Kommentar:Meister der Unterhaltung

Severin Freund und Peter Prevc wurden von Lehrlingen zu Gesellen und dann zu Könnern, die dem Publikum eine hervorragende Show boten.

Von Volker Kreisl

Wenn sich ein Athlet von Wettkampf zu Wettkampf steigert, die Distanz zu seinen Gegnern immer größer wird und er als unschlagbar erklärt wird, dann ist die Zeit der Superlative. Auch der Skispringer Peter Prevc wurde im Verlauf dieser Vierschanzentournee zum Dominator, Herrscher, Überflieger, Giganten, Außerirdischen. Doch am Ende, als er die vergoldete Adler-Skulptur in den Händen hielt und alle Fragen beantwortet hatte, da hat sich der Außerirdische entschuldigt.

Vermutlich hat sich noch nie ein Sportler so unwohl gefühlt in der Rolle als Alleinherrscher wie der stille Slowene. Er weiß ja, dass niemand wirklich unschlagbar ist, also hat er sich lieber auf sich selbst konzentriert und zum Abschluss erklärt, es tue ihm leid, dass man so wenig von ihm erfahre, weil er so wenig spreche, man möge ihm das nachsehen, er sei nun mal so.

Diese 64. Tournee stellt einen Kontrast zu vielen vergangenen Wettbewerben dar. Ihre Besten unterscheiden sich wieder von manchen Siegern der vergangenen Jahre, deren Erfolg großteils auf dem Flow beruht, auf einem Schwung, den jugendliche Unbekümmertheit und der Ansporn der Fans bewirken. Thomas Diethart, Andreas Kofler, Wolfgang Loitzl oder auch Sven Hannawald und Martin Schmitt waren alle plötzlich hochklassig, konnten dieses Anfangsniveau aber nicht allzu lange halten.

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Bei Prevc und dem Tournee-Zweiten Severin Freund ist das offenbar andersherum. Sie kommen nicht von oben, sondern offenbar von unten. Prevc' Stärken haben sich Stück für Stück entwickelt, vor allem nach frühen Rückschlägen wie der Verletzung bei der Skiflug-WM 2012. Immer wieder hat ihm jemand einen Titel weggeschnappt, woraufhin er sich noch mehr auf sich und sein Flugsystem fokussierte. Vor sechs Jahren, bei Olympia in Vancouver, hatte er als Siebter mit 17 Jahren erstmals auf sich aufmerksam gemacht, jetzt ist er womöglich reif für eine Titelserie. Freunds Aufstieg verlief ähnlich, auch er baute technische und geistige Fähigkeiten langsam auf, er brauchte sogar noch ein paar Jahre länger, und seit gut zwölf Monaten liefern sich die beiden nun ihr Titelduell.

Sie wurden von Lehrlingen zu Gesellen und dann nicht zu Außerirdischen, aber zu Meistern, und in den vergangenen Tagen haben sie ihr Publikum hervorragend unterhalten. Immer wieder hatte ihn Freund herausgefordert, und mit 1139,4 Punkten wurde es schließlich ein neuer Tourneerekord für den stillen, in sich gekehrten Prevc. Und genau deshalb, weil er so ist, ist er so gut.

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