Kommentar:Kaum Gründe

1860 macht Fröhling nur einen inhaltlichen Vorwurf: mangelndes Glück. Die Probleme des Klubs löst Möhlmanns Ankunft nicht.

Von Markus Schäflein

Zum Abschied haben sie dem Fußballtrainer Torsten Fröhling bei 1860 München eigentlich nur einen inhaltlichen Vorwurf gemacht: dass er kein Glück hatte. Nachfolger Benno Möhlmann erklärte aus diesem Anlass, ob ein Ball vom Innenpfosten aus dem Tor springe oder hinein, sei "Glück, Zufall, Pech", wie auch immer man das nennen wolle. Eine Möglichkeit, den Innenpfosten zu beeinflussen, hat er auch in 501 Zweitligaspielen nicht entdeckt.

Ein Trainerwechsel ist manchmal sinnvoll. Etwa, wenn sich zeigt, dass es menschlich zwischen dem Übungsleiter und den Spielern nicht passt. Oder wenn sich fachliche Fehler nachweisen lassen. Oder schlichtweg, wenn die Stimmung im Umfeld derart kippt, dass ein zielgerichtetes Arbeiten für alle Beteiligten nicht mehr möglich ist. Von all diesen Gründen traf auf das Arbeitsverhältnis von Torsten Fröhling bei Sechzig München kein einziger zu. Das Publikum schrie nicht "Fröhling raus", es pfiff noch nicht einmal; die Spieler wünschten sich nichts mehr, als dass sie ihren Trainer behalten durften.

Es könnte sich immerhin als hilfreich erweisen, dass nun der gewaltige Druck von der Mannschaft abfällt, für Fröhlings Job gewinnen zu müssen. Spätestens seit Geschäftsführer Noor Basha in aller Öffentlichkeit Peter Neururer traf, wusste sie ja auch, dass die Zeichen auf Trennung standen. Und Benno Möhlmann kann in Ruhe beginnen, er wird von den Fans kurioserweise nicht zum Heilsbringer hochgejubelt - das ist mal was Neues, wenn ein prominenter Name an der Grünwalder Straße aufkreuzt.

Sie wissen schließlich, dass die gravierenden Probleme des Vereins mit Möhlmanns Ankunft nicht gelöst sind. Ein neuer Sportchef wird gesucht, der Fußballkompetenz in die KGaA bringt. Und ein neuer Präsident, der wie auch immer eine Lösung mit dem jordanischen Investor Hasan Ismaik finden muss. Ismaik muss dem Klub bald mal wieder die Lizenz retten, und auch seit sein Cousin Basha in der Geschäftsführung mitmischt, ist ein übers bloße Überleben hinausgehender Plan nicht zu erkennen. Das Gerede vom geduldigen Aufbau mit Fröhling und seinen Talenten aus der U21 hat sich jedenfalls schon erledigt.

Benno Möhlmann hat es in all dem Wirrwarr vergleichsweise gut, er hat einen Einjahresvertrag und ein klares kurzfristiges Ziel: Er soll die Mannschaft aus den Abstiegsrängen ins gesicherte Mittelfeld führen. Das sollte er mit all seiner Erfahrung schaffen - wenn er Glück hat, und wenn kein Pech dazukommt.

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