Kommentar:Von Dollars umrahmt

Der Entzug von Floyd Mayweathers Weltmeister-Titel ist ein weiteres Beispiel dafür, wie sich die Prioritäten im Preisboxen verschoben haben: Verbände und Titel zählen immer weniger, schrille Vermarktung bedeutet dagegen alles.

Von Benedikt Warmbrunn

Früher hat sich Floyd Mayweather "Pretty Boy" rufen lassen, aber irgendwann entschied er sich für einen ehrlicheren Kampfnamen. Seitdem heißt er "Money". Money Mayweather ist ein Preisboxer ganz im Sinne des Wortes, der Amerikaner boxt allein für die Preise. Dann protzt er mit diesen. Und der größte Preis für ihn ist: die Kampfbörse. Zuletzt hatte Mayweather Anfang Mai für das voreilig als "Kampf des Jahrhunderts" angekündigte Duell gegen den Philippiner Manny Pacquiao 220 Millionen Dollar erhalten, mehr als je ein Sportler an einem Abend zuvor. Seitdem hat sich Mayweather unter anderem neue sehr teure Autos gekauft, er ist mit einem Raketenrucksack übers Wasser geflogen und hat sich mit irrsinnig vielen Geldscheinen auf dem Bett fotografieren lassen. Der WM-Gürtel der World Boxing Organization (WBO), den er gewonnen hat? War auf keinem Foto. Weil er Mayweather nichts wert ist.

Dass ihm nun der Titel aberkannt wurde, weil er eine Gebühr von nur 200 000 Dollar nicht gezahlt hat, ist auf der einen Seite ein weiteres Beispiel dafür, wie rüpelhaft sich Mayweather durch seine von Dollarzeichen umrahmte Welt bewegt. Andererseits wird dadurch deutlich, wie die Weltverbände im Boxen an Macht und Bedeutung verlieren.

Es gibt inzwischen fast so viele Verbände wie Mayweather Sportautos hat, und weil dadurch eine unübersichtliche Flut von Titeln entstanden ist, lässt sich der sportliche Wert eines Kampfes nicht mehr daran ablesen, dass es in ihm um irgendeinen der zahlreichen Alphabet-Titel geht. Entsprechend schwerer, und darum geht es im Boxgeschäft, lässt sich der Kampf vermarkten. Gerade in den USA sind die größten Duelle nur noch nebenbei Titelkämpfe. Lukrativ werden sie, weil sie eine eigene Geschichte haben. Die des Außenseiters. Die von den zwei besten Athleten. Oder eben die von einem Großmaul, das noch höherfrequent plappert als es schlägt. Floyd Mayweather beherrscht diese Inszenierung perfekt, er gefällt sich in der Rolle des bösen, bösen Buben. Dabei geht er besonders raffiniert und gierig in einem System vor, das die Boxer immer mehr zu ihrem eigenen Vorteil nutzen. Mayweather hat sich so radikal wie kein anderer Boxer dem modernen Geschäftsmodell der Branche verschrieben, dass nur eine persönliche Marke die Einnahmen steigert, nicht länger die Titel.

Ein Weltmeisterschafts-Gürtel ist in diesem Geschäftsmodell nur noch der erste, etwas lästige Schritt zu den großen Geldtöpfen.

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