Kommentar:Sinnvolle Drohung

Die vieldiskutierte Dreifachstrafe nach einem Foul im Strafraum sollte erhalten bleiben. Doch sie muss präzisiert werden.

Von Ulrich Hartmann

Eine Ordnungswidrigkeit im eigenen Strafraum kann für Fußballer teuer werden. Gemeint ist keine Geldbuße, sondern die Dreifach-Bestrafung: Wer einen gegnerischen Spieler durch Foul oder Handspiel konkret am absehbaren Torerfolg hindert, wird mit Elfmeter, Platzverweis und einer Sperre bestraft. Ein Foul, drei Konsequenzen. Das kann unter nicht gar so klaren Umständen den Gerechtigkeitssinn vieler empfindlich stören. Wie am Mittwoch in Bochum, wo Zweitligaspieler Jan Simunek den Münchner Arjen Robben am Fuß kontaktierte. Es folgten wilde Debatten, in denen das Strafmaß als "falsch" bis "lächerlich" bezeichnet wurde. Sogar von Bayern-Trainer Pep Guardiola.

Dabei ist die Regel Nr. 12 ("Feldverweis für das Vereiteln einer offensichtlichen Torchance für einen auf das Tor zulaufenden Gegenspieler") auch im Strafraum grundsätzlich weder falsch noch lächerlich. Kurz vor dem Tor oder kurz vor Spielende wird es im Sport nun mal entscheidend. Deshalb ist es sinnvoll, Angreifer in dieser Zone und in diesem Stadium eines Spiels zu schützen und Verteidigern drastische Strafen anzudrohen. In der Handball-Bundesliga gibt es seit dieser Saison sogar eigens eine solche Regel: Wenn ein Abwehrspieler in den letzten 30 Sekunden eine Regelwidrigkeit begeht oder einen Anwurf oder Freiwurf blockiert, dann erhält er die rote Karte (Matchstrafe) und das angreifende Team einen Siebenmeter. Beim Handball wurde also soeben jene Mehrfachbestrafung eingeführt, die beim Fußball viele abgeschafft sehen wollen. Doch die pauschale Streichung wäre falsch.

Ein Torwart oder Spieler, der einen einschussbereiten Gegenspieler foult und so am Torerfolg hindert, gehört vom Platz gestellt und für seine womöglich spielentscheidende Attacke auch gesperrt. Ein klares Tor per Foul oder Handspiel zu verhindern, wird schließlich zunächst ja sogar damit belohnt, dass die geschädigte Mannschaft den Elfmeter erst mal ins Tor bringen muss - was nicht immer gelingt. Eine Streichung des damit einhergehenden Platzverweises könnte Verteidiger und Torhüter zusätzlich ermuntern, brutal zu foulen, weil Tat und Strafmaß in keinem vernünftigen Verhältnis mehr stünden.

Die Dreifachstrafe muss als Drohgebärde erhalten bleiben. Doch es bedarf unbedingt eines Ermessensspielraums für die Schiedsrichter. Sie sollen entscheiden dürfen, wie "offensichtlich" eine vereitelte Torchance war und für wie vorsätzlich und unfair sie "die Vereitelung" halten. Allein die Schiedsrichter sollten darüber urteilen, ob die Schwere eines Fouls einfach (Elfmeter) oder mehrfach (Elfmeter, Rot, Sperre) bestraft gehört. Sie müssen davon befreit werden, zwangsweise Rot zeigen zu müssen.

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