Bundesliga:Der 1. FC Köln hat noch eine Menge zu verlieren

1. FC Köln - SC Freiburg

Kölns Torwart Timo Horn.

(Foto: dpa)

Deshalb ist nicht egal, wie der sieglose Tabellenletzte die Bundesliga-Saison zu Ende spielt. Es geht ums Geld - und um die Gnade des Publikums.

Kommentar von Philipp Selldorf

Überall wird jetzt kundgetan, der 1. FC Köln sei mit drei Punkten sogar noch elender dran als Tasmania Berlin, der Inbegriff des Misserfolgs in der Bundesliga-Geschichte. Im Moment mag das stimmen, weil Tasmania 1965/66 nach 15 Spielen zwar noch öfter verloren hatte als die Kölner, aber zwischendurch auch mal ein Spiel gewinnen konnte, was in Kombination mit einem Unentschieden umgerechnet vier Punkte ergibt. Am 34. Spieltag haben sich die Berliner dann mit zehn Punkten und minus 93 Toren verabschiedet. Womöglich für immer und ewig.

Dem 1. FC Köln wäre es im Prinzip sehr recht, wenn der 34. Spieltag schon am nächsten Wochenende bevorstünde, ihm bliebe dann eine sechs Monate währende Zeit des sportlichen Siechtums erspart. Es ist nicht taktlos und nicht mal morbide, den Verein nach der von allen Beteiligten als final empfundenen 3:4-Niederlage gegen Freiburg mit einem unrettbar Sterbenskranken zu vergleichen.

Der 1. FC Köln kann noch etwas gewinnen

Der Vergleich drängt sich ja auf: Im Sommer nach dem Einzug in den Europacup in trügerischen Hochgefühlen, im frühen Winter bereits ein unheilbarer Fall, ein solches Lebensschicksal hat in der Bundesliga-Historie noch kein Klub erlitten. Aber was wird im Mai in den Trauer-Annoncen stehen? Am besten doch dieses: "Verschieden nach langem, würdevoll ertragenem Leiden mit einem Lächeln auf den Lippen."

In der einmalig vertrackten Situation, in der sich der Verein befindet, findet sich kein Trost, aber immerhin eine kleine Chance und ein Moment der Befreiung: Man kennt den Befund und weiß bereits um das schlimme Ende.

Der 1. FC Köln hat schon verloren, doch er kann noch etwas zurückgewinnen: Anstand und Selbstachtung zum Beispiel. Was bedeutet, dass er selbst als designierter Zweitligist immer noch eine Menge zu verlieren hat. Selbstverständlich ist es jetzt nicht egal, wie man die Saison weiterführt. Außer ums öffentliche Ansehen und die Gnade des Publikums geht es für den Klub darum, eine attraktive Adresse für Spieler, Trainer und Geldgeber zu bleiben. Und natürlich geht es auch ums Geld und darum, die besten Spieler in Form zu halten, damit sie beim Verkauf den besten Preis bringen.

Wie der Verein und seine Mannschaft die sportliche Tragödie verkraften und wie sie mit ihr während der Rückrunde umgehen werden, darüber lässt sich jetzt keinerlei seriöse Prognose wagen. Aber eines ist ziemlich gewiss: Der Rheinländer besitzt die Gunst und die Gabe, auf seiner eigenen Trauerfeier zu singen und zu schunkeln. Man wird es zu honorieren wissen in Köln, wenn der FC es schafft, am Ende mehr Punkte zu machen als Tasmania Berlin.

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