess diese Frage nach dem Grund des Darlehens nicht klären sollte, ist die Fallhöhe natürlich immens. Den Ex-DFB-Funktionären drohen Haftstrafen. Dem DFB wiederum droht der Verlust der Gemeinnützigkeit für das Jahr der falschen Steuererklärung und in der Folge der Verlust von zirka 25 Millionen Euro. Das wäre Geld, das er sich von denjenigen zurückholen müsste, die für die Millionen-Schiebereien verantwortlich waren. Also von seinen eigenen früheren Führungsleuten, wohl auch von Beckenbauer. Da wären spektakuläre weitere Prozesse abzusehen.

Und was etwaige offene Fragen beim Grund für das Darlehen anbelangt, so wird die Causa Sommermärchen unabhängig vom Frankfurter Verfahren noch nicht beendet sein. Denn all die Transfers von und zwischen Protagonisten wie Louis-Dreyfus, Bin Hammam oder Beckenbauer, wie dem DFB oder Fifa, die interessieren auch die Schweizer Bundesanwaltschaft, zuständig am Stammsitz des Fußball-Weltverbandes. Und die ist mit ihren Ermittlungen noch lange nicht fertig.

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