TSV 1860 München:Wahlkampf mit Trainer Bierofka

FC Bayern Muenchen II v TSV 1860 Muenchen - Regionalliga Bayern

Bleibt er Trainer des TSV 1860 München? Daniel Bierofka

(Foto: Sebastian Widmann/Bongarts/Getty Images)
  • 1860-Investor Hasan Ismaik verspricht ein größeres Budget und neue Verträge.
  • Doch zu welchen Bedingungen? Das will das Präsidium nun klären und prüfen, ob diese auch in Einklang mit den Verbandsregularien stehen.

Von Philipp Schneider

In dem stets aufs Neue lesenswerten Märchen der Gebrüder Grimm über Schneewittchen und die sieben Zwerge beißt ebenjene bekanntlich irgendwann in einen Apfel, der zwar lecker aussieht, allerdings über eine verräterisch rot leuchtende Seite verfügt, die von einer bösen Königin vergiftet wurde. Schneewittchen lässt sich also von der Aussicht auf ein saftiges Stückchen Obst betören, langt kräftig zu und fällt unmittelbar hin wie tot.

Viele, wenn nicht alle Weisheiten, die einer braucht, um einigermaßen durchs Leben zu kommen, sind angelegt in dieser Grimmschen Erzählung. Und für das Präsidium des TSV 1860 München liefert sie nun offenbar eine Handreichung, um mit einer Pressemitteilung zurecht zu kommen, die am Dienstag Saki Stimoniaris verschickte.

Stimoniaris, der hauptamtlich beim LKW- und Bus-Konzern MAN als Betriebsratsvorsitzender tätig ist und sich seit ein paar Wochen in seiner Freizeit als Sprecher des Löweninvestors Hasan Ismaik verdient macht, verkündete eine verlockend klingende Nachricht: "Finanzierung des TSV 1860 steht. Mehrheitsgesellschafter Ismaik macht Zusagen für Geschäftsbetrieb und eröffnet sportliche Perspektive." Nach einem "gemeinsamen Termin" mit Trainer Daniel Bierofka und Sportchef Günther Gorenzel habe sich Ismaik entschlossen, "ein zusätzliches Budget zur Verfügung zu stellen, damit einerseits die Verträge des Trainerteams verlängert werden können, andererseits aber auch die Mannschaft die notwendigen zusätzlichen Verstärkungen bekommt". Außerdem, so Ismaiks Ankündigung, werde die U21 am Leben gehalten, von der es ja hieß, sie könne den Sparzwängen zum Opfer fallen, die das vom Präsidium um Robert Reisinger propagierte Leben in Unabhängigkeit weiterer Darlehen von Ismaik so mit sich bringen könnte.

Nun liegt also dieser lecker aussehende Apfel auf dem Tisch vor dem Löwenstüberl, und die Fragen lauten: Beißt Reisinger rein? Falls ja: Fällt er um? Und: Ist Ismaik überhaupt die böse Königin?

Das Präsidium reagierte prompt am Dienstag und ließ sinngemäß mitteilen, es werde den Apfel zunächst einer Giftprobe unterziehen. Frisches Geld für den sportlichen Erfolg sei selbstredend zu begrüßen, schrieben Reisinger und seine Stellvertreter Heinz Schmidt und Hans Sitzberger. Allerdings seien zunächst "die Rahmenbedingungen" zu klären, unter denen das Geld fließt: "Stehen diese im Einklang mit Verbandsregularien sowie kaufmännischer Vernunft und greifen auch nicht in die Vereinsautonomie ein, darf von einer Zustimmung des Präsidiums ausgegangen werden." Übersetzt bedeutet dies: Strömt das Geld in Form eines Sponsorings (vergrößert es also nicht den ohnehin schon immensen Schuldenberg von 1860) und ist es nicht an Bedingungen geknüpft, mit denen Ismaik Einfluss nehmen möchte auf die Autonomie eines Klubs im 50+1-Land Deutschland, dann beißen Reisinger, Schmidt und Sitzberger schon gerne rein.

Arbeitet die neue Vereinsführung uneingeschränkt mit Ismaik zusammen?

Nun begab es sich allerdings, dass die Prüfung am Dienstag noch ausstand. Das lag vor allem daran, dass Ismaik und Stimoniaris das Präsidium ebenso wenig geladen hatten wie den Geschäftsführer Michael Scharold, als sie am Wochenende in einem Münchner Edelhotel mit Gorenzel und Bierofka zusammensaßen. Wohlgemerkt um einen Plan auszuhecken, über den Stimoniaris nun sagt, er wolle für diesen zunächst "bei Geschäftsleitung und Vereinsvertretern" werben. Er hatte weder den Mitgesellschafter noch den mit Hilfe von 50+1 vom Mitgesellschafter eingestellten Geschäftsführer geladen, schrieb aber: "Es geht nur gemeinsam voran bei Sechzig."

Hat also Stimoniaris' Gerede über Gemeinsamkeit in Wahrheit eine Abspaltung des Präsidiums zum Ziel? Wird hier Politik betrieben, indem der im Vereinsumfeld sehr populäre Trainer Bierofka instrumentalisiert wird?

Im Juli wird ein neuer Verwaltungsrat gewählt. Dann könnte eine Vereinsführung eingesetzt werden, die uneingeschränkt mit Ismaik zusammenarbeitet und unreflektiert in alles reinbeißt, was auf den Tisch kommt. So weit ist es aber noch nicht. Und anders, als es die Überschrift von Stimoniaris' Pressemitteilung vorgaukelt, steht die Finanzierung bei 1860 erst, wenn ihr die Vereinsvertreter zugestimmt haben. Nach einer wahrhaftig gemeinsamen Entscheidung.

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