Kommentar:Minimierte Auswahl

Elf statt zwölf gesunde Spieler: Wegen Verletzungen muss Basketball-Bundestrainer Fleming vor der EM womöglich noch Spieler aus dem Urlaub holen. Das deutsche Abschneiden ist eine Woche vor Beginn des Championats unvorhersehbar.

Von Ulrich Hartmann

Elf Freunde sollen es sein - beim Fußball. Beim Basketball reichen theoretisch fünf Freude für ein Spiel, aber natürlich nicht für eine kraftraubende Europameisterschaft. Zwölf starke Spieler braucht der Bundestrainer Chris Fleming für das bevorstehende Turnier, aber für die Generalprobe an diesem Wochenende mit zwei Partien gegen den Favoriten und Titelverteidiger Frankreich stehen ihm nur elf Spieler zur Verfügung. Ehe er am nächsten Freitag seinen zwölfköpfigen EM-Kader benennt, wird er also nicht filtern, streichen, aussortieren können, wie er gehofft hatte - sondern seinen Kader eher auffüllen und womöglich noch jemanden aus dem Urlaub holen müssen.

Die Personalsituation passt nicht mehr zu den gewaltigen Erwartungen vor dieser EM: Die fünf deutschen Gruppenspiele in Berlin sind seit langem ausverkauft, die drei NBA-Profis Dirk Nowitzki, Dennis Schröder und Tibor Pleiß weckten als Stützpfeiler der Mannschaft Medaillenträume, und selbst ein Experte wie der FC-Bayern-Trainer Svetislav Pesic erinnerte vollmundig an 1993 mit dem Hinweis, die heutige deutsche Mannschaft sei ähnlich stark wie jene, die vor 22 Jahren unter seiner Anleitung Europameister geworden ist. Damit wächst der Druck von außen.

Die innere Anspannung erhöht sich derweil mit den personellen Unwägbarkeiten. Acht Spieler sind aus gesundheitlichen Gründen gar nicht dabei. Dazu fallen zumindest für das erste Wochenende der EM auch noch der Berliner Akeem Vargas und Maodo Lo aus, der für die Columbia University in den USA spielt. Vargas ist am Auge verletzt, Lo leidet unter einer Beckenprellung. Beide werden gegen Frankreich noch geschont, damit sie bei der EM dabei sein können. Wenn alles gut geht, wird Bundestrainer Fleming in der Vorrunde in Berlin also mit dem Spielmacher Schröder (Atlanta Hawks), dem Defensivspezialisten Anton Gavel, dem Flügelspieler Paul Zipser (beide Bayern München), dem 2,13 Meter großen Power Forward Nowitzki (Dallas Mavericks) und dem 2,18 Meter langen Center Tibor Pleiß (Utah Jazz) eine starke erste Fünf aufbieten können.

Für einen möglichen EM-Erfolg sind im Basketball aber nicht nur die besten fünf Spieler relevant - sondern auch diejenigen, die dahinter kommen, die sie entlasten können - mithin alle zwölf. Das letzte Testspiel am Sonntag vor 18 000 Zuschauern in Köln wird nun die öffentliche Erwartung an die Mannschaft prägen. Bis dato konnte das Team aber noch keine Konstanz entwickeln, sondern hat - wie beim Supercup-Erfolg in Hamburg am vorigen Wochenende -bloß erfolgreich improvisiert.

Eine Woche vor dem Start in die Europameisterschaft weiß die deutsche Mannschaft selbst noch nicht, wo sie steht. Erst nach diesem Wochenende werden die Basketballer eine Vorstellung davon haben, was bei der EM in der Heimat tatsächlich von ihnen zu erwarten ist - und ob eine Medaille wirklich ein heimlicher Traum sein darf.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: