Kommentar:Marken und Namen

Mölter, Joachim

Mo Farah heißt demnächst wieder Mohamed. Damit will der Läufer sein beschmutztes Image wandeln. Doch so einfach ist das nicht - das zeigt die Sportgeschichte.

Von Joachim Mölter

Ziemlich weit vorne im Abc des Marketings steht unter Ä wie Änderung eines Markennamens die Warnung: Bloß nicht!!! Das geht meistens schief! Außer vielleicht, man gibt viel Geld für eine Kampagne aus, so wie der Süßigkeitenhersteller, der die Umbenennung eines Schokoriegels mit dem einprägsamen Satz bewarb: "Aus Raider wird Twix - sonst ändert sich nix." Ein Konsumgüterproduzent hat einst eine derart begleitende Maßnahme für unnötig erachtet, mit dem Ergebnis, dass jetzt keiner weiß, wie das Geschirrspülmittel heißt, das früher mal als Spüli bekannt gewesen ist.

Das nur als Hinweis an Mo Farah.

Der 34-Jährige ist einer der prominentesten Sportler Großbritanniens, der erfolgreichste Leichtathlet des Königreichs, einer der bekanntesten Läufer der Welt: viermal Olympiasieger, fünfmal Europameister, sechsmal Weltmeister. Der Mann ist das, was man gemeinhin eine Marke nennt. Mofarah.com heißt seine Website, auf Twitter findet man ihn als Sir Mo Farah, auf Instagram unter gomofarah. Er hat sogar ein Markenzeichen, den Mobot: Arme seitlich nach oben, Ellbogen und Hände abklappen, Fingerspitzen auf den Kopf - als Silhouette sieht das aus wie ein M. Ein M für Mo.

Aus Bahn wird Straße, aus Mo wird Mohamed

Dieser Mo hat nach der WM in seiner Heimatstadt London angekündigt, künftig unter einem neuen Markennamen anzutreten. Zweimal wird man ihn noch als Mo Farah auf der Bahn verfolgen können, am Sonntag beim Meeting in Birmingham und am Donnerstag in Zürich. Dann wird er sich den lukrativen Rennen durch die Städte widmen und quasi neu starten. "Mein Straßenname ist dann Mohamed", erklärte Farah: "Ich habe das Gefühl, Mo ist erledigt. Ich muss vergessen, was ich bis jetzt erreicht habe."

Aus Bahn wird Straße, aus Mo wird Mohamed, sonst ändert sich nix?

Was ist mit Mohamedfarah.com, mit dem Sir-Mohamed-Farah-Twitterkanal, mit gomohamedfarah, dem Mohamedbot? Alles sehr sperrig und viel weniger einprägsam. Ungefähr so wie beim amerikanischen Musiker Prince, der wegen eines Streits mit seiner Plattenfirma eine Weile wahlweise als unaussprechliches Symbol firmierte oder als "der Künstler, der früher mal als Prince bekannt gewesen ist" - The artist formerly known as Prince. Kurz: Tafkap. Irgendwann ist der unaussprechliche Herr Tafkap zu seinem ursprünglichen Namen zurückgekehrt; der war ja doch leichter zu merken.

In Großbritannien vermuten sie, dass Mohamed Muktar Jama Farah, wie Mos vollständiger Name lautet, mit dem Spitznamen vor allem die Last seiner Vergangenheit ablegen und hinter sich lassen will. Farahs Image hat ja gelitten durch die jahrelange Zusammenarbeit mit dem amerikanischen Trainer Alberto Salazar, gegen den in seiner Heimat mittlerweile wegen Dopingvergehen ermittelt wird.

Es ist nur so, dass im Abc des Marketings auch nachzulesen ist, dass ein schlechtes Image, ein schlechter Ruf, ein schlechtes Produkt durch eine Namensänderung allein nicht korrigiert wird. Die Hauptschule hierzulande ist ja auch nicht besser geworden dadurch, dass man sie Mittelschule genannt hat.

Und noch ein Hinweis an Mo Farah: In den USA gibt es einen Basketballprofi, der heute unter dem sogar behördlich registrierten Namen Metta World Peace bekannt ist, eine Kombination aus dem buddhistischen Begriff für Freundschaft und Liebe sowie dem englischen Ausdruck für Weltfrieden. Dieser Herr Weltfrieden, formerly known as Ron Artest, hat freilich nie vergessen machen können, dass er vor seiner Namensänderung die größte Massenschlägerei in der Geschichte der Profiliga NBA angezettelt und dafür die längste Strafe kassiert hat - 73 Spiele. Manche Marken bleiben eben kleben, und mancher Schmutz bleibt haften. Das kriegt man selbst mit Spüli nicht weg.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: